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Georg Nüßlein
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Frage von Matthias S. •

Frage an Georg Nüßlein von Matthias S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Nüßlein,

Wenn sie in iherer vorangegangenen Antwort so explizit formulieren:"Entsprechend unseres Sozialstaatsprinzips soll mit Hartz IV die Grundabsicherung des Lebensunterhalts gewährleistet werden. Das ist richtig und wichtig. Diese Absicherung, die ich persönlich in der Höhe für höchst angemessen halte", dann möchte ich von ihnen wissen, wie sich der Betrag von 345,00€ zusammensetzt. Geschwätzt ist nämlich schnell, belegen ist schon schwieriger. Diese Feststellung habe ich jedenfalls gemacht.
Dann würde ich auch gern von ihnen wissen, wenn 345,00€ den Betrag darstellen der zur Existensicherung notwendig ist, warum bekommen dann Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nur noch 311,00€ und Kinder sogar nur noch ein Bruchteil davon? Für sie ist das "höchstangemessen", ich halte das für problematisch und bitte sie, meine Fragen zu beantworten.

Ich verbleibe mit den besten Wünschen

Matthias Schulz

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Antwort von
parteilos

Sehr geehrter Herr Schulz,

Eine vierköpfige Familie erhält ca. 1034 Euro monatlich an Unterstützungsleistungen durch den Staat. Zusätzlich werden die Mietkosten bis zu einer gesetzlich festgelegten Obergrenze durch den Staat übernommen.

Sie haben Recht mit der Feststellung, daß in einer Bedarfsgemeinschaft der Betrag zur Existenzsicherung eines Erwachsenen von 345 Euro auf 311 Euro sinkt. Einen Anspruch auf die volle Regelleistung haben Alleinstehende, Alleinerziehende und Arbeitsuchende, deren Partner unter 18 ist. Sie erhalten die oben genannten 345 Euro pro Monat. Sind beide Partner volljährig, bekommen beide je 90 Prozent der Regelleistung (311 Euro). Mit der Regelleistung bestreiten Arbeitsuchende alle Ausgaben des täglichen Lebens, wie z.B. für Lebensmittel, Kleidung, Telefon und Strom und Anschaffungen. Für Kinder bis zum 14. Geburtstag beträgt die Regelleistung 60 Prozent (207 Euro) und für Jugendliche vom 14. bis zum 18. Geburtstag 80 Prozent (276 Euro). Diese Berechnungen ergeben sich aus der berechtigten Annahme, daß in einer Bedarfsgemeinschaft bestimmte Kosten nur einmal anfallen (so zum Beispiel Grundgebühren für Telefon oder Kabelanschluß).

Zusätzlich übernehmen die Träger des ALG II die angemessenen Kosten für Miete und Heizung für die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Dazu gehören auch die Kosten für Kaltwasser und Abwasser. Für die Übernahme der Kosten besteht eine grundsätzliche Bedingung: Der Wohnraum muß angemessen sein. Was die Träger des ALG II als angemessen einstufen, ist regional unterschiedlich. In der Regel gelten 45 bis 50 Quadratmeter für eine Person, 60 Quadratmeter bzw. zwei Zimmer für zwei Personen, 75 Quadratmeter bzw. drei Zimmer für drei Personen und 85 bis 90 Quadratmeter beziehungsweise vier Zimmer für vier Personen als angemessen. Im Wahlkreis Neu-Ulm bedeutet dies, daß eine vierköpfige Familie mindestens 500 Euro zusätzlich im Monat durch die Mietkostenübernahme zur Verfügung hat.

Wissen Sie eigentlich, wie viele Leute es gibt, die durch tägliche harte Arbeit kaum mehr verdienen? Der Staat kann derzeit nicht mehr leisten. Das Lohnabstandsgebot zwischen regulär Erwerbstätigen und Arbeitslosen ist ohnehin nicht mehr gewährt.

Ich gehe davon aus, daß Sie einer geregelten Arbeit nachgehen und bin mir sicher, daß Sie nicht durch noch mehr Steuern und Sozialabgaben belastet werden wollen. Diese wären aber notwendig, um höhere Leistungen für ALG II-Empfänger zu finanzieren. Arbeitskraft würde somit noch teurer und in der Konsequenz müßten Betriebe weitere Mitarbeiter einsparen. Damit hätte Deutschland eine weitere Steigerung der Arbeitslosenquote zu befürchten und noch weniger Mittel zur Verfügung, diesen Menschen einen angemessenen Unterhalt zu zahlen. Ich glaube nicht, daß dies die von Ihnen gewünschte Auswirkung einer Steigerung der Arbeitslosenunterstützung ist.

Ich hoffe meine Erläuterungen tragen zur Klärung Ihrer Frage bei und verbleibe mit freundlichen Grüssen,

Dr. Georg Nüßlein