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Frage von Uwe S. •

Frage an Gert Winkelmeier von Uwe S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Winkelmeier,

da Sie im Verteidigungsausschuss sitzen, möchte ich Ihnen folgende Frage stellen: Ihre Partei begründet die Ablehnung des Lissabonner Vertrages unter anderem damit, dass dieser zu einer Militarisierung der EU beiträgt. Wäre es Ihnen möglich, dies etwas detaillierter zu erläutern?

Mit neugierigen Grüßen

Uwe Stümke

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Stümke,

Sie haben Recht: In der Regel dürfen die Mitglieder in den Ausschüssen während ihrer Arbeit sitzen. Der Verteidigungsausschuss tagt jeweils am Mittwoch einer Sitzungswoche des Deutschen Bundestages von neun Uhr bis in den Nachmittag hinein, um seiner Kontrollaufgabe über die Bundeswehr nachzukommen.

Vor wenigen Tagen, am 13. Juni, haben sich die irischen Wählerinnen und Wähler mit einer deutlichen Mehrheit gegen den "Vertrag von Lissabon" ausgesprochen, der den am Nein Frankreichs und der Niederlande im Jahr 2005 gescheiterten "Vertrag über eine Verfassung* *für Europa" ersetzen soll. Die irische Regierung hat gegenüber den EU-Partnerländern als eines der wesentlichen Motive für die Ablehnung genannt, dass die Iren die Neutralität ihres Landes erhalten wollen. Die Partei DIE LINKE sieht sich insofern bestätigt. Denn die Befürchtungen der irischen Bevölkerung, in militärische Abenteuer hineingezogen zu werden, sind ja nicht aus der Luft gegriffen. Mit dem Vertrag von Lissabon werden die EU-Staaten zur "schrittweisen Verbesserung ihrer militärischen Fähigkeiten" verpflichtet. Hierbei ist die Schlüsselrolle der "Europäischen Verteidigungsagentur" zugedacht, die über keinerlei demokratische Legitimation verfügt und bereits heute existiert. Ausgesprochen verdächtig ist auch die Formulierung, dass die EU militärische Missionen "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen" durchführt, anstatt klipp und klar zu formulieren: in Übereinstimmung mit der Charta der Vereinten Nationen. Somit wird vorsätzlich ein Interpretationsspielraum geschaffen, der gegebenenfalls die lästige Fessel der Charta der UNO mit ihrem Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen abstreift. Hinzu kommt, dass das Europäische Parlament nicht befugt ist, über solche Einsätze zu entscheiden. Dies ist -- anders als bei der Parlamentsarmee Bundeswehr -- den Regierungen vorbehalten und damit weitgehend auch der öffentlichen Debatte entzogen. Weiterhin wird mit dem Vertrag die Möglichkeit einer "ständigen strukturierten Zusammenarbeit" der militärisch potenten Mitglieder geschaffen, die eine Sogwirkung auf die kleineren Staaten entwickelt und zu einer zusätzlichen Umverteilung knapper Haushaltsmittel zulasten der sozial Benachteiligten führt.

DIE LINKE. ist sich mit der Friedensbewegung einig, dass der Ausbau der militärischen Fähigkeiten der Förderung des Friedens nicht dienlich ist. Im Gegenteil: Ein ständig modernisiertes Mittel Streitkräfte senkt die Hemmschwelle, Konflikte mit der Hammermethode zu lösen, die eigenen Interessen gewaltsam durchzusetzen, verhindert die Schaffung adäquater ziviler Instrumente der Streitbeilegung und engt die politischen Handlungsmöglichkeiten ein. Dass auch dies keine böswillige Unterstellung ist, zeigt die erst knapp 18 Jahre alte Geschichte seit dem Ende des Ost-West-Konflikts mit dem völkerrechtswidrigen Luftkrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999 und den Angriffskriegen gegen Afghanistan und den Irak. In allen drei Fällen wurden und werden die zivilen Instrumente entweder nicht konsequent genutzt oder auf sie von vornherein verzichtet.

Die EU ist ausschließlich von befreundeten Staaten umgeben. Wozu soll sie also aufrüsten? DIE LINKE. will ein vereinigtes Europa. Aber sie will es als Friedensmacht, die sozial- und rechtsstaatlich ausgerichtet ist. Mit dem "Vertrag von Lissabon" ist dieses Ziel nicht zu erreichen.

In der Hoffnung, Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben verleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Gert Winkelmeier