Frage an Fritz Güntzler von Nicole G. bezüglich Gesundheit
steigende Autismusrate - Ihre Zustimmung zur Neu-Zulassung von Glyphosat
Sehr geehrter Herr Güntzler,
die Forscherin Dr. Stephanie Seneff am MIT in Boston hegt den Verdacht, dass auf Grund der Glyphosat-Vergiftung unserer Nahrung durch den übermäßigen Einsatz von Roundup von Monsanto im Jahr 2050 rund die Hälfte der Kinder unter Autismus leiden wird.
Dr. Seneff wies darauf hin, dass die Seiteneffekte von Autismus denen von Glyphosat sehr ähnlich seien und präsentierte Daten, die eine bemerkenswert konsistente Korrelation zwischen der Anwendung von Roundup bei Getreide (sowie bei der Erzeugung von roundup-fähigem Saatgut) und der steigenden Autismusrate herstellten. Es macht den Eindruck, dass Kinder mit Autismus geringere Bio-Marker aufweisen, wie dies auch bei exzessiver Glyphosat-Nutzung feststellbar ist. Sie haben Zink- und Eisenmangel, niedrige Serumsulfatwerte sowie Krämpfe und Störungen der Mitochondrien.
Das Glyphosat in Roundup zielt auf den Shikimisäureweg in Bakterien, Pilzen, Algen, Parasiten und Pflanzen ab (verhindert die Biosynthese von Aminosäuren) und wirkt als extrem effektives Herbizid. Der Hersteller gibt dabei an, dass das chemische Gemisch für andere Organismen harmlos sei, da Menschen nicht über einen Shikimisäureweg verfügten.
Dr. Seneff widerspricht dieser Aussage jedoch. Die Darmbakterien im menschlichen Darm hätten ebenfalls diesen Säureweg und seien für uns entscheidend, um den Körper mit essenziellen Aminosäuren zu versorgen. Wenn diese nützlichen Bakterien durch Roundup abgetötet würden, könnten Krankheitserreger zunehmen und die Fähigkeit des Körpers, Aminosäuren zu synthetisieren, würde beeinträchtigt.
Warum haben Sie im Feb 2016 nach o.a. Erkenntnissen und Warnungen für die weitere Zulassung von Glyphosat gestimmt?
mfg, N.Grothey
Sehr geehrte Frau Grothey,
vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrer Frage zu meinem Abstimmungsverhalten bei der Zulassung von Glyphosat an mich wenden.
Ich habe gegen den Antrag der Grünen „Vorsorgeprinzip ernst nehmen – Keine erneute Genehmigung für Glyphosat“ gestimmt, da es für ein Verbot von Glyphosat auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse keinen sachlichen Grund gibt.
Der Wirkstoff Glyphosat ist seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen und wird in der Landwirtschaft zum Beispiel zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt. Das wohl bekannteste glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel ist das von Ihnen angesprochene „Roundup“. In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.
Anlass für die aktuelle Diskussion ist die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)“, einer Unterorganisation der Weltgesundheits-organisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten – auch innerhalb der WHO. Klar ist, die IARC verfolgt einen gefahrenbezogenen Ansatz, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotenzial eingestuft. Über das reale Risiko, das mit der Anwendung eines Stoffes verbunden ist, und ab welcher Intensität der Exposition eine gesundheitliche Gefährdung besteht, wird keine Aussage getroffen. Beispielsweise sind in der gleichen Kategorie wie Glyphosat auch die Arbeit als Friseur, Schichtarbeit und Mate-Tee eingestuft. Alkohol und Sonnenlicht finden sich sogar in der höchsten Risikokategorie „krebserregend für den Menschen“.
Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert und garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) kommt bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt es keinen Grund an der Expertise des BfR zu zweifeln. Denn mit seiner Einschätzung befindet sich das BfR im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden. So teilen die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA), das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber auch alle Zulassungsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU sowie von bspw. Australien, USA und Brasilien die Bewertung des BfR.
Dieser Einschätzung ist auch die European Food and Safety Authority (EFSA) gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben. In dem aktuellen Routineverfahren auf EU-Ebene geht es um die Frage, ob die Genehmigung für den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat über den 30. Juni 2016 hinaus verlängert werden soll.
Zuvor wurde bestätigt, dass bei sachgerechter Anwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier zu erwarten sind.
Nun ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert, die unterschiedlichen Bewertungen ihrer Gremien IARC (International Agency for Research on Cancer) und JMPR (FAO/WHO-Joint Meeting on Pesticides Residues) zu überprüfen und eine umfassende WHO-Position zu dem Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat zu erarbeiten. Den Auftakt zu dieser Arbeit hat eine WHO-Taskforce eingeleitet, die die unterschiedlichen Entscheidungsgrundlagen beider Institutionen herausgearbeitet hat.
Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln trete ich für ein fakten- und wissenschaftsbasiertes Verfahren ein. Für ein Verbot von Glyphosat gibt es auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse keinen sachlichen Grund. Deshalb befürwortet die Unionsfraktion eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen.
Selbstverständlich sind Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden und so auszubringen, dass sie für Mensch und Natur möglichst unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um jedes Risiko so weit wie möglich auszuschließen.
Ohnehin weisen deutsche Lebensmittel seit Jahren sehr gute Ergebnisse bei der Überprüfung auf Pflanzenschutzmittelrückstände auf. Laut dem zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden bei über 98 Prozent der Lebensmittel keine bzw. nur minimale, also deutlich unter den strengen gesetzlichen Grenzwerten liegende, Pflanzenschutzmittelrückstände festgestellt.
Die mediale Empörung über nachgewiesenes Glyphosat im Urin, welches die Grenzwerte für Trinkwasser überschritt, ist nicht ganz nachvollziehbar. Die Grenzwerte für Trinkwasser sind in Deutschland sehr streng. Nicht umsonst zählt das Trinkwasser bei uns als das am besten kontrollierteste Lebensmittel. Diese Grenzwerte finden jedoch keine Anwendung auf andere Produkte.
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist der maßvolle Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entscheidend. Dies muss bei gleichzeitig hohem Schutzniveau für den Mensch, Natur und Umwelt geschehen.
Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Güntzler, MdB