Frage an Franziska Brantner von Klaus Dieter H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Brantner,
die Mitgliedsstaaten der EU planen derzeit, einen gemeinsamen Fonds über 10,5 Milliarden Euro zur Finanzierung einer sogenannten europäischen Friedensfazilität aufzulegen. Damit soll die militärische Ausbildung und Aufrüstung von Streitkräften außerhalb der EU finanziert werden, auch in Kriegs- oder Spannungsgebieten wie z.B. dem Nahen Osten und der Sahelzone. Dies geschieht am EU-Parlament vorbei, da Artikel 41(2) des EU-Vertrages es verbietet, militärische Zwecke aus dem EU-Haushalt zu finanzieren. Sind die Gelder erst einmal eingesammelt, werden diese weitestgehend ohne parlamentarische Kontrolle Drittstaaten bereitgestellt.
Dieses Vorhaben ist weder geeignet, die Demokratie in Europa zu stärken, noch dazu, den Frieden in Europa und der Welt zu sichern.
1.
Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben und wie werden Sie im Bundestag darüber abstimmen?
2.
Werden Sie sich wenigstens dafür einsetzen, dass die Finanzierung und Lieferung von Waffen (auch von Kleinen und leichten Waffen) und Munition explizit ausgeschlossen werden?
3.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die "Friedensfazilität" nicht den Prinzipien des Gemeinsamen Standpunktes der EU zur Kontrolle von Rüstungsexporten widersprechen darf?
4.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die parlamentarische Kontrolle über das ganze Vorhaben gesichert bleibt?
5.
Wie sieht eine Vor-Ort-Kontrolle des Endverbleibs der im Rahmen der "Friedensfazilität" gelieferten Rüstungsgüter aus und welche Ahndung bei Verstößen ist vorgesehen?
Vielen Dank für Ihre Antwort und mit freundlichen Grüßen
Klaus Dieter Horlacher
Sehr geehrter Herr Horlacher,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur „Europäischen Friedensfazilität“. Es ist gut, zu sehen, dass sich Bürgerinnen und Bürger für die Entwicklungen auf europäischer Ebene interessieren.
An den Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen nehmen die EU-Mitgliedstaaten allerdings in Gestalt ihrer jeweiligen nationalen Regierungen teil. Als Oppositionspartei können wir diese Entwicklung nur kritisch begleiten.
Für unsere Partei steht fest, dass wir zivile Instrumente der Krisen- und Konfliktbewältigung immer vorranging betrachten und diese ausbauen wollen. Dazu gibt es derzeit weder national noch auf europäischer Ebene unter den dort vertretenen Regierungen einen überzeugenden Willen. Die Einverleibung des „Instruments für Frieden und Stabilität“ – das bisher eine eigenständige Budgetlinie im EU-Haushalt war – in ein allgemeines außenpolitisches Finanzierungsinstrument betrachten wir mit Sorge. Die Grüne Fraktion im Europaparlament versucht, bei den anstehenden Initiativen im Europaparlament diese Bedenken zum Ausdruck zu bringen.
Die Einrichtung einer „Europäischen Friedensfazilität“ schafft hingegen insofern Klarheit, als dass hier alle bestehenden verteidigungspolitischen Ausgaben zusammengefasst werden und außerhalb des EU-Budgets liegen. Völlig irreführend an diesem neuen Fonds ist hingegen der Name. Ausgerechnet die Bündelung aller militärischen Ausgaben als „Friedensfazilität“ zu bezeichnen, leitet in die Irre. Diese Namenswahl kritisieren wir auch.
Der einzige Vorteil dieses außerbudgetären Fonds ist lediglich, dass Projekte, wie etwa die Ausbildung ausländischer Streitkräfte in Zukunft nicht mehr aus dem zivilen EU-Haushalt bezahlt werden, sondern von den Mitgliedstaaten aufgebracht werden müssen. Das trägt zur besseren Übersichtlichkeit bei und verhindert, dass derartige Ausgaben im Rahmen von z.B. Entwicklungsprojekten finanziert werden. Dessen ungeachtet bleibt unsere Kritik an dieser Art von militärischer Unterstützung bestehen. Wir Grüne fordern in unseren parlamentarischen Initiativen, die Erkenntnisse der Friedens- und Konfliktforschung besser zu nutzen. Eine Sicherheitssektorreform in einem Partnerland kann nie nur die Ausbildung von Sicherheitskräften umfassen, sondern muss breiter angelegt sein und Elemente der Partizipation, demokratischen Kontrolle und Achtung der Menschenrechte umfassen. Besonders heikel wird es, wenn ausländische Streitkräfte mit Waffen und anderen Rüstungsgütern ausgestattet werden. Hier braucht es für die zukünftige „Friedensfazilität“ klare Regeln.
Auf Ihre Frage hin, ob wir uns gegen die Finanzierung und Lieferung einsetzten, kann ich Ihnen antworten: Den Export von Rüstungsgütern in Drittstaaten sehen wir grundsätzlich kritisch. Seit Jahren fordern wir ein Rüstungsexportkontrollgesetz, um strenge und klare Hürden für einen Export zu haben. Es kann nicht sein, dass über die „Friedenfazilität“ die EU zum Rüstungsexporteur wird. Mit dem EU-Gemeinsame Standpunkt hat die Europäische Union bereits Kriterien für den restriktiven Export, dessen Einhaltung wir stets anmahnen. Zu einer restriktiven Rüstungsexportpolitik gehören für uns immer auch glaubhafte Endverbleibskontrollen.
All dies ist derzeit Gegenstand von Verhandlungen zwischen Rat, Kommission und dem Europaparlament. Die Grünen im EP setzen sich dafür ein, dass die zukünftige „Friedensfazilität“ nicht zu einer Aufrüstung fragiler Drittstaaten führt. Auch ist sie bemüht, weitestgehende parlamentarische Kontrolle über diesen Fonds zu erhalten, auch wenn dieser außerhalb des EU-Budgets liegt.
Ich hoffe, meine Antwort konnte Ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen,
Franziska Brantner