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Friedbert Pflüger
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Frage von Karsten S. •

Frage an Friedbert Pflüger von Karsten S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Pflüger,

wie Sie sicherlich wissen, werden die Studiengänge der Berliner Universitäten gemäß der Vorgaben des Bologna-Prozesses auf das Bachelor/Master-System umgestellt, was die Vergleichbarkeit von Abschlüssen, aber auch die Besuchbarkeit von Veranstaltungen im Ausland und im Inland gewährleisten soll. Dies sind zweifelsfrei großartige Ziele. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass die Umsetzung nicht so hervorragend gelaufen ist. Dafür gibt es einige Beispiele:
1. Die Einführung des Lehramtsmasters: die Senatsverwaltung hat den Berliner Universitäten Vorgaben gemacht, in denen sich die Lehramtsmaster bewegen dürfen. Dazu gehören Praktikumszeiten mit fest eingeplanten Unterrichtspensen, die nicht sinnvoll sind, wenn man nach den Aussagen von Fachdidaktikern und Erziehungswissenschaftlern von FU und HU geht. Außerdem ist der Fachanteil im Lehramtsmaster erschreckend gering. Gerade in Fächern, in denen aktive und passive Sprachpraxis benötigt wird (moderne Fremdsprachen, ebenso wie alte Sprachen, in letzteren bin ich fest verwurzelt), ist dies ein großes Problem. Wird sich ein von Ihnen geführter Senat dieses Themenbereiches annehmen oder sind die Vorgaben zur Lehrerausbildung aus dem Häusern Flierl/Böger sakrosankt? Ich möchte Sie inständig bitten, an diesem Bereich Überprüfungen vorzunehmen.
2. Die Bologna-Vorgaben sehen eine Vergleichbarkeit von Abschlüssen und Leistungen vor. Diese Ziele wurden aber schlicht nicht erreicht. Heutzutage ist es nicht mal mehr möglich die Studiengänge des Bachelor von HU und FU miteinander zu kombinieren - folglich wird auch die Kombinierbarkeit des wissenschaftlichen Masters unmöglich sein, da man unterschiedliche Grundlagen im Bachelor hat, aber dies nur am Rande als Zusatzinfo -, was für die Studierenden der auslaufenden Magister- und Lehramtsstudiengänge nach altem Recht Alltag war/ist.

Dies soll fürs Erste mal reichen.

Viele Grüße,
Karsten Schulze

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schulze,

bitte entschuldigen Sie die zeitlich leicht verzögerte Antwort. In die Details zum Bologna-Prozess musste ich mich erst einarbeiten. Um die Bildungsqualität in den Schulen zu verbessern, wurden in Berlin im Jahr 2003 Strukturmaßnahmen in der Lehrerbildung beschlossen. Die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der Lehrerbildung war damals wie heute unbestritten, der Schritt zur wirklichen Neugestaltung scheint dagegen höchst schwierig, umweghaft und kontrovers. Maßgeblich sind die Ergebnisse der internationalen Leistungsvergleichsstudien (TIMMS, PISA). Danach stellen sich für die Lehrerausbildung zwei wesentliche Fragen: Entweder erfolgt die Vermittlung von Basiskompetenzen durch die Lehrkräfte in den Schulen nur unzureichend und die Lehrer besitzen nicht die Kompetenz dieses zu vermitteln; oder eine entsprechende Weitervermittlung findet trotz vorhandener Lehrerkompetenz in diesen Basisbereichen nicht statt. Im ersten Fall müsste das Ausbildungskonzept völlig neu konzipiert werden und z.B. Berufsfertigkeit erzeugende, praxisnahe Fachhochschulausbildung anstelle eines Universitätsstudiums im Vordergrund gestellt werden. Im zweiten Fall gelingt es nicht, im fachdidaktischen Teilstudium eine Brücke von der für das Fachstudium unabdingbaren disziplinären Logik zur Umsetzung im schulischen Unterricht zu schlagen; was eine gewisse Verstärkung der Ausbildung in diesem Bereich erforderlich machen würde. Da jedoch weder die Ursachen noch die Auswirkungen eindimensional zu beheben sind, haben wir seit dem Jahr 2002 für eine Reform der Lehrerausbildung geworben, deren berufspraktische und fachkundliche Anteile frühzeitig aufeinander abgestimmt und in einem bedarfsgerechten Verhältnis angeboten werden sollen. Leider wurde den Universitäten dann ein Modell des minimalsten Ressourceneinsatz bei höchstmöglichem Output (Abschlüsse) vorgeschrieben. Wir haben am Beispiel der sonderpädagogischen Lehrerausbildung auf die derzeit unzureichenden qualitativen Studienangebote in den ausdifferenzierenden Masterstudiengängen der Berliner Universitäten hingewiesen und hier eine Verbesserung der Studienqualität eingefordert, leider wurde unser Antrag abgelehnt. Die unter Kostengesichtspunkten begonnene Lehrerbildungsreform von SPD und PDS werden wir deshalb nach der Wahl in eine Studienreform mit Qualifikationsprofil verändern. Deshalb wird das Ziel darin bestehen, den Lehrerberuf in seiner Bedeutung institutionell anzuerkennen. Ferner die Ausbildung für den Lehrerberuf und die Erwartungen an eine wissenschaftsbasierte professionelle Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer in den Mittelpunkt der Anstrengungen zu rücken und damit die Qualität von Lehr- und Lernprozessen im Bildungswesen zu steigern. Das Ziel des Bolognaprozesses, Gleichheit und gegenseitige Anerkennung der Studienabschlüsse zu erreichen, wird danach wieder möglich und sich auch bei Einstellungspraxis widerspiegeln.

Mit besten Grüßen
Friedbert Pflüger