Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Jürgen B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,
auch wenn Sie scheinbar etwas gegen häufige Fragen haben ("einmal mehr wenden Sie sich über Abgeordnetenwatch mit einer Frage an mich ..."), halte ich Sie als Abgeordnete für Lübeck als Ansprechpartnerin - Sie sind gewählt und dürfen gerne ein weiteres Mal antworten.
Der Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes, in dem unmissverständlich dargelegt wird, dass Armut in Deutschland kein Nebenthema ist - es sind 12,5 Millionen BürgerInnen betroffen! -, wird m.E. von den Regierungsparteien, denen auch Ihre SPD angehört, wenig öffentlich diskutiert.
Dass die Armutsspirale mit den Gesetzen und Gerhard Schröder ihren Lauf nahm, ist in Fachkreisen unumstritten.
Welche konkreten Maßnahmen werden Sie gegen die grassierende Armut, von der auch viele Kinder betroffen sind, fordern - auch gegen das Verschweigen der Regierung?
Wie ist es bestellt um den Grundgesetzartikel, in dem geschrieben steht: Eigentum verpflichtet? Wie steht es also um eine gerechtere Verteilung von "Überfluss"? Wie kann es sein, dass in Deutschland die reichsten 10% mehr und mehr Besitz und Eigentum in den letzten 15 Jahren anhäufen, ohne dass die SPD auch nur irgendeine Gegenmaßnahme ergreift? Wie war es möglich, dass unter Schröder der Höchsteinkommenssteuersatz weit unter den gesenkt wurde, der unter der CDU-Regierung Kohls galt - diese Maßnahme war der Beginn einer Umverteilung von unten nach oben?
Ich freue mich auf eine Antwort von Ihnen - insbesondere eine aussagekräftige in Hinsicht auf Ihre eigenen Initiativen zu dem Thema!
Eine Entschuldigung, dass ich Sie als Bundestagsabgeordnete "einmal mehr" befrage, halte ich für obsolet: Ich halte Sie verpflichtet dazu, Fragen von BürgerInnen zu beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
J.Georg Brandt
Sehr geehrter Herr Brandt,
im Folgenden erläutere ich Ihnen unsere SPD-Politik insbesondere gegen Armut und Altersarmut und für die Verringerung von Ungerechtigkeiten:
Die Bekämpfung von Armut und Altersarmut ist ein wichtiges erklärtes Ziel der SPD. Dafür ist es unerlässlich, die Erwerbsarmut zu bekämpfen. Denn nur wer ein ordentliches Einkommen hat, kann später auch eine auskömmliche Rente erhalten.
Aus diesem Grund hat sich die SPD lange gemeinsam mit den Gewerkschaften und letztendlich erfolgreich für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns eingesetzt. Dieser ist Gesetz und startete zum 1. Januar 2015 mit 8,50 Euro pro Stunde. Rund vier Millionen Menschen in Deutschland, etwa 20.000 davon in Lübeck, profitieren davon und erhalten höhere Einkommen.
Erste Befunde zeigen, dass der Mindestlohn keine Arbeitsplätze gekostet hat, aber durchaus dazu führt, dass mehr Menschen mehr Geld zur Verfügung haben und dieses auch ausgeben. Und dies wird wahrscheinlich dazu führen, dass es sogar eher zu Neueinstellungen wegen des Mindestlohnes als zu Entlassungen kommt. Das sind zum Beispiel die ersten Erkenntnisse des Einzelhandels, die einen seit Jahresbeginn deutlich steigenden Umsatz von plus 5,3 Prozent beobachten und dies ausdrücklich auf den Mindestlohn zurückführen.
Genau dies war auch eine beabsichtigte Wirkung des Mindestlohnes: Menschen sollen keine Dumpinglöhne mehr erhalten, von ihrem Verdienst leben können und auch weniger auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen sein. Zudem erhoffen wir uns dadurch Konjunkturimpulse wie sie jetzt bereits im Einzelhandel zu beobachten sind und hoffen, dass es dadurch auch zu mehr Beschäftigung und damit zu weiteren Verbesserungen für viele Menschen in unserem Land kommt.
