Frage an Gisela Kallenbach von Stefan N. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Kallenbach,
zu Beginn des Jahres 2008 trat in Deutschland der Glückspielstaatsvertrag in Kraft, der es privaten Anbietern verbietet via Internet Wetten und Glücksspiele anzubieten. Die europäische Kommision zeigte sich über den Gesetzentwurf besorgt, da sie die Vereinbarkeit mit EU-Recht bezweifelt. Deswegen wurde Ende Januar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Seit dem habe ich leider nichts mehr zu diesem Thema gehört. Hat sich die Meinung der Kommission dazu geändert oder wieso bekommt man davon nichts mehr mit.
Mich würde erstens interessieren, wie weit dieses Verfahren fortgeschritten ist und zweitens ob man sich mit diesen Themen auch im Parlament auseinandersetzt, da das Problem ja mit nichten nur Deutschland betrifft. Auch Ihre persönliche Meinung würde mich interessieren.
Meiner Meinung nach handelt es sich hier um eine Überregulierung. Die Sache müsste europaweit geregelt werden mit einheitlichen Mindeststandards z.B. für die Anbieter von Online Poker und ähnlichen. Dann sollte im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit auch allen Bürgern der EU erlaubt sein, diese zu nutzen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es hier seiten der deutschen Regierung ein erhebliches finanzielles Interesse gibt, dass mehr wiegt als die Angst vor der Spielsucht. Die Monopolisierung führt hingegen nur zur einer Illegalisierung der Spieler und die erzielten Gewinne werden dann im Ausland (z.B. Malta oder Gibraltar) versteuert. Somit verliert der deutsche Staat erhebliche Einnahmen und die Spieler werden kriminalisiert. Ich verstehe auch nicht, warum man Unterschiede zwischen den Formen der Sucht macht. Alkohol und Tabak sind legal auch wenn ich damit meinen Mitbürgern mehr Schaden zu füge.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Noack
Sehr geehrte Herr Noack,
leider hat es etwas länger gedauert, bis ich Ihnen antworten konnte. Dies lag unter anderem daran, dass ein Kollege bereits im Dezember 2008 in dieser Sache eine Anfrage an die Kommission gerichtet hatte, deren Beantwortung ich abwarten wollte.
Nach unserem Kenntnisstand gibt es einen Entwurf einer begründeten Stellungnahme der Kommission, die uns aber nicht vorliegt. Die hierüber für den 18.10.2008 vorgesehene Abstimmung in der Kommission wurde jedoch kurzfristig abgesagt. Die Kommission behält sich vor in nächster Zeit geeignete Maßnahmen zu ergreifen, ist aber grundsätzlich daran interessiert zu einer außergerichtliche Einigung mit den Mitgliedsstaaten zu gelangen. Es handelt sich beim Thema Glücksspiel auch nicht allein um ein deutsches Phänomen. Die Kommission überprüft gegenwärtig Verstöße im Bereich des Glücksspiels in mehr als zehn Staaten.
Ein Vertragsverletzungsverfahren der europäischen Kommission nimmt gewöhnlich einige Zeit in Anspruch. Bevor der Europäische Gerichtsichtshof befasst wird, hat ein betroffener Mitgliedstaat erst einmal die Möglichkeit selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Zunächst sendet die Kommission ein Aufforderungsschreiben an den Mitgliedstaat, wie im Januar 2008 geschehen, mit der Bitte um Stellungnahme. In der zweiten Stufe des Verfahrens begründet die Kommission, warum ihrer Meinung nach eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts vorliegt. Der Mitgliedsstaat hat die Möglichkeit sich zu äußern und den Forderungen nachzukommen. Als letzter Schritt kann dann schließlich der Europäische Gerichtshof angerufen werden.
Lassen Sie mich zum Schluß ausdrücklich betonen, dass ich mit Ihnen übereinstimme, dass eine europaweit einheitliche Regelung in Sachen Glücksspiel sicher die beste Lösung wäre.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen etwas weiterhelfen
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Kallenbach