Frage an Gerda Hasselfeldt von Nadine H.
Sehr geehrte Frau Hasselfeldt,
an Sie stellvertretend für die CSU-Fraktion im Bundestag möchte ich folgende Fragen über das Thema Griechenland und Euro stellen:
1. Die Maastricht-Kriterien, mit denen auch die CDU/CSU vor Einführung des Euro geworben hat, um die Bürger für das politische Projekt Einheitswährung zu gewinnen, besagen, dass kein Land für die Schulden eines anderen aufzukommen hat. Nun werden diese Regeln seit 2010, auch mit Ihrer Unterstützung, gebrochen; mittlerweile "bürgt" (imgrunde verschenkt) Deutschland mit mindestens 70 Mrd. € für Griechenland. Wie können Sie es als Bundestagsabgeordnete der bis dato konservativen CSU vertreten, dass seit 2010 permanenter Rechtsbruch, um nicht zu sagen Insolvenzverschleppung mit deutschen Steuergeldern, getrieben wird?
2. Wo ist denn der CSU-Markenkern geblieben bzw. warum sollte man die CSU denn noch wählen, wenn diese in der immens wichtigen Euro-Frage genauso abnickt und durchwinkt wie Die Linke, die SPD, die Grünen und die CDU?
3. Wie rechtfertigen Sie denn die Zustimmung zum Rechtsbruch?
Mit freundlichen Grüßen
Nadine Hoffmann
Sehr geehrte Frau Hoffmann,
für Ihre Nachricht zum Thema Griechenland und Euro, die Sie mir über abgeordnetenwatch.de haben zukommen lassen, danke ich Ihnen.
Im Euro-Raum besteht eine schwierige Konstellation: es gibt eine gemeinsame Geldpolitik, aber 19 unterschiedliche nationale Fiskal- und Haushaltspolitiken. Zugleich ist eine Gemeinschaftswährung wie der Euro weltweit einzigartig und bringt den beteiligten Staaten – insbesondere Exportstaaten wie die Bundesrepublik Deutschland – viele wirtschaftliche Vorteile. Aufgrund der unterschiedlichen nationalen Wirtschaftsmodelle der EU-Mitgliedsstaaten wurden die Maastricht-Kriterien – als Voraussetzung für den Beitritt zur Eurozone – und der Stabilitäts- und Wachstumspakt – gültig nach dem Beitritt – eingeführt, um die Konvergenz der einzelnen Wirtschaftsräume in der EU zu fördern und gemeinsame finanzpolitische Regeln einzurichten.
Um die griechische Regierung in ihren Bemühungen zur Bewältigung der schweren Schuldenkrise zu unterstützen, haben im Frühling 2010 die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten in der Eurozone beschlossen, auf völkerrechtlicher Basis – außerhalb des rechtlichen Rahmens der EU-Verträge – einen Euro-Rettungsschirm zu gründen. Kern dieses Rettungsschirmes waren freiwillige bilaterale Kredite für Griechenland, deren Auszahlung an strikte Bedingungen geknüpft war: Griechenland hatte sich verpflichtet, Reformen umzusetzen und die Kredite schrittweise zurückzuzahlen. Die sog. Institutionen (die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds) wurden beauftragt die Umsetzung der Reformmaßnahmen zu kontrollieren. Als Hauptgeldgeber haben die Mitgliedsstaaten jedoch keine Haftung für die Schulden Griechenlands übernommen. Daher sind diese Kredite nicht unter der sog. Nichtbeistands-Klausel im Sinne des Art.125 Abs.1 S.2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einzuordnen.
Als weitere Teile des Euro-Rettungsschirms wurden 2010 die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) als provisorischer und 2012 der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) als permanenter Stabilisierungsmechanismus verabschiedet. Um die entsprechenden rechtlichen Grundlagen für den ESM zu schaffen, hatte der Europäische Rat schon in 2011 beschlossen, den EU-Vertrag (Art. 136 AEUV) durch die Einführung eines permanenten Stabilisierungsmechanismus zu ergänzen. Der ESM soll dann aktiviert werden, wenn eine Gefahr für die Stabilität der Eurozone besteht, und er soll Problemländern Hilfsleistungen nur gegen strikte Umsetzung von Reformen gestatten.
Die Ergebnisse der Hilfsprogramme in Problemländern wie z.B. Irland, Spanien und Portugal, aber auch Griechenland bis Anfang 2015 zeigen, dass der Ansatz „Solidarität in Verbindung nur mit den notwendigen nationalen Reformen“ der richtige war. Solidarität bedeutet jedoch nicht Übernahme der Schulden. Die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag hat sich seit Jahren immer wieder erfolgreich dagegen gewehrt, dass es Eurobonds und eine Vergemeinschaftung der Schulden gibt. Klar ist, dass jedes Land vorübergehend Hilfe von den anderen EU-Mitgliedstaaten bekommt, es aber seine Hausaufgaben selber machen muss.
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble haben dafür gesorgt, dass sowohl das Solidaritäts- als auch das Eigenverantwortungsprinzip in dem jüngsten Hilfsprogramm für Griechenland besonders stark ausgeprägt bleiben. Mit all seinen Maßnahmen bietet dieses Programm eine gute Chance für Griechenland, die Staatsschuldenkrise zu bewältigen. Es setzt auch eine gute Grundlage für eine weitere positive wirtschaftliche und politische Entwicklung in der gesamten EU und sorgt für weitere Stabilität in Europa. Dies brauchen wir, wenn wir andere Probleme – wie beispielsweise die Asylproblematik oder das Klimawandel – gemeinsam mit allen europäischen Ländern lösen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Gerda Hasselfeldt