Frage an Fritz Kuhn von Johannes S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Kuhn,
ist es gesetzlich und juristisch völlig in Ordnung, wenn nach 5 Jahren Ehe (plus einem Trennungsjahr) der Mann, bei dem ein 8-jähriger Junge aus der gemeinsamen Ehe lebt, vollen Unterhalt für seine geschiedene Frau (+Tochter) zahlen muss, wenn bei ihr die gemeinsame 7-jährige Tochter lebt oder widerspricht es dem Grundgesetzleitartikel ´ Alle Menschen sind gleich´ ?
Die Frau hat eine abgeschlossene Berufsausbildung (gute Beschäftigungslage), zieht es aber (46-jährig) vor zu studieren und sich um die Tochter ´zu kümmern´, während die Richter dem Mann volle Arbeit zumuten, damit er den Unterhalt bestreiten kann. Inzwischen hat die Frau (über 50a alt) die Regelstudienzeit überschritten, es gäbe aber lt. Auskunft der Juristen keine Möglichkeit sie zu zwingen sich um Arbeit zu bemühen. Ein vernünftiges Leben für des Mannes zweite Ehe wird verunmöglicht, weil er als Sklave der deutschen Rechtsprechung missbraucht wird. Hier muss ein Fehler in der Gesetzgebung oder Rechtsprechung endlich ausgeräumt werden.
Sehr geehrter Herr Steigner,
bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung nicht zur Rechtsprechung und Rechtslage in einem konkreten Einzelfall äußere und auch keine Rechtsberatung vornehmen kann. In rechtspolitischer Hinsicht unterstütze ich in der Grundrichtung die vom Bundesministerium für Justiz vorgeschlagene Reform des Unterhaltsrechts, die sich zur Zeit in den parlamentarischen Beratungen befindet. Diese Reform sieht unter anderem eine stärkere Betonung der Eigenverantwortung nach der Ehe vor. Die Gerichte sollen dazu bewegt werden, Unterhaltsansprüche geschiedener Ehepartner eher und stärker als bisher zu befristen oder in der Höhe zu begrenzen und auf diese Weise Zweitfamilien zu entlasten. Das bisherige starre Altersphasenmodell der Rechtsprechung, wonach dem geschiedenen Ehepartner bei Alter des zu betreuenden Kindes bis 8 Jahre eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar und bei 8-14 Jahren nur in Teilzeit zumutbar ist, soll aufgebrochen werden. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen trägt dieses Ziel ausdrücklich mit.
Wir wollen allerdings - insoweit besteht Einigkeit -, nichts an den Regelungen zum Ausbildungsunterhalt für geschiedene Ehegatten ändern. Ein Unterhaltsanspruch der Ex-Ehegattin kann nämlich auch bestehen, wenn sie wegen der Eheschließung ihre Ausbildung abgebrochen oder gar nicht erst begonnen hat und dies nach der Trennung nachholen will, um später selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dies halten wir insbesondere aus gleichstellungspolitischen Gründen für richtig.
Bei der Unterhaltsreform begrüßen wir außerdem die vorgesehene Änderung in der Rangfolge der Unterhaltsansprüche in sogenannten Mangelfällen. Künftig sollen Unterhaltsansprüche der Kinder im Verhältnis zu denen anderer Unterhaltsberechtigter (so auch denen der geschieden Ehegatten) vorrangig sein. Auch wir wollen, dass Kinder in den Vordergrund gestellt werden. Wir gehen davon aus, dass sich die Motivation zur Unterhaltszahlung damit erhöhen wird. Deshalb hoffen wir, dass die Koalition bald ihre Streitigkeiten beendet und die Reform endlich verabschiedet werden kann.
Mit freundlichem Gruß,
Fritz Kuhn, MdB