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Friedbert Pflüger
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Frage von Ursula B. •

Frage an Friedbert Pflüger von Ursula B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Pflüger,

wie ist Ihre Meinung zur Privatisierung der öffentlichen Verwaltung und deren Institutionen, ihrer Zerlegung in selbständige Einheiten, die wie profit centers operieren und konkurrieren können? Welche Aufgaben sollten Ihrer Meinung nach weiterhin öffentlich erbracht und welche privatisiert werden? Das Dienstleistungsunternehmen Arvato-AG (ein Unternehmen des Bertelsmann AG Konzerns, des fünftgrößten Medienkonzerns der Welt) erledigt seit Mitte 2005 die Verwaltung der britischen Gemeinde East Riding in Yorkshire und zwar auf der Basis eines achtjährigen Vertrages. Ein deutsches Unternehmen erledigt somit hoheitliche Aufgaben, die bisher dem britischen Staat oblagen, managt die Gemeinde, erhebt Gebühren, zieht Steuern ein... Die Bertelsmann Stiftung beobachtet die Ergebnisse im Hinblick auf ihre Verwertbarkeit für Deutschland... Sind Sie der Meinung, daß East Riding auch in unserem Land möglich werden sollte, daß das gesamte Leistungspektrum des öffentlichen Dienstes von privaten Dienstleistungsunternehmen übernommen werden sollte? Wenn ja: worin sehen Sie die Vorteile für die Bürger und die Demokratie? Wie wäre dann Ihrer Meinung nach demokratische Kontrolle und uneingeschränkte Vertragstransparenz zu gewährleisten? Würde sich Berlin als Modellprojekt mit Signalwirkung für Deutschland eignen?

In Erwartung Ihrer Antwort Ursula Brümann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Brümann,

herzlichen Dank für Ihre Frage. Das Modell, auf das sie hingewiesen haben, ist sehr interessant und wird von mir ebenfalls mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Eine Bewertung dieses auf acht Jahre angelegten Vorhabens kann aber erst nach Ende der Vertragslaufzeit vorgenommen werden. Das Grundprinzip, die Verwaltung zu modernisieren und wie ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen zu führen, teile ich voll und ganz. Die von der CDU in der Mitte der 90er Jahre initiierte Verwaltungsreform unter dem Stichwort "Unternehmen Berlin" sieht u. a. vor, Profitcenter zu bilden, die konsequent an Kosten- und Leistungszielen gemessen werden (u.a. Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung, erfolgsabhängige Budgets, Anreizsysteme usw.).
Dieses von der jetzigen Koalition zu den Akten gelegte Thema hat für mich oberste Priorität. Wir müssen eine kundenorientierte Dienstleistungsverwaltung in unserer Stadt etablieren. Ich beabsichtige deshalb, diese für Berlin bereits vorliegenden Konzepte zur betriebswirtschaftlichen Ausrichtung der Verwaltung unverzüglich umzusetzen. Berlin könnte so bei konsequenter Umsetzung der Verwaltungsreform das Modellprojekt für Deutschland werden.
Die völlige Privatisierung von Verwaltungsaufgaben sollte allerdings nur dann möglich sein, wenn dies nachweislich kostengünstiger ist und die demokratische Kontrolle und Steuerung gewährleistet bleibt. Die hierfür erforderlichen Systeme zur Herstellung von Transparenz und demokratischer Kontrolle wären zu entwickeln. Aufgrund der inzwischen in Deutschland gesammelten Erfahrungen sollte dies jedoch ohne nennenswerte Probleme möglich sein. Jedoch bleibt zu beachten, dass Ergebnisorientierung im demokratischen Gemeinwesen sich nicht ausschließlich an monetären Größen festmacht. Maßstab bleibt immer die Leistung für die Bürgerinnen und Bürger. Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass in der Berliner Verwaltung inzwischen die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform weitgehend eingesehen wird. Viele Verwaltungseinheiten arbeiten heute bereits sehr viel professioneller und ergebnisorientierter als noch vor zehn Jahren. Auch gibt es hinsichtlich der konzeptionellen Ausgestaltung ein erhebliches Know How. Darauf gestützt, halte ich es für möglich, die richtungsweisenden Entscheidungen bereits in der ersten Hälfte der nächsten Legislaturperiode zu treffen und zu realisieren.

Mit besten Grüßen
Friedbert Pflüger