Frage an Galina Koch von Matthias G. bezüglich Finanzen
Beim Durchsehen dieser Internetseite habe ich erstmalig von einem Bündnis für M-V gehört.
Beim Lesen des Parteiprogrammes fiel mir auf, dass sie viele Programmpunkte haben, die sehr teuer klingen. Z. B. fordern sie kostenfreie bzw. bezahlbare Kita-Plätze, den Ausbau der Infrastruktur und das M-V das Kulturland Nr. 1 werden soll. Wie möchte Ihre Partei dies finanzieren? Ich würde die meisten Punkte selbst auch gerne erfüllt sehen, aber schließlich sind schon nahezu alle erfahreneren Parteien daran gescheitert.
Hinzu kommt, dass sie als einzige Partei eine der Haupteinnahmequelle des Landes, den Tourismus zumindest nach der Auflistung in diesem Portal gar nicht beachten.
Darüber hinaus möchte ich gerne noch wissen, wie weit sie den Punkt "Umfassende Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in das gesellschaftliche Leben" gehen lassen möchten. Ich persönlich bin absolut dafür, Menschen mit Behinderungen so viel Erleichterungen zu schaffen, wie möglich. Aber muss es sein, dass öfftl. Gebäude, die nur alle paar Jahre mal ein Rollstuhlfahrer aufgesucht werden, für hohe 5-stelligen Beträge mit Rampen ausgestattet werden, obwohl sie für deutlich weniger Geld mit kleinen Hebebühnen bestückt werden könnten?
Ich selbst arbeite in einer Behörde, in der für einen erheblichen Aufwand eine behindertengerechte Toilette eingebaut wurde, obwohl in den letzten 3 J. nur einmal ein Rollstuhlfahrer für wenige Minuten dort war. Gleichzeitig müssen wir Mitarbeiter auf baufällige, ekelerregende WCs.
Der Rest gekürzt, da nur noch wenige Zeichen übrig:
Ersetzen der Mehrkosten für Hartz IV durch die Bundesregierung? - Wie wollen sie dies durchsetzen, wo wir den Bush-Einsatz schon nicht bezahlt bekommen.
Erweiterung des Informationsfreiheitsgesetzes? - Etwa wieder so weit, dass noch mehr Straftaten wegen Datenschutzes nicht aufgeklärt werden können? Schon jetzt ist es unerträglich, wie viele Straftäter durch das Meldegesetz ungreifbar werden!
Wie wollen sie die 5%-Hürde schaffen?
Sehr geehrter Herr Günther,
zunächst einmal bedanke ich mich für Ihr Interesse. Neugier ist ja oft ein erster Schritt zu Neuem. Das Bündnis für M-V ist zwar neu, aber auch wieder nicht. Wir sind in zahlreichen Kommunen von M-V bereits mit 5% - 10% in Gemeindeparlamenten vertreten, allerdings mit jeweils anderem Namen. Hier in Rostock ist es der Rostocker Bund, der sich einen Namen gemacht hat und vieles bewegt. Daher auch unsere Zuversicht, die 5%-Hürde nicht als unüberwindlich anzusehen. Unsere Bürgerschaftsfraktion vereint immerhin 7,7 %.
Entstanden ist das Bündnis für M-V aus einem Netzwerk unabhängiger Wählergruppen, die der Auffassung sind, dass Unabhängigkeit und Kommunalerfahrung M-V und dem Landtag gut tun könnten. Leider sieht das Wahlgesetz ausschließlich Parteien vor, die auf Landesebene antreten können. So entwickelten wir aus dem Netzwerk von Wählergruppen eine unabhängige Landespartei, die ausschließlich in M-V antritt.
Ein Parteiprogramm, wie Sie vermuten, haben wir nicht, sondern Grundsätze politischen Handelns. Programme werden einfach viel zu schnell nach Wahlen ad acta gelegt. Insofern passen unsere Formulierungen auch nicht ganz in das von kandidatenwatch vorgegebene Raster, wo möglichst nur Forderungen aufgenommen werden. Schauen Sie vielleicht in das ebenfalls geschaltete Gesamtdokument, um einen geschlossenen Eindruck zu erhalten. So haben wir auch keinesfalls als einzige Partei den Tourismus vergessen, stellen aber keine Forderung dazu auf, weil das Thema viel komplexer ist, z.B. im Rahmen von Kultur- und Wirtschaftsförderung. Dazu gehört u. a. auch die Entscheidung für einen Landesflugplatz (Laage), um Mittel zu bündeln und vieles mehr.
Wie würden wir unsere Vorstellungen finanzieren? Hier einige Stichworte:
Verbindung der Konsolidierung der Landesfinanzen (Haushaltssicherung) mit einer umfassenden verwaltungsinternen Reform (Verwaltungs- und Funktionalreform), um Spielräume für Entwicklung aus eigener Kraft zu eröffnen; Aufbau einer schlanken, ressourcenorientierten Verwaltung, die bürgerfreundlich, kostenbewusst und mitarbeiterorientiert ist; Straffung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren; Abbau von Mehrfachzuständigkeiten; umfassende Aufgaben- und Strukturkritik; Budgetierung mit Zielvereinbarungen. Die Verantwortung muss dort liegen, wo Kosten entstehen. Für die Sanierung des Haushalts in Rostock haben wir umfassende Vorschläge unterbereitet, die auch umsetzbar sind. Ebenso würden wir auf Landesebene arbeiten.
Bei der Frage der Einbeziehung von Menschen mit Behinderung sind wir uns einig, so viel Erleichterung wie möglich zu schaffen, wie Sie es ausdrücken. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist aber nicht nur Erleichterung, sondern vor allem die Ermöglichung von Eigenständigkeit. Dafür gibt es u. a. auch bundesweit gültige Bauvorschriften, die wir auf Landesebene weder abschaffen können noch wollen. Da ich das konkrete Gebäude, von dem Sie berichten, nicht kenne, kann ich mir kein Urteil erlauben. Ihrem Ansatz, kostengünstige Varianten zu suchen, kann ich jedoch zustimmen. Die von Ihnen geschilderte Toilettensituation ist nicht nachvollziehbar, aber wie gesagt von außen hinsichtlich der Ursachen auch nicht einschätzbar.
Ersetzen der Mehrkosten für Hartz IV: Derjenige, der Leistungen bestellt, wie hier der Bund, muss die Leistungen auch bezahlen, das ist unser Grundsatz. Gegebenenfalls muss das Land auch zu einer Klage gegen den Bund bereit sein, möglichst zusammen mit anderen Bundesländern. Als weiteren Schritt benötigen wir eine umfassende Reform der Gemeindefinanzierung, das ist ja längst auch eine Forderung des Städte- und Gemeindetages.
Die Aufklärung von Straftaten soll auf keinen Fall am Datenschutz scheitern. Das Informationsfreiheitsgesetz ist jedoch etwas ganz anderes. Da geht es um den Zugang von Informationen für jeden Bürger, insbesondere hinsichtlich von Verwaltungsvorgängen. Hier fehlt uns noch der Zugang zu den wirtschaftlichen Daten öffentlicher Unternehmen, wie es in anderen Ländern Europas bereits möglich ist.
Ich hoffe, Ihre Fragen wenigstens andeutungsweise beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Galina Koch