Frage an Fritz Kuhn von René S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Kuhn,
ich bin Student der Uni-Heidelberg und werde in ca. einem Jahr mein Studium beendet haben. Dann heißt es auch für mich: auf einen Arbeitsplatz hoffen.
Ich würde in diesem Zusammenhang gerne von Ihnen wissen, wie Sie bzw. die Fraktion der Grünen zu der vom DGB-Bundesvorstand, Abteilung Jugend, von Silvia Helbig am Dienstag, 17. Oktober 2006 eingereichten Petition "Förderung der beruflichen Weiterbildung/Praktikum: Abgrenzung von Arbeitsverhältnissen per Gesetz" stehen.
Vielen Dank für Ihre Antwort im Voraus.
Sehr geehrter Herr Schultens
vielen Dank für Ihre Frage. Ich und meine Fraktion begrüßen im Grundsatz die Initiative des DGB und die starke Unterstützung des Anliegens von über 60.000 Menschen, die die Petition mitgezeichnet haben. Der Vorstoß unterstützt uns in unseren Bemühungen Bemühungen, das Thema Generation Praktikum auf die politische Agenda zu setzen. So bringen die Petition und der kürzlich vorgelegte grüne Antrag "Perspektiven für die Generation Praktikum schaffen" (siehe http://dip.bundestag.de/btd/16/035/1603544.pdf ) die Bundesregierung dazu, sich endlich mit der Lage der Generation Praktikum - also vor allem mit der Gruppe von Hochschulabsolventinnen und -absolventen in Praktika - auseinanderzusetzen.
Aus diesem Grund teilen wir das Grundanliegen der Petition, Perspektiven für die Generation Praktikum zu schaffen. Es ist jedoch noch zu klären, inwiefern die einzelnen, in der Petition dazu vorgeschlagenen Maßnahmen sinnvolle Schritte aus der Sackgasse Generation Praktikum darstellen. Eine ausschließlich gesetzliche Lösung - wie in der Petition gefordert - wird der vielschichtigen Problematik wird der Generation Praktikum sicherlich nicht gerecht. Wie wir in unserem Antrag skizziert haben, sind hierfür weitere Maßnahmen notwendig, die in einer ersten konzertierten Aktion umgehend angepackt und umgesetzt werden können. Dazu gehören insbesondere verbesserte Berufseinstiegsförderung und -beratung, umfangreiche Information von Praktikantinnen und Praktikanten über ihre Rechte oder ein unabhängig kontrolliertes Gütesiegel "Faires Praktikum". Es ist unser vordringliches Ziel, dass die Tarifpartner zu verbindlichen Vereinbarungen über eine zeitliche Begrenzung von Praktika kommen - unser Vorschlag geht dabei von maximal 4 Monaten aus.
Hinzu kommt, dass die Petition Forderungen enthält, die wir bundesgesetzlich nicht regeln können. Hierzu zählt beispielsweise die richtige und wichtige Forderung nach einer Verankerung von Praktika in den Studienordnungen. Dies lässt sich nur durch den Landesgesetzgeber oder an den einzelnen Hochschulen umsetzen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die Problematik unfairer Praktika auch in Bund-Länder-Gesprächen zu thematisieren und alle Verantwortlichen - u.a. Arbeitgeber, Gewerkschaften, Hochschulen, Arbeitsagenturen, Studierende/ Absolventen - für Initiativen für faire Praktika in ihrem Verantwortungsbereich zu gewinnen.
Die zentrale Forderung der Petentin nach einer gesetzlichen Mindestvergütung für Praktikantinnen und Praktikanten sehen wir allerdings eher kritisch. Wir befürchten, dass dies zu einem Niedriglohnsektor bzw. zweiten Arbeitsmarkt für Akademikerinnen und Akademiker führt. Mit einem Mindestlohn würde das eigentliche Problem zementiert anstatt beseitigt und Praktika möglicherweise überreguliert. Stattdessen sollten sich die Tarifpartner im Rahmen einer verbindlichen Selbstverpflichtung für eine Aufwandsentschädigung einsetzen.
Trotz der geäußerten Bedenken gegenüber einer gesetzlichen Lösung schließt die grüne Bundestagsfraktion diesem Weg nicht kategorisch aus. Wir werden die angekündigte rechtliche Prüfung durch das Bundesarbeitsministerium kritisch-konstruktiv begleiten. Sollte sich herausstellen, dass sinnvolle Ergänzungen und Präzisierungen im Berufsbildungsgesetz Perspektiven für die Generation Praktikum schaffen, sind wir für eine solche gesetzliche Lösung offen. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich ein Maßnahmenpaket vorzulegen, wie sie der Ausnutzung von Praktikantinnen und Praktikanten entgegen wirken will. Wir erwarten zudem, dass die öffentliche Hand, also auch die Bundesministerien und -behörden - anders als bislang - mit gutem Beispiel vorangehen.
Mit freundlichem Gruß,
Fritz Kuhn, MdB