Die Höhe des Mindestlohns wird erstmalig von einer Kommission der Tarifpartner, also von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, im Jahr 2016 überprüft und gegebenenfalls zum 1. Januar 2017 angepasst. Danach erfolgen Prüfung und Anpassung alle zwei Jahre.
Gleichzeitig beinhaltete das Gesetzespaket neben dem Mindestlohn außerdem die Stärkung der Tarifautonomie, in dem Allgemeinverbindlichkeitserklärungen nach dem Tarifvertragsgesetz erleichtert und das Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf alle Branchen erweitert werden. Tarifverträge können somit zukünftig leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden und auf die gesamte Branche erstreckt werden, so dass sie auch für alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der gleichen Branchen gelten, die nicht Mitglied des Verbandes bzw. der Gewerkschaft sind, die den Tarifvertrag ausgehandelt haben. Durch die Öffnung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für alle Branchen ist es nun möglich, verbindliche Branchen-Mindestlöhne, die ab 2017 oberhalb des allgemeinen Mindestlohnes liegen müssen, festzulegen. Auch auf diese wichtigen Neuregelungen für höhere Löhne und Gehälter in Deutschland, die die Lebenssituation von Millionen Menschen verbessern wird, hatte die SPD seit Jahren vehement gedrungen.
Daneben tritt die SPD dafür ein, dass prekäre Beschäftigung abgebaut und normale sozialversicherungspflichtige Arbeit gestärkt wird. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass der Missbrauch von Werkverträgen beendet und die Leiharbeit neu geregelt wird. Und auch im Bereich der Arbeitsvermittlung haben wir die Kürzungen der Vorgängerregierung für die Mittel der Jobcenter zur Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt gestoppt und 1,4 Milliarden Euro zusätzlich durchsetzen können. Zudem startet gerade ein Maßnahmenpaket gegen Langzeitarbeitslosigkeit, um weiteren Menschen eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Aktuell arbeiten wir zudem an einer Änderung beim Arbeitslosengeld I. Wir wollen wieder mehr Menschen den Zugang zum Arbeitslosengeld I eröffnen. Deshalb werden wir die Rahmenfrist zur Erfüllung der Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld I von zwei auf drei Jahre verlängern, sodass zukünftig mehr Menschen Anspruch auf das in der Regel höhere Arbeitslosengeld I haben.
Um der Steigerung der Mieten entgegenzuwirken, hat sich die SPD bereits im Bundestagswahlkampf 2013 für eine Mietpreisbremse ausgesprochen, die wir auch im Koalitionsvertrag gegen CDU und CSU durchgesetzt haben. Im Bundestag haben wir das Gesetz am 5. März 2015 beschlossen. Nach den derzeitigen Planungen wird der Bundesrat seine Beratungen Ende März abschließen. Dann kann das Gesetz wie geplant im April 2015 im Bundesgesetzblatt verkündet werden und würde dann am 1. Juni 2015 in Kraft treten.
Eine hinsichtlich Armut zweifelsfrei wichtige Frage ist die Höhe der Grundsicherungsleistungen des Arbeitslosengelds II. Es soll – wie auch andere Sozialleistungen, beispielsweise die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – das sogenannte physische und sozio-kulturelle Existenzminimum sicherstellen. Daher sollen und müssen die Regelsätze der Grundsicherung so ausgestaltet sein, dass man davon vernünftig im Sinne des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum leben kann. Dies ist derzeit meiner Ansicht nach nicht gegeben, da die aktuellen Regelsätze teilweise fehlerhaft sowie willkürlich ermittelt wurden. Dies wurde von uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten auch immer wieder kritisiert. Die SPD setzt sich daher dafür ein, die Grundsicherungsbedarfe gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsnah und nachvollziehbar zu ermitteln. Bei einer vernünftigen Neuberechnung gehe ich davon aus, dass sich die Regelsätze erhöhen werden. Ich war in der letzten Legislaturperiode Berichterstatterin für diese Thematik und habe die SPD-Position hierzu federführend erarbeitet, die Sie den Anträgen Drucksache 17/880 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/008/1700880.pdf) und Drucksache 17/3648 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/036/1703648.pdf) entnehmen können.
