Frage an Fritz Kuhn von Juergen E. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Kuhn
aufgrund des vielen Nachtraege, Ergaenzungen und Erweiterungen in den letzten 12 Monaten habe ich etwas den Ueberblick ueber meinen Schuldenstand /-Buergschaft fuer die Laender Griechenland, Irland und Portugal verloren.
lt Focus 19/2011 S.58 betraegt der akt. Wert fuer Deutschland 391 Mrd Euro. Fuer uns als 4-koepfige Famile waeren das rund 20.000 Euro.
Stimmen diese Zahlen?
Wie werden Sie im Bundestag bei der Verabschiedung des neuen ESM abstimmen? Fuer den deutschen Waehler und Steuerzahler?
Sehr geehrter Herr Engert,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der Euro hat in Europa Wechselkurs- und Geldwertstabilität gebracht. Dadurch spart die deutsche Wirtschaft jährlich ca. 10 Mrd. Euro. Die Inflationsrate ist seit Einführung des Euro gesunken und ist viel stabiler als zu Zeiten der D-Mark, wo die Inflationsraten zum Teil starken Schwankungen unterlagen. Außerdem profitiert Deutschland wie kaum ein anderes Land vom EU-Binnenmarkt. Mit der Schaffung des europäischen Binnenmarktes und der Einführung einer gemeinsamen Währung ist für die europäischen Unternehmen ein gemeinsamer Heimatmarkt entstanden, der ihre Wettbewerbsfähigkeit erheblich gesteigert hat. Die gemeinsame Währung hat letztendlich zu einem wahren Exportboom innerhalb der Eurozone geführt. Der Weg aus der Eurokrise kostet Mut, aber die politischen und wirtschaftlichen Kosten eines Scheiterns des Euro wären gerade für Deutschland enorm. Die Währungsunion hat die europäische Integration gestärkt. Ein Scheitern der Währungsunion würde das Projekt Europa gefährden. Dieses Projekt steht für 60 Jahre Frieden und Wohlstand.
Deutschland haftet für Kredite der Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit einem Anteil von 27 Prozent und mit einer Höchstsumme von 211 Milliarden Euro. Außerdem hat die Bundesrepublik im Jahr 2010 beschlossen, über die Kreditanstalt für Wiederaufbau Hilfskredite bis zu 22,4 Milliarden Euro an Griechenland zu geben. Deutschlands Anteil am Eigenkapital des Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) beträgt 21,6 Milliarden Euro. Dazu übernimmt die Bundesrepublik weitere Gewährleistungen in Höhe von 168 Milliarden Euro. Diese Summen fallen aber nicht zusätzlich zu den EFSF-Gewährleistungen an, sondern werden diese ersetzen. Sollte der ESM tatsächlich einen Verlust erleiden, würde ihn Deutschland zu 27,1 Prozent tragen müssen. Aufgrund des vorrangigen Gläubigerstatus des ESM ist dieses Risiko aber begrenzt.
Da es sich um Kredite und Garantien handelt, sind die tatsächlichen Kosten für Deutschland bisher überschaubar. Durch den griechischen Schuldenschnitt sind erstmals tatsächlich Kosten entstanden. Die Bad Bank der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) wurde dadurch zu Abschreibungen von sechs bis acht Milliarden Euro gezwungen. Für diese Verluste steht der staatliche Bankenrettungsfonds Soffin ein.
Die Hilfsmaßnahmen hätten aber wesentlich früher und somit günstiger geschehen können, wenn Bundeskanzlerin Merkel gleich zu Beginn der Krise entschlossen und vorausschauend gehandelt hätte. Meine Fraktion ist überzeugt, dass der ESM ein wichtiger Baustein ist, um die Eurozone langfristig zu stabilisieren. Er wird Euro-Staaten helfen, die sich in einer Notlage befinden und am Markt keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen. Er soll dafür sorgen, dass die Notlage eines Mitgliedstaates nicht zu einer Notlage der gesamten Eurozone führt. Wir fordern seit Beginn der Eurokrise die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds, denn er könnte klare Regeln für Finanz-Notfälle schaffen. Der ESM wird – auch wenn die Bundesregierung das nicht wahrhaben will – viele Ähnlichkeiten mit einem Europäischen Währungsfonds aufweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Kuhn