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Georgios Chatzimarkakis
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Frage von Johannes H. •

Frage an Georgios Chatzimarkakis von Johannes H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Dr. Chatzimarkakis

Anfang 2009 soll ja nun der Lissabon-Vertrag in Kraft treten. Da ich versuche, so gut es geht an unserer Demokratie mitzuwirken, habe ich mir den Wortlaut als pdf heruntergeladen - auf knapp 400 Seiten überschlagen sich hier wortgewandte Fachleute zu allem und jedem.
Nun sollte die Tatsache, dass ich evtl zu doof bin, meiner politischen Mündigkeit aber nicht im Weg stehen. Deshalb meine Fragen:
- ist die Todesstrafe in der EU unter allen Umständen abgeschafft?
- welche persönlichen Daten werden wann, von wem und warum gespeichert. und wer hat wann, wo und wie Zugriff auf diese?

Nun habe ich -zu meinem Entsetzen - auch noch festgestellt, dass mein Land stark verschuldet ist. Bei wem denn eigentlich?

Über eine rasche Antwort würde ich mich sehr freuen.

mfg
J.H.

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Antwort von
ÖDP

Sehr geehrter Herr Möller,

es freut mich, dass Sie sich über den Vertrag von Lissabon, Datenschutz und Staatsverschuldung informieren und nachfragen, wenn sich Ihnen in diesem Zusammenhang verständlicherweise Fragen stellen.

1.
Die Todesstrafe ist und bleibt in Deutschland abgeschafft. Daran ändert auch der Vertrag von Lissabon nichts.

Kritiker berufen sich darauf, dass mit Art. 2 II des Vertrages die Todesstrafe zwar verboten, durch das Protokoll Nr. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention aber durch die Hintertür wieder eingeführt wird. Dabei wird verschwiegen, dass am 01. Juli 2003 ein neues Protokoll Nr. 13 in Kraft getreten ist, das Deutschland am 11.10.2004 ratifiziert hat. Alle Staaten , die dieses Protokoll unterzeichnet und ratifiziert haben, können keine Todesstrafe einführen und anwenden, solange sie nicht offiziell von dieser Vereinbarung zurücktreten. Dies gilt also auch für Deutschland.

Das Protokoll Nr. 13 zur EMRK lautet folgendermaßen:
"Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll unterzeichnen, in der Überzeugung, dass in einer demokratischen Gesellschaft das Recht jedes Menschen auf Leben einen Grundwert darstellt und die Abschaffung der Todesstrafe für den Schutz dieses Rechts und für die volle Anerkennung der allen Menschen innewohnenden Würde von wesentlicher Bedeutung ist; in dem Wunsch, den Schutz des Rechts auf Leben, der durch die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnete Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden als «Konvention» bezeichnet) gewährleistet wird, zu stärken; in Anbetracht dessen, dass das Protokoll Nr. 6 zur Konvention über die Abschaffung der Todesstrafe, das am 28. April 1983 in Strassburg unterzeichnet wurde, die Todesstrafe nicht für Taten ausschliesst, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; entschlossen, den letzten Schritt zu tun, um die Todesstrafe vollständig abzuschaffen, haben Folgendes vereinbart:
Artikel 1 - Abschaffung der Todesstrafe
Die Todesstrafe ist abgeschafft. Niemand darf zu dieser Strafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel 2 - Verbot des Abweichens
Von diesem Protokoll darf nicht nach Artikel 15 der Konvention abgewichen werden.
Artikel 3 - Verbot von Vorbehalten
Vorbehalte nach Artikel 57 der Konvention zu diesem Protokoll sind nicht zulässig."

Zu beachten ist aber, dass beispielsweise Polen, Italien und Lettland das Protokoll Nr. 13 noch nicht ratifiziert haben. In diesen Ländern gilt damit noch das alte Protokoll Nr. 6 mit der Option der Todesstrafe in gewissen Fällen.

Die Behauptung einiger Kritiker, mit dem Lissabonner Vertrag werde die Todesstrafe wieder eingeführt, ist mithin falsch. Hier werden Tatsachen verdreht, um auf unseriöse Weise Stimmung zu machen. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates. Dieser ist aber von der Europäischen Union streng zu trennen.

2.
Die Europäische Grundrechtecharta sieht ein Grundrecht auf Datenschutz vor. Dieses Recht wird aber nicht schrankenlos gewährleistet. Zur Terrosismusbekämpfung werden Fluggastdaten 6 Monate gespeichert. Auch Verbindungsdaten von Telefonanbietern werden gespeichert.

Im Kampf gegen den Terrorismus nimmt die EU-Kommission nach dem Vorbild der USA erstmals Flugpassagiere ins Visier. Ein europaweites System zur Auswertung von Fluggastdaten ist Kernstück eines "Anti-Terror-Pakets", das EU-Innenkommissar Franco Frattini gerade erst in Brüssel vorstellte. Damit sollen Sicherheitsbehörden wie der deutsche Verfassungschutz spätestens ab 2011 Zugriff auf 19 persönliche Daten von Flugreisenden haben.
Ich bin der Auffassung, dass der Datenschutz unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung nicht ausgehebelt werden darf. Es kann nicht sein, dass der in der Grundrechtecharta festgeschriebene Datenschutz in seinem Wesensgehalt angetastet werden darf. Daraus folgt vor allem, dass sensible Daten, die beispielsweise die Intimsphäre betreffen, weiterhin nicht oder nur unter ganz engen Voraussetzungen erhoben und gespeichert werden dürfen.

3.
Sie haben Recht. Deutschland ist stark verschuldet. Auf fast 1,5 Billionen beläuft sich der Schuldenberg. Ob Säugling oder Greis: Auf jedem Bundesbürger lasten zur Zeit 17.000 Euro Schulden, und täglich wächst die Zinslast. Dies schränkt die Handlungsfähigkeit des Staates ein. Für Investitionen in die Zukunft hat er immer weniger Geld. Allein die Zinslast, die für die Kredite anfallen, stellen einen beträchtlichen Posten im Bundeshaushalt dar.
Finanzminister Peer Steinbrück hat die Neuverschuldung des Bundes im vergangenen Jahr zwar auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gedrückt. Nach Angaben seines Ministeriums borgte sich der Bund am Kapitalmarkt dennoch rund 14,4 Milliarden Euro an neuen Krediten.
Das Bundeskabinett hat den Haushaltsentwurf für 2008 und die Finanzplanung des Bundes bis 2011 beschlossen. Der Etatentwurf sieht für 2008 trotz deutlich steigender Ausgaben einen Abbau der Neuverschuldung auf rund 12,9 Milliarden Euro vor. Die Ausgaben machen einen Sprung um fast 13 Milliarden Euro auf gut 283 Milliarden Euro. Bis spätestens Ende 2011 soll die Neuverschuldung des Bundes auf Null gesenkt und ein ausgeglichener Bundesetat ohne neue Kredite vorgelegt werden. Das hat es zuletzt 1969 gegeben.
Die Zahl der Gläubiger dieses Schuldenberges ist beinahe unüberschaubar. Sie kommen meist aus der Privatwirtschaft, Banken, Versicherungen aber auch anderen Staaten schuldet die Bundesrepublik Geld.

Ich hoffe, Ihnen mit der Beantwortung der Fragen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen!

Jorgo Chatzimarkakis