Frage an Georgios Chatzimarkakis von Theo S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Chatzimarkakis,
die EU hat eine Verordnung erlassen, nach der die Empfänger von Direktzahlungen in der Landwirtschaft mit vollständigem Namen und Ortsangabe veröffentlicht werden müssen. Bedenken, damit würde eine Neiddiskussion entfacht, wurden verneint. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, was mit Steuergeldern geschieht. Dazu meine Fragen:
Wenn man keine Neiddiskussion möchte, wäre es nicht möglich gewesen die Zuwendungen nach verschiedenen Betriebsgrößen und deren Anteilen zu veröffentlichen?
Wenn man der Argumentation der EU konsequent folgt, ist es dann nicht notwendig die Gehälter alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten mit Namen und Ortsangabe zu veröffentlichen?
Würde Gleiches nicht auch für die Empfänger staatlicher Transferleistungen wie z. B. Hartz 4 gelten?
Alle genannten Gruppen haben nach derzeitiger Rechtslage einen Anspruch auf die Zahlungen und müssten dann doch auch gleich behandelt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Theo Staars
Sehr geehrter Herr Staars,
vielen Dank für Ihr Schreiben.
Sie werfen in Ihrer Anfrage die interessante Frage auf: Heisst Demokratie (auch) immer Einsicht? Oder bedeutet Einsicht (auch) immer Demokratie?
Eines ist ganz klar: Die Persönlichkeitsrechte und der Datenschutz des Individuums gehen vor. Das ist seit jeher das Credo der FDP als die Bürgerrechtspartei in Deutschland.
Auf meinen Bericht zur Transparenz bei der Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik bezugnehmenden, kann ich Ihnen mitteilen, dass ich in meiner Eigenschaft als Berichterstatter besonders für die Veröffentlichung dieser Daten auf der Ebene der Mitgliedsstaaten eingesetzt habe, allerdings unter Berücksichtigung zahlreicher Prämissen:
Erstens, eine Veröffentlichung durch die Kommission, selbst von Daten, die durch die Mitgliedstaaten erhoben und verwaltet werden, zu einem erheblichen verwaltungstechnischen Mehraufwand führen würde. Aus meiner Sicht scheint auch eine Veröffentlichung auf Ebene der Zahlstellen, d.h. der für die Erhebung der Daten und die Zahlungen verantwortlichen Stellen, völlig ausreichend.
Um die Transparenz der Veröffentlichung zu erhöhen, habe ich daher vorgeschlagen, die Daten zwingend im Internet zu veröffentlichen und die Seiten der Mitgliedsstaaten mit denen der Kommission und den Seiten innerhalb eines Mitgliedstaates zu vernetzen. Aus dem gleichen Grunde habe ich empfohlen, die Daten zu Zahlungen aus dem ELER (2. Säule der GAP) zumindest so aufzuschlüsseln, dass erkennbar wird, für welche Schwerpunktachse die Zahlungen erfolgen, da die Zahlungen aus dem ELER sich im Charakter je nach Schwerpunkt erheblich unterscheiden.
Weiterhin habe ich Mindestinhalte bzgl. der Veröffentlichung vorgeschlagen, um die Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten zu erhöhen.
Ich bin und war der Auffassung, dass wesentliche Fragen des Datenschutzes schon in der Ratsverordnung und nicht erst im Durchführungsrecht zu regeln sind, da die Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung massiv betroffen werden.
Die Klärung von Grundsatzfragen sollte jedoch nicht Durchführungsbestimmungen überlassen werden. Zudem trägt die Aufnahme dieser Vorschriften schon in die Ratsverordnung zur Beschleunigung der Veröffentlichung bei, da die Mitgliedstaaten nicht erst weitere Durchführungsvorschriften abwarten müssen.
Unabdingbar ist, dass die Betroffenen vorab über die Veröffentlichung informiert werden, möglichst schon zum Zeitpunkt der Datenerhebung, spätestens aber vor der Veröffentlichung.
Dies entspricht auch der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten.
Da die Transparenz ein wesentliches Element einer verbesserten Haushaltskontrolle ist, sollten Zahlungen bei Nicht-Veröffentlichung oder wesentlichen Mängeln der Veröffentlichung gekürzt werden.
Einige weitere Vorschläge dienen allein der Klarstellung. Den Mitgliedstaaten steht es frei entsprechend ihren nationalen Prioritätensetzungen und nationalen Regelungen, die Daten weiter aufzuschlüsseln. Die Regelung in der Kommissionsverordnung zur Transparenz wurde aufgehoben, da ansonsten zwei unterschiedliche Regelungen zum gleichen Gegenstand gleichzeitig gelten würden.
In diesem Kontext darf ich Sie auch auf einen interessanten Link aufmerksam machen, der die Veröffentlichung von Agararsubventionen zum Thema hat und auf die jeweiligen Web-Seiten der EU Mitgliedsstaaten weiterleitet (s. oben).
http://ec.europa.eu/agriculture/funding/index_de.htm
Mit freundlichen Grüßen
Jorgo Chatzimarkakis