Frage an Fritz Kuhn von Steffen B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Kuhn,
was werden Sie fuer die "Entbuerokratisierung" tun? Ich weise mein Einkommen mehrmals jaehrlich beim Arbeitsamt (Kindergeld), Wohngeldstelle, Finanzamt, Bauamt (Wohnungfoerderung), Buergeramt (GEZ-Befreiung) und Landesbank (Erziehungsgeld) nach. Ich bin Doktorant und verdiene selbststaendig ein paar Euro hinzu, so dass jeder Behoerdengang mit 30 Euro pro Stunde zu buche schlaegt. Muss das sein? Ist es nicht moeglich, sein Einkommen EINMAL im Jahr bei einem Finanzamt, das diesen Namen verdient, nachzuweisen und dann alle Steuern und Foerderungen gegeneinander aufzurechnen? Aehnliche beispiele aus anderen Bereichen fehlen gewiss nicht.
Mir ist bewusst, dass das nicht von heute auf morgen geht, daher meine Frage: Welche konkreten Schritte unternehmen Sie resp. werden Sie unternehmen, um dieser Verschwendung von Arbeitszeit (Verwaltungsarbeit in diesem Sinne erzeugt keinen Mehrwert) und damit Geld ein Ende zu bereiten? Tun Sie ueberhaupt etwas?
Mit freundlichem Gruss, Steffen Brinkmann
Sehr geehrter Herr Brinkmann,
auf Ihre Frage nach einer Entbürokratisierung des Steuersystems möchte ich zunächst kurz auf einen Teilerfolg der letzten Jahre hinweisen. Wir haben die Einkommensteuer gegenüber 1998 massiv und sozial ausgewogen um 11 Prozentpunkte über den gesamten Tarifverlauf gesenkt. Wir haben zudem den steuerfreien Grundfreibetrag von umgerechnet 6.322 Euro in 1998 auf heute 7.664 Euro angehoben. Dadurch müssen heute 1 Million Steuerpflichtige weniger eine Einkommenssteuererklärung abgeben als sie dies noch 1998 mussten. Dies war von uns im Rahmen der rot-grünen Steuerreform nicht nur eine Enlastung kleiner Einkommen sondern auch ein Stück Bürokratieabbau.
Als nächste Schritte geht es uns vor allem um weitere Strukturverbesserungen im Steuersystem. Wir wollen eine durchgreifende Vereinfachung der Einkommensbesteuerung im bisherigen Steuersystem erreichen und damit die Steuerbelastung gerechter verteilen. Weitere Steuersenkungen halten wir nicht für vertretbar. Unsere Einkommenssteuerreform wird daher aufkommensneutral sein bzw. zum Beispiel durch den Kampf gegen Steuerbetrug mehr Einnahmen bewirken.
Vereinfachung heißt für uns insbesondere eine stärkere Pauschalierung. Wir wollen für Werbungskosten und Betriebsausgaben eine ausreichend hohe und für alle Einkunftsarten einheitliche Pauschale von 2.000 Euro pro Jahr einführen.
Sinnvolle Steuervereinfachungen, wie die Steuerfreiheit der Trinkgelder sollen erhalten bleiben. So dürfte sicherlich auf Kirchhofs ominöser Streichliste auch die Abschaffung der Steuerfreiheit für Trinkgelder stehen. Doch gerade die dafür nötigen Kontrollen würden einen absurden Bürokratieaufwand erfordern, wie Experten bereits vorgerechnet haben und man sich auch leicht denken kann.
Wir wollen Sparen und private und betriebliche Altersvorsorge einfach und in ausreichender Höhe steuerlich fördern. Wir schlagen ein steuerlich gefördertes individuelles Altersvorsorgekonto vor: Einzahlungen darauf sind bis zu 3.000 Euro pro Jahr steuerfrei.
Die Steuergesetze sollen für die Bürger klar und verständlich formuliert sein. Wir wollen ein unabhängiges Sachverständigen-Gremium schaffen, das die Steuergesetze regelmäßig darauf prüft und deren Praxistauglichkeit testet.
Dies sind Vorschläge ganz praktischer Entbürokratisierung für die Steuerpflichtigen, die Bündnis 90/Die Grünen in der nächsten Wahlperiode umsetzen wollen. Offen und noch nicht abschließend entschieden ist für uns der weitere Vorschlag, die Anzahl der Einkunftsarten von derzeit sieben zu reduzieren. Ich persönlich kann mir eine solche Reduzierung auf 4 Einkunftsarten vorstellen, bei der die Einkünfte aus unternehmerischer Tätigkeit zusammengefasst werden.
Mit freundlichem Gruß,
Fritz Kuhn; MdB