Frage an Fritz Kuhn von Michael P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kuhn,
im September steht die Abstimmung im Bundestag zum ESFS ("Euro Rettung, in Wahrheit Bankenrettung) an.
Angesichts der Aussagen der Parteien ist davon auszugehen, dass das Gesetz mit großer parteiübergreifender Mehrheit verabschiedet werden wird.
Abgesehen davon, dass der Euro seit Einführung eine unendliche Geschichte des Rechts- und Vertragsbruches sowie ökonomischer Unvernunft ist, zeigen die Geschehnisse um dessen Einführung und dessen "Rettung" alle Merkmale einer Oligarchie und sind das Gegenteil von Demokratie.
"Wohlmeinende" Meinungsumfragen zeigen eine Ablehnung der Euro "Rettungsmaßnahmen" von ca. 70% in der Bevölkerung. Realistischere Umfragen liegen bei ca. 85% Ablehnung.
Unter der Annahme, dass Sie zu denjenigen Abgeordneten gehören werden, die dem ESFS zustimmen, bitte ich Sie angesichts der Umfragewerte, mir Ihr Verständnis einer repräsentativen Demokratie zu erläutern.
Sehr geehrter Herr Principato,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich halte den EFSF als Notfallinstrument für richtig, um den Euro-Staaten zu helfen, die sich in einer Notlage befinden und am Markt keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen. Der Rettungsschirm ist nicht nur Ausdruck der Solidarität in Europa, sondern er soll die Eurozone als Ganzes stabilisieren und verhindern, dass die Notlage eines Mitgliedstaates zu einer Notlage der gesamten Eurozone führt. Wir begrüßen aber auch, dass der jetzige Rettungsschirm von dem dauerhaften Stabilitätsmechanismus abgelöst wird.
Die Aufstockung des Rettungsschirms und Ausstattung mit neuen Instrumenten im September 2011 hat meine Fraktion unterstützt. Eine Erhöhung der Garantiesumme war wichtig, damit der Rettungsschirm sein Triple A Rating behalten konnte und das ursprünglich vorgesehene Ausleihvolumen behalten konnte. Die neuen Instrumente haben dem Euro-Rettungsschirm mehr Handlungsmöglichkeiten gegeben um auf die Krise zu reagieren: Die EFSF ist nun berechtigt, Anleihen von Krisenstaaten zu niedrigen Kursen am Sekundärmarkt zu kaufen. Das hat die Bundesregierung unter dem Druck der FDP lange Zeit verhindert. Zudem ist es der EFSF nun auch möglich Staatsanleihen am Primärmarkt aufzukaufen sowie Kredite und vorsorgliche Kreditlinien zur Rekapitalisierung von Banken zur Verfügung zu stellen.
In solch einer Krisensituation sehe ich auf der einen Seite natürlich die nachvollziehbaren Bedenken in der Bevölkerung. Andererseits sehe ich, wie oben geschildert, eine Notwendigkeit für die Aufstockung des Rettungsschirmes. Was ihre Frage bezüglich der repräsentativen Demokatie betrifft kommt es in solchen Momenten immer wieder zu einer nicht einfachen Abwägung, die ich als frei gewählter Abgeordneter treffen muss und dazu gehört auch, dass es Entscheidungen gibt, die im Kontrast zu Umfrageergebnissen stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Kuhn