Frage an Fritz Kuhn von Herbert S. bezüglich Recht
Hallo Herr Kuhn,
warum sind sie als bundesweit bekannter Politiker nur auf Listenplatz 2 während Listenplatz 1 von einer weitgehend unbekannten Frau besetzt wird?
So sehr ich auch ansonsten mit den Grünen sympathisiere, die Diskriminierung von Männern in ihrer Partei und die einseitige Bevorzugung von Frauen stört mich doch sehr! Das macht ihre Partei für mich unwählbar, für mich muß eine wählbare Partei zu der im Grundgesetz geforderten Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau stehen! Wie stehen Sie persönlich zu der Benachteiligung von Männern in ihrer Partei?
Sehr geehrter Herr Schmitz,
zunächste einmal ist unsere Baden-Württemberger Listenkandidatin auf Platz 1, Uschi Eid, keineswegs unbekannt. Sie ist eine Grüne der ersten Stunden, sie ist Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit und Afrika-Beauftragte der Bundesregierung. Sie hat in dieser Funktion in der Fachwelt ein sehr hohes Ansehen, dass ihr über die Parteigrenzen hinweg den Namen "Miss Afrika" eingebracht hat. Und ich bin stolz darauf, mit solch einer engagierten und kompetenten Frau gemeinsam für die Grünen in Baden-Württemberg Wahlkampf zu machen.
Nun zu Ihrer Kritik an der von unserer Partei gepflegten Geschlechterquotierung, die Sie als diskriminierend gegenüber Männern ansehen. Grundsätzlich kann jede Frau und kann jeder Mann nach dem Grundgesetz auch auf jedem Listenplatz zu einer Wahlliste unserer Partei antreten. Aber wir Grünen haben uns selbst seit den 80er Jahren eine interne Regel als Selbstverpflichtung geschaffen. Nicht ohne Grund sondern aufgrund der realen Machtungleichgewichte zwischen Frauen und Männern in der deutschen Politik und in den Führungsebenen auch anderer Gesellschaftsbereiche haben wir uns für eine parteiinterne Geschlechterquotierung entschieden. Aus Überzeugung, weil wir für mehr Gleichberechtigung der Geschlechter sind und dem zumindest in dem uns zur Verfügung stehenden Bereich der parteiinternen Wahlen der klaffenden Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau laut Grundgesetz etwas entgegensetzen wollten.
Bei Wahlen mit mehreren Plätzen wählen wir - in der Regel, Ausnahmen hat es allerdings auch schon gegeben - auf den ungeraden Plätzen beginnend mit dem ersten Platz weibliche Kandidatinnen. Auf den geraden Plätzen können Frauen und Männer antreten, in der Regel aber sind es dann die Männer. In bestimmten Situationen kann das dazu führen, dass einzelne Männer das Nachsehen haben und zum Beispiel nicht in ein Parlament kommen. Makellos ist dieses Instrument daher nicht, aber welches ist das schon. Bessere Alternativen haben auch lange Debatten bisher nicht zu Tage gefördert.
Wir haben damit mehr Frauen in politische Führungsposten holen wollen und ein Zeichen auch für andere Parteien und Organisationen zu setzen versucht. Schaut man auf die Situation in den 80ern und auf heute, dann war das erfolgreich. Vergleichen Sie die Zusammensetzung der Parlamente und Regierungen hierzulande der 80er Jahre mit denen heute. Denn auch andere Parteien mussten und haben nachgezogen und mehr Frauen auf aussichtsreiche Plätze ihrer Wahllisten gesetzt - wenn sie auch weiterhin hinter unseren Frauenanteilen zurückbleiben. Aber es hat geholfen über unsere Parteigrenzen hinweg, das werden Ihnen auch ehrliche Stimmen der Andern bestätigen. Wir sehen das als Erfolg unserer Politik an und stehen dazu.
Mit freundlichem Gruß,
Fritz Kuhn, MdB
Bündnis 90/Die Grünen