Frage an Fritz Kuhn von Gerd G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kuhn,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe sie mehrmals aufmerksam gelesen. Sicher haben Sie einige Zeit in die Beantwortung meiner Fragen investiert; leider haben Ihre Antworten meine Bedenken nicht zerstreuen können. Wenn schon für Mitglieder von Bundestag und Bundesrat bei der Verabschiedung von neuen Gesetzen nicht eindeutig ist ob diese erfolgreich werden oder zu tief in Grundrechte eingreifen wie sollen da die Bürger den Beschlüssen ihrer gewählten Volksvertreter trauen? Aber das ist jetzt nicht meine Frage.
Kennen Sie den Entwurf zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag?
http://www.eco.de/servlet/PB/show/1948453/20070615%20Entw%2010%20Rundfunknderungsstaatsvertrag.pdf
§8 im Artikel 5 gibt den Landesrundfunkanstalten oder den von ihr beauftragten Stellen – sprich GEZ – weitgehende Rechte zur Erhebung von Daten bei nichtöffentlichen Stellen.
Im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung sollen künftig von den Providern die Vekehrsdaten 6 Monate lang gespeichert werden. Die Details sind Ihnen bestimmt bekannt.
Müssen wir nun damit rechnen dass diese Daten bald von der GEZ ohne richterlichen Beschluss abgefragt werden dürfen? Und der noch ungeborene Bundestrojaner als Brüderchen einen GEZ-Trojaner erhält?
Mit freundlichen Grüßen
Gerd Gräber, Weinheim
Sehr geehrter Herr Gräber,
der Entwurf zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist mir bekannt, obgleich sich der Bundestag damit formell nicht befasst. Rundfunk fällt in Deutschland in die Zuständigkeit der Länder. Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird demnach von den Ministerpräsidenten der Länder gestaltet und von den Landtagen verabschiedet.
Zwischen der geplanten Vorratsdatenspeicherung und der Neufassung des § 8 Absatz 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) besteht jedoch kein Zusammenhang.
Die von der Bundesregierung geplante Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung wird Anbieter von Telekommunikation und zum Teil von Telemedien (Anbieter von Internet-Zugängen und E-Mail-Diensten) betreffen, nicht aber die Rundfunkanstalten oder die GEZ. Zudem geht es auch um unterschiedliche Datenkategorien.
In dem neu gefassten § 8 Absatz 4 RGebStV geht es darum, den Rundfunkanstalten (bzw. in deren Auftrag der GEZ) die Befugnis zu geben, Adressdaten beim kommerziellen Adresshandel zu erheben. Die GEZ tut dies bereits seit einigen Jahren. Wir Grünen haben, ebenso wie Datenschützer, diese Praxis stets kritisiert. Der neu formulierte § 8 Absatz 4 RGebStV stellt zwar eine Verbesserung gegenüber den älteren Staatsverträgen dar, weil somit zumindest eine klare Rechtsgrundlage geschaffen ist, die einerseits die Befugnis zur Adressanmietung enthält, diese aber andererseits auf das unabdingbar Notwendige begrenzt.
In der Presse wurde dies unserer Einschätzung nach nicht ganz richtig wiedergegeben. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der vorher im Rundfunkgebührenstaatsvertrag angegebene Verweis auf das Bundesdatenschutzgesetz das Ausmaß der Adressanmietung verschleiert, so dass die Dimension auf den ersten Blick nicht offensichtlich war.
Die neue Fassung stellt also gegenüber der bisher geltenden datenschutzrechtlich eine gewisse Verbesserung dar. Nichtsdestotrotz setzen wir Grüne uns weiterhin für eine Verbesserung des Datenschutzes auch im Rundfunkgebührenstaatsvertrag ein und sprechen uns generell klar dagegen aus, dass die Rundfunkanstalten oder die GEZ Adressen einkaufen dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Kuhn