Für das Bildungs- und Teilhabepaket, das Teil des sozio-kulturellen Existenzminimums ist und 2011 auf unseren Druck hin über den Vermittlungsausschuss des Bundesrates eingeführt wurde, war ich ebenfalls die zuständige Berichterstatterin. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung gegen Kinderarmut. Zur weiteren Verbesserung der Situation von Kindern habe ich nach mehreren Fachgesprächen mit Expertinnen und Experten sowie Verbänden federführend eine umfassende SPD-Position zur Weiterentwicklung des Bildungs- und Teilhabepakets erarbeitet, die sich in Drucksache 17/13194 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/131/1713194.pdf) wiederfindet: Wir wollen vor allem Investitionen in Infrastruktur, die vor allem Kindern aus schlechter gestellten Familien zu Gute kommen: Kitas und Horte sollen ausgebaut, Schulen zu Ganztagsschulen umgestaltet und diese mit umfassendem Betreuungs-, Freizeit- und Lernförderangeboten nebst Schulsozialarbeit ausgestattet werden. Außerdem streben wir eine Mittagsverpflegung an, die möglichst für alle Kinder diskriminierungsfrei angeboten wird.
Leider ist es jedoch offen, ob und inwiefern Veränderungen beim Bildungs- und Teilhabepaket oder bei der Regelsatzberechnung in der aktuellen Großen Koalition mit CDU und CSU umsetzbar sind.
Die Grundsicherung im Alter, die dieselbe Höhe aufweist wie das Arbeitslosengeld II, da sie ebenfalls das Existenzminimum absichert, haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unter rot-grüner Regierungszeit als sogenannte rückgriffsfreie Grundsicherung 2003 eingeführt. Sie trägt erheblich dazu bei die versteckte Armut zu verringern, da Menschen, die keine existenzsichernde Rente haben, bis 2003 zum Sozialamt gehen und auch die Einkommensverhältnisse ihrer Angehörigen offenlegen mussten. Viele alte Menschen haben zuvor auf Sozialhilfe verzichtet und von oft deutlich weniger als dem Existenzminimum gelebt, damit ihre Angehörigen nicht herangezogen wurden. Hier gilt hinsichtlich der Regelleistungshöhe dasselbe wie oben beim Arbeitslosengeld II ausgeführt.
Hinsichtlich der von Ihnen erwähnten Armutsberichterstattung möchte ich darauf hinweisen, dass in jeder Legislaturperiode ein Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vorgelegt und ausführlich, auch in Parlamentsdebatten, diskutiert wird. „Lebenslagen in Deutschland – Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung“ heißt der Bericht zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands mit einem speziellen Fokus auf Armut offiziell. Eingeführt wurde der Bericht durch die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2000. Die Berichte werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorbereitet. Für die Erstellung ist ein ständiger Beraterkreis mit Vertretern der Länder, Kommunen, Verbände, Institutionen und der Betroffenenorganisationen zuständig. Darüber hinaus wurde ein Gutachtergremium mit Fachwissenschaftlerinnen und Fachwissenschaftlern gebildet, dessen Mitglieder die Berichterstattung mit themenspezifischen Fachgutachten unterstützen. Sie finden den letzten Bericht unter anderem hier: http://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/a334-4-armuts-reichtumsbericht-2013.html
Auch im Bereich der Rentenversicherung hat die SPD bei den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und damit gegen Altersarmut viel verbessert. Innerhalb der Großen Koalition haben wir viel durch- und teilweise bereits in Kraft setzen können: Das Rentenpaket ist bereits zum 1. Juli 2014 in Kraft getreten und hat zum Ziel, dass Lebensleistung und langjährige Beitragszahlung in der Rente besser berücksichtigt werden. Es beinhaltet die Rente ab 63 Jahren: Langjährig Beschäftigte, die 45 Jahre oder länger Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, können nun zwei Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter abschlagsfrei in Rente gehen. Auch die Erziehungsleistung von Müttern und Vätern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, wird in der gesetzlichen Rentenversicherung stärker gewürdigt. Durch die Berücksichtigung eines weiteren Erziehungsjahres erhöht sich deren Rente um aktuell 28,61 Euro pro Monat und Kind. Außerdem wurde die Zurechnungszeit bei der Erwerbsminderungsrente verlängert, wodurch Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig sein können, nun eine höhere Erwerbsminderungsrente erhalten. Damit die Erwerbsfähigkeit der Menschen und damit auch die Chance auf eine höhere Altersrente erhalten bleiben, wurde im Rahmen des Rentenpakets auch das Budget für medizinische und berufliche Rehabilitationsleistungen erhöht.
