Frage an Georgios Chatzimarkakis von Christian P. bezüglich Gesundheit
Wie stellen Sie sich zu den bundesdeutschen Apotheken?
Diese Freiberufler wurden von Ihnen in der Vergangenheit bis zum EuGH Urteil in Ihrer Selbständigkeit untergraben.
Wie stellen Sie sich die deutschen Apotheken im EU-Umfeld vor, wie stehen Sie zu Fremdbesitz und welche Position haben Sie zur inhabegeführten selbständigen Apotheke heute und in Zukunft?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Christian Platt
Sehr geehrter Herr Platt,
mit Bestürzung habe ich Ihre Erklärung zu Kenntnis genommen, ich hätte Apotheker"in der Vergangenheit bis zum EuGH Urteil in Ihrer [sic] Selbständigkeit untergraben."
Ich habe mir noch einmal meine Äußerungen zu der Frage in der Öffentlichkeit durchgelesen und muss Ihnen ganz offen sagen, dass ich Ihnen hier nicht folgen kann. Bedauerlicherweise wurden in den einschlägigen Fachzeitschriften Aussagen von mir kolportiert bzw. unterstellt, die nicht richtig sind. Aber selbst diese bieten eigentlich keine Grundlage für Ihre doch arg zugespitzte Klassifizierung. In der nächsten Ausgabe der "Deutschen Apotheker Zeitung" werde ich zu aktuellen Fragen (EuGH, Versandhandel) Stellung beziehen.
Vorab einige Stichworte in Hinblick auf Ihre Anfrage: Das Urteil des EuGH habe ich damals voll begrüßt. Für mich war immer klar, dass inhabergeführte Apotheken entscheidend dazu beitragen, dass mit Arzneimitteln verantwortungsvoll gehandelt wird. Das Urteil hat auch noch einmal unterstrichen, dass Apothekerinnen und Apotheker keine reinen Kaufleute sind, sondern auch Heilberufler, die für das Gemeinwohl wirken. Das ist auch meine Meinung.
Zu Ihrer Frage nach der Zukunft der inhabergeführten Apotheke hier meine Perspektive: Die Apotheke in Europa befindet sich im Wandel. Der Trend bewegt sich ganz klar von einem "Verkäufer" hin zum kompetenten Gesundheitsberater. Diese Gesundheitsberatung sollte aber auch entsprechend honoriert werden, wie in manchen anderen EU-Staaten, wo das Beratungsgespräch über die Krankenkasse abgerechnet werden kann. Hier steckt ein enormes Potenzial, das Apotheker nutzen sollten. Gerade im Bereich der Prävention können Apotheker durch ihr umfangreiches Wissen viel leisten.
Inhabergeführte Apotheken werden dem Versandhandel und erst recht den "Pick-up-Discountern" immer eine Nasenlänge voraushaben. Gerade Pick-ups werden sich auf die Dauer nicht durchsetzen. Im Übrigen bin ich auch klar gegen Pick-ups. Patienten können sich mit keinem System anfreunden, bei dem noch schnell Tabletten mit der Packung Fruchtgummi an der "Tanke" gekauft werden.
Die inhabergeführte Apotheke hat auch deshalb Zukunft, da das bestehende deutsche Systeme zuverlässig weiter bestehen wird. Eine Revision des Urteils ist ja nicht zu erwarten. Ich glaube, dass der EuGH mit diesem Urteil sogar eine Kehrtwende macht und mit seiner bisherigen Tradition bricht, zu stark in die einzelstaatlichen Regelungen einzugreifen. Die Richter scheinen verstanden zu haben, dass der Unmut in den EU-Mitgliedstaaten zunimmt, was die zunehmende Regelungsdichte aus Europa angeht. Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise leitet meines Erachtens einen Paradigmenwechsel auf breiter Front ein und der bisher viel gescholtene "Rheinische Kapitalismus", diese typisch deutsche Wirtschaftsordnung mit der Daseinsvorsorge des Bürgers im Mittelpunkt erlebt eine Renaissance. Die inhabergeführte Apotheke gehört auch künftig zur Daseinsvorsorge!
Mit freundlichen Grüßen
Jorgo Chatzimarkakis