Portrait von Gernot Erler
Gernot Erler
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Gernot Erler zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas R. •

Frage an Gernot Erler von Thomas R. bezüglich Gesundheit

In keinem Land in Europa haben wir ein Sachleistungssytem im ambulanten Bereich des Gesundheitswesens.
Wie ist ihre Haltung zur Frage der Kostenerstattung statt Sachleistungssystem, wie Sie es von der privaten Krankenkasse kennen? Wie ist Ihre Haltung zur Frage Rechnungshof für die Krankenkassen?

Portrait von Gernot Erler
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rossbach,

das Sachleistungsprinzip ist ein wichtiges Strukturprinzip in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland. Die Versicherten erhalten im Krankheitsfall die erforderlichen medizinischen Gesundheitsleistungen, ohne selbst in Vorleistung treten zu müssen, wozu auch nicht jeder in der Lage ist. Würden ambulante Leistungen nur noch per Kostenerstattung abgerechnet, müssten Patienten unter Umständen hohe Vorauszahlungen leisten, was zu einer Zugangshürde für ambulante Leistungen werden könnte. Ärzte wiederum müssten erheblich mehr bürokratische Arbeit leisten. Außerdem läge das Inkassorisiko bei den Praxen.
Gegen das Sachleistungsprinzip wird teilweise eingewandt, es führe zu einer vermehrten Inanspruchnahme von Leistungen, da für die Versicherten keine Transparenz hinsichtlich der Preise und Kosten besteht.
Bestand nun bereits seit dem 1. Januar 2004 für GKV-Versicherte begrenzt die Möglichkeit, zwischen Sachleistung und Kostenerstattung zu wählen, bringt die anstehende Gesundheitsreform noch mehr Wahlmöglichkeiten für die Versicherten: Alle gesetzlichen Krankenkassen müssen ihren Versicherten künftig spezielle Hausarzttarife anbieten, das heißt: Wer sich in ein Hausarztmodell einschreibt und im Krankheitsfall immer zuerst zum Hausarzt geht, wird von Zuzahlungen oder Praxisgebühren befreit oder bekommt andere Boni. Die Teilnahme an den Hausarztmodellen ist für Versicherte und Ärzte freiwillig.
Jeder Versicherte kann künftig mit seiner Kasse einen Selbstbehalttarif vereinbaren: Die Krankenkasse gewährt einen günstigeren Tarif, im Gegenzug verpflichtet sich der Versicherte, bei Inanspruchnahme gesundheitlicher Leistungen einen bestimmten Betrag aus eigener Tasche zu zahlen.
Und: Jeder Versicherte kann nun auch unbürokratisch und flexibel einen Kostenerstattungstarif wählen.
Mit der Gesundheitsreform wird der Wettbewerbsdruck auf die Kassen erhöht. Die Erhebung eines Zusatzbeitrages oder die Auszahlung eines Bonus an die Versicherten setzt ein deutlicheres Preissignal als die gegenwärtigen prozentualen Beitragssatzunterschiede. Deshalb werden die Kassen viel stärker als bisher ihre Vertrags- und Tarifgestaltungsmöglichkeiten nutzen, um Kosten zugunsten ihrer Versicherten einzusparen. Einen Rechnungshof für Krankenkassen halte ich daher für nicht nötig.
Mit freundlichen Grüßen

Gernot Erler