Als weitere Maßnahme gegen Altersarmut hat sich die SPD in der Großen Koalition zudem erfolgreich für die Einführung einer solidarischen Lebensleistungsrente eingesetzt, die für langjährig Versicherte mit niedrigen Rente einen Abstand zur Grundsicherung im Alter schaffen soll: Wer 40 Jahre in die Rente eingezahlt hat und trotzdem im Alter weniger als 30 Rentenentgeltpunkte Alterseinkommen (Einkommensprüfung) erreicht, soll durch eine Aufwertung der erworbenen Rentenentgeltpunkte bessergestellt werden. Dies kommt vor allem Geringverdienern zugute und Menschen, die Angehörige gepflegt oder Kinder erzogen haben. Bis 2023 gilt zudem eine Übergangsregelung, wonach 35 Beitragsjahre ausreichen. In allen Fällen werden bis zu fünf Jahre Arbeitslosigkeit wie Beitragsjahre behandelt. Danach soll zusätzliche Altersvorsorge als Zugangsvoraussetzung erforderlich sein. In einer zweiten Stufe sollen diejenigen, die trotz der Aufwertung nicht auf eine Rente von 30 Entgeltpunkten kommen, jedoch bedürftig sind (Bedürftigkeitsprüfung), einen weiteren Zuschlag bis zu einer Gesamtsumme von 30 Entgeltpunkten erhalten. Die Finanzierung erfolgt aus Steuermitteln. Diese Regelung soll bis 2017 geschaffen werden.
All diese Maßnahmen dienen dazu, die Lebenssituation von vielen Menschen in unserem Land zu verbessern. Wir sind froh, dass wir vergleichsweise viel von unserem Programm in der Großen Koalition umsetzen konnten. Das ist bei unserem Koalitionspartner CDU/CSU und in Hinblick auf unser Wahlergebnis nicht selbstverständlich. Wir müssen jeden Tag aufs Neue viel Überzeugungsarbeit leisten und viele eigentlich verhandelte Gesetzesinitiativen werden lange blockiert und verzögert wie z. B. die Mietpreisbremse.
Ich will gar nicht verschweigen, dass wir gern noch viel mehr unserer Vorstellungen, Forderungen und Beschlüsse umgesetzt hätten. Insbesondere würden wir gern eine größere Verteilungsgerechtigkeit herstellen, um die Schere zwischen Arm und Reich wieder etwas zu schließen und beispielsweise höhere Unterstützungsleistungen wie das Arbeitslosengeld II zahlen zu können. Zur Finanzierung dessen hätten wir im Sinne einer gerechteren Steuerpolitik und faireren Lastenverteilung gern Steuererhöhungen für Bürgerinnen und Bürger mit hohen Einkommen oder großem Kapital- und Vermögensbesitz beschlossen. Dass aber Koalitionsverträge immer auch Kompromisse bedeuten, zeigt sich beispielsweise daran, dass die Unionsseite jegliche Steuererhöhungen kategorisch abgelehnt und dies daher leider nicht durch diese Bundesregierung umzusetzen ist.
Zur von Ihnen angesprochenen Politik unter Gerhard Schröder möchte ich zu bedenken geben, dass die damaligen Maßnahmen vor etwa 10 Jahren in Zeiten mit ganz anderen Voraussetzungen getroffen wurden. Damals waren die Wirtschaftsdaten schlecht, Unternehmen und Kapital wanderten ab und insbesondere die Arbeitslosigkeit war mit etwa 5 Millionen Menschen auf Rekordniveau. Politik ist nicht statisch und muss sich auf die jeweilige Situation einstellen. Die damaligen Reformen waren mutig, aber manches hat sich ohne Frage nicht so wie erhofft entwickelt. Ein schlichtes weiter so war aber unter der damaligen Situation auch nicht der richtige Weg und nicht möglich gewesen. Denn hätte man damals nicht reagiert, hätte das auch schwerwiegende Folgen für die „kleinen Leute“ haben können – beispielweise durch weiter steigende und sich verfestigende Arbeitslosigkeit sowie zusammenbrechende Sozialsysteme. Hätten wir die Reformen damals weiter unter einer SPD-geführten Regierung begleiten können, wären notwendige Anpassungen wie beispielsweise bei der Leiharbeit oder die Einführung des Mindestlohns, die wir nun hart in den Koalitionsverhandlungen gegen die CDU durchsetzen mussten, auch bereits früher erfolgt. Denn unter den Bedingungen einer guten Konjunktur kann und muss man natürlich auch wieder anders und neu gestalten. Die Schere zwischen Arm und Reich und die Bildungsungerechtigkeit bleiben die großen Herausforderungen.
