Frage an Gernot Erler von Dieter D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
1.) Weshalb kann Deutschland den NSU - Prozess in München nicht auf eine höhere Ebene stellen, da er nach dem Aufschrei in der Welt fast vergleichbar mit den Nürnberger Prozessen ist?
2.) Schon die Räumlichkeiten sind ein Armutszeugnis für unsere Nation, weshalb schalten sich nicht die Bundesstaatsanwaltschaft und das Bundesinnenministerium ein, um gemeinsam eine Lösung zu finden, um so der Welt auch zu zeigen, dass es Deutschland wichtig ist solche Rechtsextreme Themen auch aufzuarbeiten?
3.) Kann man hier die Gewaltenteilung so strickt getrennt halten um eine ordentliche Lösung zu erarbeiten? (In der Deutschen Wirtschaft zwingt man die Partner sich zusammen zu raufen um die best mögliche Lösung zu bekommen) (Ich hoffe Sie haben zwischen den Zeilen in dieser Frage die weitere Frage gelesen, die für Deutschland in diesem Prozess besonders entscheidend ist).
4.) Bei der hohen Weltaufmerksamkeit denke ich, sind Sie als Abgeordneter gefragt sich dazu zu äußern um noch größeren Schaden von Deutschland fern zu halten; weshalb hört man in den Medien nichts von Ihnen (Partei) oder dem Pressesprecher?
5.) Muss man der Justiz nicht auch auf die Finger schauen, damit diese keine Fehler schon von Beginn an macht? (Die deutsche Presse scheint mir fast zensiert für diese Überwachung).
Sehr geehrter Herr Dier,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Für Verfahren wie den NSU-Prozess sind schon die Oberlandesgerichte zuständig, die sich in Strafsachen erstinstanzlich mit schweren Staatsschutzdelikten befassen. Der NSU-Prozess nimmt zweifelsfrei eine Sonderstellung in den juristischen Verfahren der letzten Jahre ein. Die Öffentlichkeit sowohl auf nationaler Ebene als auch auf internationaler Ebene ist zurecht sehr interessiert an dem Prozess und verdient es, möglichst breit informiert zu werden.
Aus guten Gründen gilt in Deutschland, wie in jedem demokratischen Staatswesen, das Prinzip der Gewaltenteilung. Eine Einflussnahme der Politik auf die Entscheidungen der Gerichte verbietet sich daher. Zwar gibt es Präzedenzfälle, bei denen der Prozess aufgrund großen öffentlichen Interesses in größere Räumlichkeiten verlegt wurde. So zum Beispiel die Auschwitz-Prozesse in den 1960er Jahren in Frankfurt am Main. Doch ist dies auf Initiative des zuständigen Generalstaatsanwalts geschehen, nicht auf Initiative der Politik.
Vertreter der SPD habe sich mehrfach durchaus kritisch zum Thema geäußert. So zum Beispiel Sigmar Gabriel in der WELT, der er in einem Gespräch sagte, dass er das OLG München nicht verstehe und dass dem nachvollziehbaren Interesse der Türkei Rechnung zu tragen sei. Und bereits am 8. März hat sich der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, in der Süddeutschen Zeitung genau zu dem Thema geäußert und die Entscheidung des Gerichts als „Affront“ bezeichnet, der die nötige Sensibilität vermissen lasse. Nachzulesen ist das hier: http://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-prozess-in-muenchen-richter-verweigert-tuerkischem-botschafter-festen-platz-1.1619010
Auch meine Auffassung ist, dass türkischen Pressevertreterinnen und Pressevertretern der Zugang zum Gerichtssaal möglich sein muss. Dies liegt aber, aus den oben dargelegten Gründen, in der Entscheidungsgewalt des Gerichts, nicht der Politik.
Mit freundlichen Grüßen
Gernot Erler