Frage an Georg Kippels von Norbert Z. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Gesetzesentwurf zu Werkverträgen am 16.02.2016
Sehr geehrter Herr Dr. Kippels,
wie stehen Sie zum o. a. Thema?
Warum gibt es keine Gehaltsgrenze?
Sind denn IT-Freiberufler, die zumindest als Single Spitzensteuersatz zahlen, auch schutzbedürftig?
Ich erkenne jetzt schon, dass potentielle Auftraggeber die Zusammenarbeit mit Freiberuflern scheuen und lieber auf das Personal von Unternehmensberatungen zurückgreifen. Letztlich wird mir durch o. a. Gesetz die Lebensgrundlage genommen.
Warum darf ich nicht frei arbeiten?
Freundliche Grüße
Norbert Zanders
Sehr geehrter Herr Zanders,
vorab darf ich anmerken, dass mir als langjährigen Selbstständigen und Freiberufler die Unabhängigkeit der selbständigen Tätigkeit ein ganz wichtiges Anliegen ist.
Allerdings darf ich aus eben derselben Erfahrung und Überzeugung, sowie auch meiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Anwalt anmerken, dass sich bedauerlicherweise im Laufe der Jahre eine Grauzone entwickelt hat, die zwar mit dem Titel der Selbstständigkeit in Erscheinung treten will, es sich bei kritischer Betrachtung jedoch nicht um diesen Tätigkeitsinhalt handelt, weil es an dem wichtigsten Faktor der wirtschaftlichen und persönlichen Unabhängigkeit des Tätigen mangelt.
Die vorgenannten Erfahrungen haben insbesondere – leider – auch ergeben, dass sowohl auf Seiten der Auftraggeber als auch durchaus auf Seiten der Auftragnehmer die notwendigen Komponenten einer echten Selbständigkeit missachtet bzw. missbräuchlich eingesetzt worden sind.
Das gesetzliche Anliegen richtet sich keineswegs gegen die Selbstständigkeit und Freiberuflichkeit als solche, wenn sie die Voraussetzungen auch alle erfüllen.
Auch möchte ich klarstellen, dass es sich bei den Vorschlägen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bislang lediglich um einen reinen Diskussionsentwurf handelt. Der Beginn eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens ist momentan noch unklar. So, wie sich der vorhandene Entwurf aber darstellt, gibt es von Seiten der Union noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.
Bei den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag vor etwas mehr als zwei Jahren haben wir die Zielsetzung verabredet, wirksame Regelungen gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen zu treffen. Unser gemeinsames Ziel ist es, gute Arbeit für alle zu schaffen. Dabei haben wir in der Union, diejenigen im Blick, bei denen nicht eindeutig zu beantworten ist, ob ein Werkvertrag vorliegt oder tatsächlich ein Arbeitnehmer an den Werkbesteller überlassen wird.
Wir beabsichtigen aber keineswegs, den Werkvertrag als selbstverständlichen Teil der Wirtschaft, zu schwächen. Die Arbeitnehmer, die in einem Werkvertragsunternehmen arbeiten, befinden sich in einem ganz normalen Arbeitsverhältnis mit allen Schutzmechanismen. Wir haben schon heute geeignete Gesetze, um ausreichenden Arbeitnehmerschutz zu garantieren. Allerdings lassen sich zuweilen einzelne Missbrauchsfälle beobachten, diese müssen selbstverständlich geahndet werden.
Nun gilt es in den künftigen Beratungen, die richtigen Weichen zustellen um einen ausgewogenen Interessenschutz herzustellen. Denn es liegt keineswegs in unserer Absicht die vielen hochqualifizierten Selbstständigen in beratenden Funktionen schlechter zu stellen. Es sollte in jedem Fall zwischen hoch und gering bezahlten selbstständigen Tätigkeiten unterschieden werden.
Das gesetzliche Anliegen dient deshalb vor allen Dingen auch dem Schutze eines Auftragnehmers der weder wirtschaftlich noch persönlich in der Lage ist die Gefahren und Folgen einer nicht vollständig gegebenen Selbstständigkeit zu überschauen bzw. zu beherrschen. Ich darf Sie daher in der Absicht, freiberuflich zu wirken, grundsätzlich ausdrücklich bestärken möchte allerdings gleichzeitig auch darauf hinweisen, sich mit allen korrespondierenden Sachverhalten, wie Steuerpflicht, Altersvorsorge, Krankenvorsorge und Sozialversicherungsrechtlichen Komponenten gewissenhaft auseinanderzusetzen.