Was schlagen Sie zur nachhaltigen Entlastung der Pflege vor?
M. L. P.
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Entlastung der Pflege.
Die unionsgeführten Bundesregierungen haben in den vergangenen beiden Legislaturperioden das Thema Pflege stets mit hoher Priorität behandelt. So haben wir etwa die größte Reform der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung durchgeführt, einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff geschaffen, eine Tarifbezahlung für die Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen beschlossen und eine Dämpfung der Eigenanteile zum 1. Januar 2022 ins Gesetz geschrieben.
Das vom Bundestag am 26.05.2023 mit den Stimmen der Ampel - Fraktionen verabschiedete Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) wird der aktuellen Situation im Pflegebereich aus Sicht der Unions-Fraktion bei Weitem nicht gerecht. Hier bleibt die Ampel weit hinter den eigenen Zielen aus dem Koalitionsvertrag zurück.
Sowohl die Erhöhung der Leistungszuschläge zur Reduzierung der Eigenanteile, als auch die des Pflegegeldes und der ambulanten Sachleistungsbeträge, sind nicht ausreichend. Nicht einmal die Inflation wird so ausgeglichen. De facto gehen die Mehrbelastungen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ungebremst weiter.
Nachhaltige Problemlösungen werden weiter verschoben, anstatt sie jetzt anzupacken. Dabei wäre dies, gerade auch im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen in der Pflege und die Situation der pflegenden Angehörigen, wichtig.
Dieses Versäumnis wurde von uns im parlamentarischen Verfahren mehrfach kritisiert.
Weiterhin haben wir uns als größte Oppositionspartei im Vorfeld der Verabschiedung des PUEG dafür eingesetzt, wesentliche Punkte in den Gesetzentwurf einzubringen. Diese wurden von der Ampelkoalition leider abgelehnt. Im Rahmen von insgesamt vier Änderungsanträgen forderten wir
. die Einführung eines gemeinsamen Jahresbetrags für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege bereits zum 1. Januar 2024 zu ermöglichen, ohne im Gegenzug die Dynamisierung der Pflegeleistungen zu kappen.
. die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages bei künftigen Beitragserhöhungen in vollem Umfang wieder herzustellen,
. das in der Corona Pandemie etablierte strukturierte telefonische Begutachtungsverfahren beim MD auch künftig beizubehalten sowie
. die Etablierung eines Förderprogramms für Modellvorhaben für Pflegebedürftige vor Ort und im Quartier.
Zu diesen Punkten hatte die Ampel zwar ebenfalls Vorschläge erarbeitet, unsere Anträge waren jedoch weitgehender, für die Betroffenen besser und rechtlich klarer.
Der Umstand, dass die Ampelfraktionen auch hier nur einen Kompromiss auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners finden konnten, ist bezeichnend für den Zustand unserer aktuellen Bundesregierung. Offenbar fehlt ihr nach nicht einmal zwei Jahren bereits die Kraft für wirkliche Reformen. Angesichts der zunehmenden Herausforderungen in der Pflege sind das keine guten Aussichten für die Pflegebedürftigen, deren Angehörige und die Pflegekräfte in unserem Land.
Fakt ist, dass wir jetzt eine ernsthafte Debatte brauchen, unter anderem über die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen durch die Pflegeversicherung oder auch die stärkere Förderung von eigener oder betrieblicher Vorsorge, sowie über die Arbeitsbedingungen in der Pflege und die Situation der pflegenden Angehörigen.
Die Unionsfraktion wird auch zukünftig kontinuierlich den Finger in die Wunde legen und die weitere Entwicklung im Bereich Pflege kritisch flankieren. Wir werden zudem weiterhin eigene Verbesserungsvorschläge auf den Tisch legen, auch wenn wir als Oppositionsfraktion wenig Einflussmöglichkeiten haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Georg Kippels, MdB