Frage an Gabriele Molitor von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Molitor,
1) Wie steht Ihre Partei zur WTO und zum Freihandel? Der G-20-Gipfel hat die nächste Doha-Runde der WTO faktisch für gescheitert erklärt und befürwortet zur weiteren Liberalisierung des Welthandels bilaterale statt multilaterale Handelsabkommen.Wie stehen Sie und Ihre Partei zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den ASEAN+3(China, Japan, Südkorea) und der von Merkel propagierten TAFTA (Transatlantic Free Trade Area)? Nach dem Frehandelsabkommen der EU mit Südkorea: Was halten sie von einem Freihandelsabkommen zwischen Deutschland, bzw,der EU mit China? Oder befürworten sie mehr die Forderungen von ATTAC in Richtung stärkere Regionalisierung?
2) Laut SZ scheinen die Forschungsgelder für ITER und Galileo nicht mehr zu reichen, sodaß über die Streichung eines der beiden Projekte diskutiert wird.Wie stehen sie zu beiden Projekten und: Welchem würden sie im Entscheidungsfall den Vorrang geben?? Wie stehen sie zur Kernfusion--wäre dies nicht die Lösung unserer Energieprobleme für die Zukunft? Allerdings hört man, daß einige Länder Hybridreaktoren ( mit Atomkraft) bauen wollen, da sie nicht an einen schnellen Erfolg von ITER glauben und ihren Energiebedarf zuverlässig decken wollen.Wäre es nicht sinnvoll, angesichts des weltweiten Revivals der Kernkraft neuere AKWs zu bauen und nachzuziehen oder glauben sie, daß die regenerativen Energie ausreichen, um die Lücke zu füllen?
3) Wie stehen sie zur Elektromobilität und Elektroautos und Elektrorollern? Sehen Sie darin eine gangbarte Alternative zu den bisherigen Autos? In welchem Zeitraum und in welchem Umfang sehen sie hier Entwicklungsperspektiven?
4)Wie steht die FDP zum Euro?Ist er alternativlos? Ex-BDI-Chef Olaf Henkel hat im Bloomberg-TV erklärt, es gebe Überlegungen, in Europa 2 Eurozonen einzuführen--eine für wirtschaftlich schwächere, eine für stärkere Länder? Befürworten sie dies?
Was hält ihre Partei von einer europäischen Wirtschaftsregierung?
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Ostner
Sehr geehrter Herr Ostner,
vielen Dank für ihre Anfrage vom 30.06.2010, auf die ich im Folgenden näher eingehen möchte.
Die FDP tritt gegen jede Form von Protektionismus im internationalen Handel ein. Ein rascher Abschluss der laufenden Verhandlungen in der Welthandelsorganisation (WTO) und eine umgehende Wiederaufnahme der Doha-Runde wären die beste Absage an Protektionismus. Eine Euro-Amerikanische Freihandelszone TAFTA kann ein Instrument zur weiteren Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen sein. Sie muss WTO-konform ausgestattet werden. Auch bilaterale Handelsabkommen stellen eine Möglichkeit dar, auf die besonderen Gegebenheiten Deutschlands als exportstarkes Land in besonderem Maße einzugehen.
Was Ihre Frage bzgl. der Zukunft der Energieversorgung betrifft: Natürlich wollen wir Liberale die erneuerbaren Energien konsequent ausbauen. Langfristig strebt die FDP eine CO2-neutrale Energieversorgung an. Mittelfristig brauchen wir aber in einem Energiemix, der Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit vereint, die Kernenergie als Brückentechnologie. Denn wir haben noch einen weiten Weg vor uns, bis Erneuerbare Energien die Kernkraft verlässlich ersetzen können.
Ähnliches gilt für den Bereich der Elektromobilität. Für den Nutzer bzw. die Nutzerin bezahlbare Elektromobilität gibt es noch nicht. Finanzierungs- und Mobilitätskonzepte müssen in enger Zusammenarbeit mit VerbraucherInnen, Umweltverbänden, Wirtschaft und Wissenschaft erarbeitet werden. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht zu einem bestimmten Mobilitätsverhalten gezwungen werden. Welche technischen Lösungen sich am Ende am Markt behaupten können, darüber entscheidet letztlich nicht der Staat, sondern allein der Verbraucher bzw. die Verbraucherin. Um in naher Zukunft die Elektromobilität salonfähig zu machen, braucht es vor allen Dingen grenzüberschreitende Normen, welche z.B. eine einheitliche Tank- und Ladeinfrastruktur schaffen. Europa könnte in diesem Bereich eine Vorreiterrolle einnehmen und somit die internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Wenn Sie nach der Zukunft des Euros fragen, so vertreten wir Liberale eine eindeutige Position. Von zwei verschiedenen Eurozonen ist deshalb nichts zu halten, weil sie die Grundfreiheiten vor allem des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs verzerren würden. Eine einheitliche Währungszone ist unabdingbar für einen stabilen Wirtschaftsraum Europa. Der gemeinsame Währungsraum hat wirtschaftlichen Erfolg und Stabilität gebracht und sich gerade in der Wirtschafts- und Finanzkrise bewährt. Diese Überzeugung manifestierte sich besonders in der finanziellen Hilfe für Griechenland, dessen Staatsbankrott unabsehbare Folgen für die gemeinsame Währung gehabt hätte.
Eine europäische Wirtschaftsregierung läuft dem von uns Liberalen vertretenen wettbewerbsorientierten Ansatz zuwider. Vielmehr setzen wir uns für eine Stärkung der Offenen Methode der Koordinierung ein, durch die die einzelnen Länder in konstruktivem Wettbewerb best-practice-Modelle entwickeln können, die anderen Mitgliedsstaaten gegebenenfalls als Vorbild dienen können. Ein zu hohes Maß an Regulierung und Vereinheitlichung ist für eine freie Wirtschaftsordnung kontraproduktiv.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen hinreichend beantworten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Gabriele Molitor