Wie stehen Sie zum Beamtentum in Deutschland?
Sehr geehrte Frau Huy,
zum Gesetzentwurf „zur Anpassung der Bundesbesoldung und -versorgung für die Jahre 2023 und 2024 sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ haben Sie sich sehr kritisch gegenüber Beamten geäußert. Beamte sollen über zwei Jahre 200€ + 5,3% mehr Besoldung erhalten sowie zusätzlich einen Inflationsausgleich. Insbesondere Beamte im mittleren Dienst (Justiz, Bundespolizei, Finanzämter) sind unmittelbar von den Preissteigerungen betroffen und werden teilweise auf Grundsicherungsniveau alimentiert. Schon jetzt findet sich aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen (u.a 41h Woche) wenig Nachwuchs, wenn jetzt noch die Besoldungserhöhungen ausbleiben oder noch weniger werden, wer soll das ganze dann noch freiwillig machen? Eigentlich bin ich immer davon ausgegangen, dass die AfD zum Beamtentum steht und die Innere Sicherheit eines der zentralen Themen ist.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Schreiben und Ihre kenntnisreiche Frage! Grundsätzlich: Als AfD stehen wir natürlich zu unseren Beamten, die schließlich den Staat am Laufen halten und die innere Sicherheit gewährleisten. Auch sind die geplanten Tariferhöhungen für Beamte völlig in Ordnung. Probleme sehe ich allerdings bei den Altersbezügen von Beamten in Bund und Ländern, die nach aktuellem Stand aus dem Ruder zu laufen drohen. So sind schon heute die Pensionen der Beamten in Bund und Ländern nicht ausreichend gegenfinanziert. Die Deckungslücke beläuft sich allein im Bund inzwischen auf rund 800 Milliarden Euro (ca. zwei Bundeshaushalte). Übrigens: Die Ruhegehaltsfähigkeit der Zulagen für Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleute tragen wir selbstverständlich mit.
Hinsichtlich der Besoldung von Beamten gilt Folgendes: Nach zwei Grundsatzurteilen des Bundesverfassungsgerichts muss zwischen der staatlichen, steuerfinanzierten Absicherung des Existenzminimums und der Besoldung ein Mindestabstand gewahrt werden. Die Karlsruher Richter hatten im Mai 2020 entschieden, dass der Staat seiner Alimentationspflicht für die Beamten nur ausreichend nachkommt, wenn die Nettobesoldung – inklusive familienbezogener Leistungen und Kindergeld – um mindestens 15 Prozent über der Grundsicherung liegt. Hiermit ist eine Alimentierung oberhalb des Grundsicherungsniveaus also sichergesteilt.
Ebenso muss die Besoldung auch die besonderen Bedarfe von Familien mit Kindern widerspiegeln. Hier liegt eine Ungleichbehandlung von Beamten im Vergleich mit Arbeitnehmern und Angestellten vor, welche Gerechtigkeitsfragen berührt und einer sozialpolitischen Bewertung bedarf. So erhalten Beamte in Bund und Ländern zusätzlich zum Gehalt oft hohe Familienzuschläge. Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Beamtenbesoldung erhalten viele Landesbeamte rückwirkend für die Jahre 2022 und 2023 ein sattes Lohnplus. Dies wird insbesondere anhand des Beispiels der Landesbeamten in Hamburg deutlich. Demnach steigen für Hamburger Beamte die Kinderzuschläge rückwirkend für die ersten beiden Kinder von 125 auf 170 Euro monatlich. Ebenso steigt der Zuschlag für das dritte und alle weiteren Kinder von 386 auf 725 Euro monatlich für 2022 und ab 2023 nochmals auf 800 Euro monatlich. Hinzu kommt ein Verheiratetenzuschlag von knapp 146 Euro brutto pro Monat.
Demnach kommt ein verheirateter Landesbeamter in Hamburg mit vier Kindern 2023 dann auf einen Familienzuschlag von 2086,- Euro im Monat. Das gesetzliche Kindergeld von 1000 Euro (jeweils 250 Euro pro Kind) gibt es noch obendrauf, was einen Familienzuschlag von insgesamt 3086,- Euro pro Monat macht. In Zeiten, in denen eine öffentliche Diskussion darüber entbrannt ist, ob sich arbeiten für den Normalverdiener überhaupt noch lohnt, ist es meines Erachtens notwendig, das Thema der Beamtenbesoldung im Plenum des Deutschen Bundestages sowie grundsätzliche Überlegungen zur Altersversorgung von Beamten und Rentnern anzusprechen.