Frage an Gabriele Lösekrug-Möller von Jakob R. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Lösekrug-Möller,
ich würde Ihnen am liebsten all meine Frage stellen, doch das würde den Rahmen hier sprengen.
Meine erste Frage wäre, wie es in einem Sozial- und Rechtsstaat möglich sein kann, dass man bei dem illegalen Herunterladen eines (!) Liedes, dass man legal für einen Euro kaufen könnte, von einem Anwalt (nicht mal einer Institution der Judikative) mit 500-1000 Euro abgemahnt wird. Im Gegensatz dazu bezahlt man beim Schwarzfahren (Ticketpreis 20 € + 40 € Strafe) 60€ Strafe.
Wenn man dieses Beispiel auf die Rechtssprechung die bei Urheberrechtsverletzungen anwendet, müsste man beim Schwarzfahren ja theoretisch zwischen 10.000-20.000€ bezahlen. Von den Bußgeldern im Straßenverkehr möchte ich garnicht anfangen.
Wie stehen Sie zu einer Reform des Urherrechtsschutzes?
Meine zweite Frage betrifft die Perspektive meines Heimatortes Uslar. Durch den Wegzug von jungen Abiturienten, den Zuzug von älteren Menschen ist meine Meinung, dass Uslar nicht mehr zu retten ist.
Wie rechtfertigen Sie in diesem Zusammenhang den Neubau der B241 in Uslar?
Ist dies nicht verschenktes Geld?
Muss für einen Erhalt dieser ländlichen Regionen nicht mehr getan werden, als eine Straße auszubauen?
Wieso werden Unternehmen denn nicht finanzielle Anreize gegeben damit sie sich in ländlichen Regionen ansiedeln?
Ich bedanke mich bereits im Vorraus für Ihre Antwort und verabschiede mich mit freundlichen Grüßen
Jakob Reiter
Sehr geehrter Herr Reiter,
vielen Dank für Ihre Fragen. Auch wenn ich, ehrlich gesagt, ganz froh bin, dass Sie nicht all Ihre Fragen gestellt haben. So kann ich mich konkret diesen zuwenden.
Die Entwicklung in der modernen Medienwelt und vor allem das tempo des Internets setzt natürlich klassische Politiktempi und auch Rechtssetzung ganz neue Grenzen. Sie haben mit Ihren Äußerungen natürlich Recht, dass vieles, was im Internet läuft, keinerlei klassischen Rechtsmustern mehr entspricht.
Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher werden Opfer von sogenannten Kostenfallen im Internet. Bereits im Juli hat die SPD-Bundestagsfraktion deshalb einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, mit dem der Abzocke im Internet wie auch fadenscheinige Gebührenmails ein für alle mal ein Riegel vorgeschoben werden könnte. Doch wurde in den zuständigen Ausschüssen der Gesetzentwurf durch die Koalition abgelehnt. Näheres unter http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,54070,00.pdf .
Sie sehen, von Seiten des Verbraucherschutzes versuchen wir, der modernen Medienwelt Regel zu geben und den Usern Schutz. Trotzdem ist es noch wichtiger, dass ein jeder Nutzer sehr gewissenhaft sich im netz verhält, sich immer gut informiert und nötige Schutzmaßnahmen trifft.
Das Internet hat nicht nur die Kommunikation revolutioniert, sondern auch die Informationsmöglichkeiten verbessert. Dabei hat sich die Verbreitung von Inhalten massiv beschleunigt. Texte, Bilder, Filme, Musikformate etc. stehen in überwältigendem Ausmaß zur freien Verfügung. Die Rechte der Urheber scheinen dabei kaum noch eine Rolle zu spielen. Die Grenzen zwischen legalen und illegalen Angeboten verwischen.
Die Leidtragenden dieser Entwicklung sind vor allem die Urheber: Autoren, Musiker und Produzenten. Das Urheberrecht, welches die Arbeit der Kreativen schützen soll, versagt für den Bereich des Internets – jeweils in seiner jetzigen Form. Die Debatte um ein effektives und praktikables Urheberrecht, das modernen Maßstäben und der Arbeit der Kreativen gerecht wird, ist nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch inmitten der SPD voll entbrannt.
Brauchen wir andere Lösungen für ein modernes Urheberrecht? Diese Fragen will das SPD-Forum „Kultur & Medien“ des SPD Landesverbandes Niedersachsen mit Interessierten diskutieren und ich möchte sie auf die Veranstaltung in Hannover am Mittwoch, den 17.11.2010 im Gartensaal des Künstlerhauses Hannover, Sophienstraße 2, 30159 Hannover hinweisen.
Was Ihre Frage zu Uslar angeht, sprechen Sie natürlich ein grundlegendes Problem Ihrer, wie meiner Region an, für die ich mich als politischer Repräsentant in Berlin verantwortlich fühle. Natürlich ist Straßenbau nicht alles und die regionale Wirtschaftsstärkung braucht viele Standbeine. Trotzdem sind schnelle und zuverlässige Infrastrukturwege ein wesentliches Standbein für Wirtschaftsansiedelung und Pflege.
Darüber hinaus setze ich aber auch auf Ausbildung von Fachkräften, auf den Faktor Tourismus in unserer Region und allen voran auf den Faktor gute Arbeit und gute Betreuungs- und Bildungsstrukturen für Kinder, um die Menschen erst in die Lange zu versetzen, auch arbeiten zu können.
Anlässlich der aktuellen Debatte im Bundestag letzte Woche zum Themenkreis der Entwicklung ländlicher Räume muss man feststellen: Der von CDU/CSU und FDP eingebrachte Antrag zur Stärkung ländlicher Räume ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Die Initiative von Schwarz-Gelb ist ein erneutes Beispiel ihrer halbherzigen und rückwärtsgewandten Politik. Wesentliche Punkte zur Stärkung ländlicher Regionen bleiben unberücksichtigt.
Als Mitglied der SPD Bundestagsfraktion setze ich mich für eine ressortübergreifende Politik, die sich an den Problemen der ländlichen Regionen orientiert und eine integrierte ländliche Entwicklung unterstützt, für die Bedeutung des Bürgerschaftlichen Engagements als tragende Säule des gemeinschaftlichen Zusammenlebens im ländlichen Raum, für die Frage von barrierefreien Angeboten insbesondere beim Naturerleben und eine Vermarktungsstrategie von naturtouristischen Angeboten im ländlichen Raum.
Erneut versteht Schwarz-Gelb ländliche Räume nur einseitig als Wirkungsfeld agrarischer Prozesse. Schwarz-Gelb setzt den Rotstift genau dort an, wo Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft und der ländlichen Räume gefördert werden. Sie kürzen die Mittel bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und Küstenschutz" um 100 Millionen Euro und bei der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" um zehn Millionen Euro. Als zentrale Förderinstrumente für ländliche Räume tragen diese Kürzungen wesentlich zu ihrer Schwächung bei.
Meine Devise ist: Wir wollen nicht die Kopie der Ballungsräume auf dem Land, sondern die spezifisch ländlichen Dorf- und Arbeitsstrukturen fördern.
Gabriele Lösekrug-Möller