Frage an Gernot Erler von Jörg O. bezüglich Innere Sicherheit
Lieber Gernot,
bei der Wahlkreisdelegiertenkonferenz in Freiburg, bei der Du wieder als BT-Kandidat nominiert wurdest, hast Du im Bezug auf das BKA-Gesetz sinngemäß gesagt, daß die Fraktion schon aufpasse, daß die Regierung keine schlechten Gesetze mache. Im Falle des BKA-Gesetzes, das Du persönlich als viel zu weit gehend bezeichnet hast, hätten die Länder im Bundesrat die Rolle des Korrektivs übernommen.
Nun wurden Marginalien geändert, aber die neuen Befugnisse des BKAs gehen immer noch weit, weit über das hinaus, was die reale Bedrohung Deutschlands durch Terrorismus rechtfertigen würde (O-Ton Schäuble: "Auch ohne das Gesetz ist Deutschland sicher").
Wie kann die Fraktion so einem solchermaßen die Freiheitsrechte der Bürger einschränkenden Gesetz zustimmen, wenn doch selbst der Betreiber des Ganzen, Herr Schäuble, keinen konkreten Sicherheitsgewinn erkennen kann?
Wie ist Deine persönliche Meinung zu diesem Gesetz, und wieso hast Du an der Abstimmung nicht teilgenommen?
Ich hoffe, daß Du wenigstens einmal eine Frage hier beantwortest...
Viele Grüße
Jörg Oertel
Lieber Jörg,
vielen Dank für Deine Frage bezüglich der Novellierung des BKA Gesetzes.
Im November 2008 wurde über das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKAG) im Bundestag abgestimmt. Bislang war das BKA nur für die Strafverfolgung zuständig, operative Maßnahmen zur Gefahrenabwehr waren nur auf Länderebene möglich. In einem ersten Schritt haben wir durch eine Grundgesetzänderung im Rahmen der Föderalismusreform die Möglichkeit eröffnet, dem BKA operative Kompetenzen zur Abwehr des internationalen Terrorismus einzuräumen. Das BKAG erfüllt diesen grundgesetzlichen Auftrag. Die nun beschlossenen Instrumente zur Gefahrenabwehr orientieren sich weitgehend an bestehenden Regelungsvorbildern aus dem Bundespolizeigesetz und den Polizeigesetzen der Länder. Neu ist allerdings das Instrument der Online-Durchsuchung.
Da die ursprüngliche Gesetzesvorlage im Bundesrat nicht die erforderliche Mehrheit bekam, wurde das Gesetz im Vermittlungsausschuss erneut verhandelt. Die zuvor im Weg des Kompromisses mit der CDU/CSU Bundestagsfraktion gefundene Lösung wurde durch eine deutliche Verstärkung der richterlichen Kontrolle verbessert. Dies betrifft sowohl die Ebene der Anordnung der Maßnahme wie auch die Ebene der Auswertung des erhobenen Materials. So entfällt die Eilfallkompetenz des BKA-Präsidenten für die Anordnung der Online-Durchsuchung, außerdem wird die Löschung von erhobenen Daten, die den Kernbereich der privaten Lebensführung betreffen, unter die Sachleitung des die Maßnahme anordnenden Gerichts gestellt. Zusätzlich wird klargestellt, dass die Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes zur Verhütung bestimmter schwerer Straftaten nur bei länderübergreifenden Gefahren, unklarer Landeszuständigkeit oder auf Bitten eines Landes gegeben ist.
Durch die im Vermittlungsausschuss verhandelten Änderungen ist ein Kompromiss zu Stande gekommen, der zwar nicht in allen Punkten meinen Vorstellungen entspricht, meiner Meinung nach insgesamt jedoch tragbar ist. In jedem Fall entspricht die überarbeitete Gesetzesvorlage eher den sozialdemokratischen Positionen als der zuvor im Bundestag abgestimmte Entwurf.
Der Abstimmung im Bundestag konnte ich im Übrigen nicht beiwohnen, da ich in meiner Funktion als Staatsminister im Auswärtigen Amt anderweitig verpflichtet war. Da die Tagesordnung für die Abstimmungen sehr kurzfristig festgelegt wird, kommt dies leider vor.
Herzliche Grüße
Gernot Erler