Frage an Gernot Erler von ingrid W. bezüglich Wirtschaft
Der Ausweg aus der Krise der Arbeitsgesellschaft sieht der Mainstream in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft – national wie international - in der Steigerung der Produktivität bei Senkung der Arbeitskosten, Rationalisierungen und einem drastischen Abbau der sozialen Sicherungssysteme. Angeblich soll dieses Patentrezept - also im Endeffekt mehr Wachstum - es schaffen, die Arbeitslosigkeit zu stoppen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Im Ergebnis wird jedoch lediglich die Produktivität steigen: es werden noch weniger Menschen noch mehr Waren, Güter, Dienstleistungen für ein geringeres Einkommen erwirtschaften und noch weniger Menschen werden sich noch weniger leisten können. Weil ich als 52jährige Erwerbslose nicht einfach immer ärmer werden will, möchte ich folgende Fragen stellen:
1) Halten Sie Vollbeschäftigung zu menschenwürdigen Bedingungen in Deutschland in den nächsten 20 Jahren für erreichbar?
2) Wenn nein, wie wollen Sie verhindern, dass die beschriebene Entwicklung zu einer dauerhaften Benachteiligung und Verarmung weiter Bevölkerungskreise geht?
3) Wie beurteilen Sie die Chancen und Möglichkeiten, die ein bedingungsloses Grundeinkommen (siehe z.B. www.grundeinkommen.de) in diesem Zusammenhang bietet?
MfG
Ingrid Wagner
Sehr geehrte Frau Wagner,
eine Prognose zur Entwicklung der Arbeitsmarktsituation für die nächsten 20 Jahre ist mir nicht möglich. Wir brauchen wirtschaftliches Wachstum, damit Arbeitsplätze entstehen. Wirtschaftliche Prosperität und soziale Gerechtigkeit sind für uns Sozialdemokraten keine Gegensätze. Daher setzen wir uns für den Kündigungsschutz, die Mitbestimmung, den Flächentarifvertrag und handlungsfähige Gewerkschaften ein. Außerdem sind wir gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer und für einen höheren Spitzensteuersatz für Großverdiener.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen halte ich bei der momentanen Haushaltslage für nicht finanzierbar und kontraproduktiv. Ziel muss es sein, die Arbeitslosen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und sie nicht durch Sozialleistungen ruhig zu stellen. Eine wirksame Beschäftigungspolitik muss zum einen Wachstum fördern und zum anderen die Vermittlungsleistungen in den Arbeitsmarkt verbessern.
Mit freundlichen Grüßen
Gernot Erler, MdB