Frage an Fritz Kuhn von Beate K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Fritz Kuhn
würden Sie sich für das Recht auf Mitbestimmung in einem länderübergreifenden Konzern stark machen?
trans-o-flex (tof) ist Ihnen bestimmt ein Begriff, doch nur Wenige wissen, dass „tof“ mehr als nur ein bundesweit agierendes Logistikunternehmen ist. „tof“ ist ein Konzern im Konzern, ein europaweites Firmenkonglomerat welches mehrheitsanteilig von einer Gesellschaft der österreichischen Post gehalten wird.
Wir sind Betriebsräte mehrer Tochterunternehmen, die sich zu einem Konzernbetriebsrat vereinigt haben - und entschlossen die Öffentlichkeit suchen.
Einst beschäftigte die „tof Schnell-Lieferdienst“ beinahe 2500 Mitarbeiter in 40 bundesweit verteilten Niederlassungen. Durch die gezielte Ausgliederung der Niederlassungen in so genannte Distributionsgesellschaften, die Abspaltung und den Verkauf dieser „DG’s“ an systemabhängige „Franchise-Unternehmen“, die Weiterbeschäftigung ehemaliger Auslieferungsfahrer als „Frachtführer“ sowie die Aufspaltung der Konzernzentrale in sechs GmbHs und einer Holdinggesellschaft, deren Anteilseigner vorübergehend aus ominösen Briefkastenfirmen auf Jersey bestanden, wurden inzwischen fast 2000 Arbeitsplätze umgelegt bzw. in ihrer gesicherten Form vernichtet.
Uns treibt nicht nur die bodenlose Ungerechtigkeit mit der hier gnadenlos Existenzen der Bereicherung geopfert werden, sondern die Verpflichtung vor unseren Mitarbeitern und dem Gesetz.
Im nächsten Schritt soll eine weitere GmbH geschlossen und erneut 17 Arbeitsplätze ersatzlos gestrichen werden. Dabei lenkt das tof-Management mit seiner mitbestimmungsfeindlichen Haltung die Betriebsräte mit permanenter Behinderung von ihren eigentlichen Aufgaben ab. Im Aufsichtsvakuum findet so die verdeckte Manipulation im Dienst der Gier und gegen das Arbeitnehmerinteresse statt.
Über diese demokratiefeindlichen Vorgänge würden wir gerne mit Ihnen und der Öffentlichkeit sprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Vorsitzende des KBR der trans-o-flex, Beate Kress-Nabholz
Sehr geehrte Frau Kress-Nabholz,
vielen Dank für Ihre Frage. Meine Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und ich wollen die Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Unternehmen stärken. Die Bildung von Betriebsräten und gewerkschaftlichen Organisationen sind dafür wichtige Voraussetzungen. Ich bin der Meinung, die Arbeitnehmerseite sollte in Zukunft bei Entscheidungen über große Unternehmensumstrukturierungen – wie Verkäufen relevanter Unternehmensanteile oder Auslagerungen rechtlich gestärkt werden. Für alle Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten sollte künftig die paritätische Mitbestimmung gelten. Darüber hinaus sollte in Unternehmen mit 200 bis 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die drittelparitätische Mitbestimmung eingeführt werden.
Wir Grüne wollen das „Unternehmensinteresse“ im Aktienrecht konkretisieren. Vorstände und Aufsichtsrat dürfen ihr Handeln nicht nur am Shareholder Value ausrichten, sondern auch an den Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerinteressen sowie den Gemeinwohlinteressen.
Was das Internationale angeht: Wir Grüne streiten auch für europaweite arbeitsrechtliche Mindeststandards. Gute Arbeit heißt für uns, dass angemessene Löhne gezahlt werden und faire Arbeitsbedingungen vorherrschen. Die von der schwarz-roten Bundesregierung mitbeschlossene wöchentliche Höchstarbeitszeit von 65 Stunden und mehr lehnen wir ab. International organisierten Unternehmen müssen international organisierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entgegentreten können. Daher unterstützen wir Europäische Betriebsräte und fordern die Unternehmen auf, sie in Zukunft stärker in wichtige Firmenentscheidungen einzubeziehen
Mit freundlichen Grüßen,
Fritz Kuhn