Frage an Fritz Kuhn von Horst K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Danke für Ihre Antwort zum Thema des Tornado-Einsatzes in Afghanistan (16.03.07, Petrick). Dem stimme ich zu.
Glauben Sie persönlich an einen Sieg der Demokratie über die Taliban oder ganz allgemein an die Durchsetzung normaler Verhältnisse nach westlichem Verständnis in einem Land, das offensichtlich ganz anderen Maßstäben gehorcht? Auch angesichts aller Anstrengungen und Erfolge Deutschlands und Europas in diesem Land scheint mir eine Lösung auf der Grundlage unserer Rationalität und Humanität nicht möglich. Wenn es um humanitäre Fortschritte und Rationalität ginge, dürften die Taliban keine Grundlage und Anhängerschaft finden. Ist nicht vielmehr die Zersplitterung und anti-zentralistische Tendenz der traditionellen Stammesgesellschaft Afghanistans der Faktor (plus Korruption, anti-westlicher Animus usw., der alle unsere Bemühungen von vornherein scheitern läßt?
Sehr geehrter Herr Krauss,
mit Sicherheit erschweren die von Ihnen genannten Voraussetzungen unsere Bemühungen um ein stabiles Afghanistan. Ich möchte noch einmal daran erinnern, warum Deutschland sich in Afghanistan engagiert.
Nach den Anschlägen auf das World Trade Center und dem Ausrufen des Bündnisfalles im Jahr 2001 waren wir Grüne dafür, dass es nicht nur einen Kampf gegen den Terrorismus geben darf, sondern dass mit Hilfe von zivilem Wiederaufbau, der selbstverständlich militärisch durch die Nato abgesichert werden musste, auch Nation Building betrieben wird. Nach über 25 Jahren Bürgerkrieg sollte Afghanistan zur Ruhe kommen. Auf dem Petersberg bei Bonn tagten die maßgeblich von Außenminister Joschka Fischer initiierten Afghanistan-Konferenzen, deren Ziel die Planung des Wiederaufbaus des Landes war. Petersberg war der Abschluss jenes Prozesses, den die Vereinten Nationen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern afghanischer Gruppen in Angriff genommen hatten, um die ersten entscheidenden Schritte zu tun, nach dem Sturz der Taliban ein demokratisches und friedliches Afghanistan aufzubauen.
Zugleich war es gelungen, die Verpflichtung der Staatengemeinschaft zu einer langfristigen Hilfe zum Wiederaufbau und einer langfristigen Stabilisierung zu erreichen.
Es wurde ein Verfassungsprozess auf den Weg gebracht, der sich an der so genannten Loya Jirga, der Stämmeversammlung, orientierte und der auf die Zustimmung der Afghanen gegründet war. Von afghanischer Seite wurde in schwierigen Verhandlungen eine Verbindung zwischen den vielfältigen Traditionen in Afghanistan - dazu zählen die Stammestraditionen wie auch der Islam - mit modernen Grundsätzen, den Menschenrechten und der Achtung der Rolle von Frauen und Mädchen, hergestellt. Nach den Jahren des Krieges gab es endlich einen Entwurf - eine Definition - wie ein freies Afghanistan aussehen könnte.
Wir sind auf den ausdrücklichen Wunsch der afghanischen Regierung dort um zu helfen, genau diese Ziele umzusetzen.
Mit besten Grüßen
Fritz Kuhn