Frage an Friedbert Pflüger von Percy M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Pflüger,
Sie haben sich (und Senator Körting) im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Abschiebung der Familie Aydin am 23. Mai im "Tagessspiegel" mit dem starrsinnigen Diktator Kreon verglichen, der Antigone, die Verlobte seines Sohnes Haimon, einmauern ließ, weil sie - göttlichem Gesetz folgend - entgegen seiner törichten Anordnung ihren gefallenen Bruder Polyneikes mit Erde bedeckt und ihm durch dieses Ritual den Einzug in den Hades ermöglicht hatte. Der Seher Teiresias prophezeite Kreon den Tod seines Sohnes, der mit Antigone verlobt war und seinen Vater, dem er Starrsinn vorwarf, inständig anflehte, sie zu schonen. Doch als Kreon schließlich einlenkte, war es zu spät: Antigone, sein Sohn Haimon und seine Frau Eurydike hatten bereits aus Verzweiflung Selbstmord begangen. - Wollen Sie wirklich in diesem Sinne bei der Abschiebung „hervorragend integrierter Familien“ (so Ihre Worte bezüglich Familie Aydin) wie in der antiken Tragödie über Leichen gehen? Wäre es für einen Staatsmann nicht besser, sich an gelebter Zivilcourage und sittlichem Recht (Antigone) sowie an hellsichtiger Weisheit (Teiresias) zu orientieren als an uneinsichtigen Despoten, die den Zeitpunkt für ein Umlenken verpasst haben?
Mit freundlichem Gruß, Percy MacLean.
Sehr geehrte Frau MacLean,
vielen Dank für die Einführung in die griechische Mythologie! In der Sache stimme ich Ihnen jedoch nicht zu. Die Wert- und Moralvorstellungen der Familie Aydin stehen offenbar - denken Sie nur an das provozierende Verhalten der Brüder des Verurteilten nach der Gerichtsverhandlung - in diametralen Gegensatz zu dem Konsens, der Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben innerhalb Deutschlands und Berlins ist. Die Familie sollte Deutschland verlassen.
Mit besten Grüßen
Friedbert Pflüger