Unser Wahlprogramm nebst unseren Forderungen und Parteibeschlüssen zeigt aber eindeutig, dass die SPD die Partei der „kleinen Leute“ ist und bleibt. Und wir werden uns immer für deren Interessen einsetzen. So haben wir verschiedenste weitere Vorstellungen zur Bekämpfung von Armut in unserem Wahlprogramm, für dessen Umsetzung wir uns auch weiterhin einsetzen werden. Diese können Sie sich im Detail unter www.spd.de/95466/regierungsprogramm_2013_2017.html ansehen. Beispielsweise dezidierte Positionen zur Verbesserung der Situation von Familien mit geringen Einkommen: Einerseits Investitionen in Infrastruktur, die allen zu Gute kommen: Kitas und Horte sollen ausgebaut, Schulen zu Ganztagsschulen umgestaltet und diese mit umfassendem Betreuungs-, Freizeit- und Lernförderangeboten nebst Schulsozialarbeit ausgestattet werden. Außerdem streben wir eine Mittagsverpflegung an, die möglichst für alle Kinder diskriminierungsfrei angeboten wird. Zudem wollen wir alle Bildungsangebote – von der Kita bis zur Uni – gebührenfrei anbieten. Denn bei uns in Deutschland sind die Chancen für Kinder ungleich verteilt. Denn immer noch hat der Erfolg in der Schule, Ausbildung oder an der Uni vor allem etwas mit dem Kontostand der Eltern zu tun.
Neben einer guten Infrastruktur brauchen Familien aber andererseits auch eine gute materielle Absicherung. Daher setzen wir uns für mehr Gerechtigkeit und Zielgenauigkeit in der Familienförderung ein. Heute bekommt Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener mehr Entlastung für seine Kinder als ein Normalverdienerinnen und Normalverdiener, dies ist ungerecht. Gleichzeitig gelingt es im aktuellen System nicht, materielle Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Deshalb wollen wir den Familienleistungsausgleich umbauen: Mit unserem „sozial gestaffelten Kindergeld” wollen wir ein einkommensabhängiges Kindergeld für geringe und untere mittlere Einkommen einführen, in das wir den bisherigen Kinderzuschlag integrieren. Dies würde Familien mit kleineren Einkommen überdurchschnittlich fördern.
Aktuell setzen wir uns in der Großen Koalition als SPD geschlossen dafür ein, dass die Kindergelderhöhung höher als die von CDU-Bundesfinanzminister Schäuble vorgeschlagenen 6 Euro ausfällt. Zudem wollen wir ein Gesamtpaket, dass auch Alleinerziehende und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen, die besonders von Armut bedroht sind, künftig besser hilft.
Wenn man die realen Möglichkeiten, die das Wahlergebnis der letzten Bundestagswahl ermöglicht hat, betrachtet, blieb nur die Frage, ob man diese Regierung mit CDU und CSU eingeht und versucht so viel wie möglich von unseren Vorstellungen umzusetzen, um das Leben für viele Menschen in unserem Land zu verbessern, oder ob man sich dieser Verantwortung verweigert und in der Opposition mit kaum Gestaltungsmöglichkeiten bleibt. Wir sehen die Große Koalition als Juniorpartner aber nur als eine Etappe. Es ist nicht unser Anspruch, ständiger kleiner Koalitionspartner von CDU und CSU zu sein. Wir hoffen sehr darauf, dass es bei der nächsten Wahl ein besseres Wahlergebnis für die SPD und hoffentlich eine linke Regierungsmehrheit gibt, um dann auch für eine größere Umverteilung und damit mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm