Frage an Georgios Chatzimarkakis von Felix S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Chatzimarkakis!
In einem Zeitungsbericht finde ich diese Aussage:
"Und er denkt schon über neue Koalitionsoptionen im Land nach: „Warum nicht eine CDU/ÖDP-Koalition?“"
https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/chatzimarkakis-ist-wieder-zurueck-im-politischen-geschaeft_aid-22622415
Vielleicht ist das nur so dahin gesagt, aber wenn dass die Position der ÖDP wäre, dass diese eine Koalition anstrebt, könnte ich die Partei nicht mehr wählen. Da Sie auf Listenplatz 15 stehen, spielt ihre Aussage für meine Wahlentscheidung keine Rolle, aber es heißt "Wehret den Anfängen".
Koalitionen kann man nur mit Parteien anstreben, die es ehrlich meinen und durch ihr Verhalten keinen Zweifel an dieser Ehrlichkeit aufkommen lassen. Parteien die Spenden und Sponsoring von Konzernen und Lobbygruppen annehmen sind für mich korrupt. Und wer sich mit diesen Parteien in eine Koalition begibt, bekommt zwangsläufig Anteil an dieser Korruption. Die ÖDP mag selber solche Gelder nicht annehmen, weil sich das die ÖDP sehr vorbildlich in die eigene Satzung geschrieben hat. In Koalitionen müssen aber Kompromisse geschlossen werden und wenn man da Koaöitionspartner hat, die mit der Wirtschaft monetär verflochten sind, beteiligt man sich m.E. zwangsläufig an der korrupten Politik der etablierten Parteien. Sehen Sie das auch so?
Stimmen Sie dem zu, dass eine Koalition erst dann für die ÖDP möglich wird, wenn mögliche Koalitionspartner vor Eintritt von Koalitionsverhandlungen zusammen mit der ÖDP eine scharfe Trennung von Wirtschaft und Politik umsetzen?
Da es schon immer Position der ÖDP war, Konzernspenden an Parteien zu verbieten, frage ich mich, wie es passieren konnte, dass Sie von der ÖDP zur FDP wechselten und dort sogar Generalsekretär wurden, obwohl die FDP ein Paradebeispiel von Verflechtung von Wirtschaft und Politik ist? Und warum haben Sie die FDP wieder verlassen und sind jetzt wieder bei der ÖDP?
Und was finden Sie bei der ÖDP besser als bei den Grünen?
Sehr geehrter Herr Staratschek,
haben Sie verbindlichen Dank für Ihre Fragen auf Abgeordnetenwatch, die ich aufgrund meiner intensiven Einbindung in den Kommunal- und EU-Wahlkampf erst jetzt beantworten kann.
Ihre Frage besteht aus drei Teilen:
1. Aussage zu einer möglichen Koalition, z.B. mit der CDU:
Als diese Aussage getätigt wurde,- am 13. Mai 2018 - war die ÖDP im Saarland gerade neu gegründet worden. Das Interesse des Redakteurs richtete sich nach der politischen Ausrichtung der ÖDP. Er fragte konkret, ob man sich als werteorientierte Partei auch eine Koalition mit der größten Partei im Saarland rein hypothetisch vorstellen könne. Als guter Demokrat weiß ich, dass man politische Positionen nur durch eine parlamentarische Mehrheit durchsetzen kann (Ausnahmen wie das erfolgreiche Volksbegehren zum Artenschutz in Bayern bestätigen die Regel). Deswegen habe ich eine Koalition nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es versteht sich aber von selbst, dass dies nur dem Ziel der Durchsetzung des eigenen Programmes dienen kann.
2. Frage nach meinem Ausflug von der ÖDP zur FDP und zurück:
Ich gehörte der ÖDP von 1986 bis 1990 an und wurde dann von den Jungen Liberalen regelrecht abgeworben, was einen Beitritt zur FDP zur Folge hatte. 2014 verließ ich, nach Beendigung meines Mandates im EU-Parlament die FDP. Im Jahre 2018 schloss ich mich wieder der ÖDP an und gründete den Landesverband Saarland neu. Die Dimension des Themas Parteispenden war mir damals als jungem Student nicht ausreichend bewusst, das muss ich im Nachhinein zugeben. Mit war damals die Umwelt- und Energiepolitik besonders wichtig. Bei der FDP habe ich dann aber das Ausmaß der Konzernspenden und die verheerende Wirkung auf die politische Unabhängigkeit kennen gelernt. Daher bin ich heute sehr darauf erpicht, die Bedeutung des Themas für die Politik in den Vordergrund zu rücken. Das ist u.a. einer der Gründe, warum ich zur ÖDP zurück gekehrt bin. Es ist mir aber auch nicht gelungen, die FDP ökologischer zu machen, obwohl ich dort die Öko-Liberalen mitbegründet habe, im Stern zu einem bundesweit beachteten Zusammenschluss der FDP mit den Grünen aufgerufen habe und als Generalsekretär maßgeblich an Deutschlands erster "Jamaika-Koalition“ im Saarland beteiligt war. Ich bin endlich wieder in meiner eigentlichen politischen Heimat angekommen.
3. Was ich bei der ÖDP besser als bei den Grünen finde:
Ökologie versus Ökologismus: Die ÖDP will wirklich eine Wende beim Umwelt- und Naturschutz, beim Klima und Artenschutz, beim Tierschutz,, beim Verbraucherschutz. Die Grünen betreiben eine rhetorische Wohlfühlpolitik mit geringen Auswirkungen auf die echte Politik (Ausnahme Dosenpfand).
Die Grünen sind ebenso Konzernspendenempfänger, wie alle anderen etablierten Parteien.
Das Familienbild der ÖDP sieht das Kind im Mittelpunkt, es hat ein Recht auf Familie. Das Familienbild der Grünen ist diffus und eigentlich nicht wirklich existent.
Die ÖDP ist eine wachstumskritische Partei, in dieser Konsequenz die einzige. Die Grünen befürworten das Wirtschaftswachstum grundsätzlich.
Jorgo Chatzimarkakis
Landesvorsitzender