Frage an Gernot Erler von Katja L. bezüglich Familie
Ihre Partei ist für die Abschaffung des Betreuungsgeldes.
Das einkommensabhängige Elterngeld soll - wenn ich es richtig verstanden habe - nicht angetastet werden.
Das Elterngeld wird maximal bis zum 14. Lebensmonat des Kindes bezahlt.
Wie sieht nun Ihre finanzielle Unterstütung für Familien aus, die sich dafür entscheiden ihr Kind erst mit 3 Jahren betreuen zu lassen?
Befürwortet Ihre Partei, dass Kinder ab dem 14. Lebensmonat grundsätzlich fremdbetreut werden? (Entwicklungspsychologisch sehr schwierig, da zwischen dem 8. und 20. Monat das Fremdeln am stärksten ausgeprägt ist). Soll die Betreuung innerhalb der Familie bis zum 3. Lebensjahr nach der Vorstellung Ihrer Partei in Zukunft eher die Ausnahme sein?
Was sollen Familien tun, die sich mehrere Kinder wünschen, und die sich bewusst dafür entscheiden, dass ein Elternteil für eine gewisse Zeit komplett aus dem Beruf aussteigt (z. B. bis das jüngste Kind mit 3 Jahren in den Kindergarten kommt?)Welcher Arbeitgeber (außer dem Staat) würde denn ernsthaft einen on/off Arbeitsplatz anbieten?
Wie möchte Ihre Partei die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren gestalten?
Sehr geehrte Frau Ludwig,
vielen Dank für Ihr Interesse an unseren familienpolitischen Positionen.
Da die Familienformen in unserem Land bunt und vielfältig geworden sind und Familien sich in sehr unterschiedlichen Lebens- und Einkommenssituationen befinden, bedarf es auch entsprechender Antworten, die dieser Vielfalt Rechnung tragen. Mit unserer Familienpolitik versuchen wir, genau das zu erreichen.
Auch wir wollen dazu beitragen, dass Kinder in familiärer Geborgenheit aufwachsen können. Dabei wollen wir die Familien aber nicht bevormunden. Auch Kinder, deren Eltern erwerbstätig sind, erfahren mehrheitlich Geborgenheit, Unterstützung und empfinden das Zusammenleben mit ihren Eltern als gut.
Was Familien wirklich brauchen, wissen sie selbst am besten. Und die Mehrheit wünscht sich bessere Infrastruktur, also mehr und bessere Ganztagskitas genauso wie Ganztagsschulen, und eine familienfreundliche Arbeitswelt. Finanzielle Unterstützung ist für die meisten Familien ebenfalls sehr wichtig. Unsere Familienpolitik orientiert sich am Dreiklang von Infrastruktur, Zeit und Geld.
Vielen Eltern in Deutschland drückt der Schuh, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihr Kind finden, die Qualität weiter verbessert werden muss oder die Öffnungszeiten nicht passen. Hier haben wir - trotz der enormen Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen in den vergangenen Jahren - noch Nachholbedarf.
Wir wollen, dass Kinder gute Bildungschancen erhalten und Mütter und Väter Familie und Beruf vereinbaren können. Deshalb wollen wir in ganz Deutschland für ein bedarfsgerechtes und gutes Angebot an Ganztagskitas und Ganztagsschulen sorgen.
Es geht uns darum,
- den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz oder Platz in der Kindertagespflege zu einem Anspruch auf einen Ganztagsplatz weiterzuentwickeln.
- für alle Schüler/innen, die es wünschen, einen Platz in einer Ganztagsschule zur Verfügung zu stellen,
- die Qualität von Kitas, Kindertagespflege und Ganztagsschulen zu verbessern.
- die Elternbeiträge für alle Kitas schrittweise abzuschaffen. Das entlastet Familien im Durchschnitt um bis zu 160 Euro im Monat.
Ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsbetreuung und -bildung können wir nur erreichen, wenn sich der Bund finanziell beteiligt. Deshalb wollen wir das Kooperationsverbot im Grundgesetz aufheben. Das bildungs- und integrationsfeindliche Betreuungsgeld wollen wir abschaffen und die bis zu 2 Mrd. Euro, die dafür mittelfristig anfallen würden, komplett in den Kitaausbau investieren. Für den Ausbau der Ganztagsschulen soll der Bund darüber hinaus Bundesmittel zur Verfügung stellen.
Wir wollen, dass Eltern gute Arbeit und mehr Zeit für ihre Kinder haben. Mit einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, einem Gesetz zur Durchsetzung von Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern und Reformen bei den Minijobs wollen wir die Einkommenssituation der Eltern verbessern. Durch Familienarbeitszeiten, bessere partnerschaftliche Teilzeitmodelle für Eltern und ein Rückkehrrecht auf Vollzeit sorgen wir für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Zeitsouveränität.
Und schließlich wollen wir Kindergeld und Kinderzuschlag zu einem sozial gestaffelten Kindergeld zusammenführen. Erwerbstätige Alleinerziehende bis 2.000 Euro monatlichem Bruttoeinkommen und Paarfamilien bis 3.000 Euro sollen damit ein um bis zu 140 Euro pro Kind und Monat erhöhtes Kindergeld erhalten. Alle anderen Familien erhalten wie bisher einheitlich 184 Euro pro Kind und Monat. Für dritte und weitere Kinder bleibt es bei den erhöhten Kindergeldsätzen. Der darüber hinaus gehende Steuervorteil für Familien mit hohen Einkommen entfällt.
Das erfolgreiche Elterngeld werden wir so weiterentwickeln, dass Partnerschaftlichkeit gestärkt wird. Mütter und Väter können heute nur sieben Monate lang gleichzeitig Teilzeit arbeiten und Elterngeld beziehen. Das werden wir ändern: Auch sie sollen künftig 14 Monate lang Elterngeld beziehen können.
Wir werden auch Alleinerziehenden mit gemeinsamer Sorge den Bezug von maximal 14 Monaten Elterngeld ermöglichen, wenn vom anderen Elternteil kein Elterngeld beansprucht wird. Wir wollen das Basiselterngeld für SGB II Empfänger/innen wieder anrechnungsfrei stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Gernot Erler