Frage an Franz Untersteller von Günter H. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Untersteller,
die Sonne scheint bei uns nicht unbedingt wenn Strom gebraucht wird. Solarstrom kann doch so kein einziges AKW oder KKW ersetzen?
Nach dem enormen Ausbau werden die Situationen zunehmen, wo z.B. an sonnigen Tagen überflüssiger Strom produziert wird. Die Verbraucher werden dann noch für die Entsorgung zur Kasse gebeten. Produktion auf Teufel komm raus = http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=69407365&aref=image041/2010/03/06/CO-SP-2010-010-0084-0085.PDF&thumb=false
Eine Renditeförderung zum Nachteil der Verbraucher entspricht doch weder dem EEG oder unserem GG? Ist die Eigenverbrauchsförderung nicht eine Mogelpackung? Rechnet es sich, wird selbst verbraucht, danach wird wieder unnütz eingespeist. Warum sollten Verbraucher dafür zahlen? Sollte nicht eher jeder Solarbetreiber zur angemessenen Speicherung verpflichtet werden und müsste jetzt nicht nur noch die Forschung gefördert werden? z.B.: http://www.pro-physik.de/Phy/print.do?laid=12887
Nicht wenige Module enthalten giftige Stoffe. Nun wird ein Cadmium-Verbot gefordert: http://www.welt.de/wirtschaft/article7660982/Streit-um-giftiges-Cadmium-spaltet-Solarindustrie.html
Gibt es Regeln und Lösungen?
Gerechtfertigt wurde die Umlage mit der Schadstofffreiheit. Trifft das noch zu, wenn man tonnenweise Module einfliegen lässt um die höchste Rendite zu sichern?= http://www.ftd.de/politik/deutschland/:solarstromfoerderung-oekologischer-irrsinn-made-in-germany/50053904.html
Bei den möglichen Gewinnen einer AKW-Laufzeitverlängerung werden jetzt die "Öffentlichen Hände" aufgehalten. Ist es legitim, das vom Verbraucher aufgebrachte Geld zum Stopfen von Haushaltslöchern zweckfremd zu verwenden? Sollen die Gewinne nicht wettbewerbsneutral zur Tilgung der Solarschulden verwendet werden?
In Ingersheim soll ein Windrad Strom liefern. Gut, der Wind weht auch nachts, aber sind nicht auch hier Speicher erforderlich, wenn damit Kohle- und Atomstrom ersetzt werden sollen?
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Heitel,
bitte entschuldigen Sie, dass ich ihre Anfrage, für die ich Ihnen zunächst herzlich danke, erst heute beantworte.
Zunächst finde ich, dass Sie bei Ihrer Argumentation doch einige entscheidenden Aspekte schlicht ausblenden. Tatsache ist nun einmal, dass - will man einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um mehr als 2°C verhindern - die Industrieländer nach übereinstimmender Auffassung der Wissenschaft (IPCC) nicht umhin kommen, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um rund 90% zu reduzieren. Dies bedeutet letztlich nichts weniger, als dass die Industriegesellschaften zu einer mehr oder weniger vollständigen Dekarbonisierungsstrategie gezwungen sein werden. Für die Strom- und Wärmeversorgung aber auch im Mobilitätsbereich heißt dies Abschied nehmen vom Einsatz fossiler Energieträger und bis zur Mitte des Jahrhunderts möglichst vollständige Umstellung auf den Einsatz regenerativer Energien.
Um den notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien möglichst schnell voranzubringen haben wir mit dem unter Rot-Grün entwickelten "Erneuerbaren Energien Gesetz" (EEG) - es ist kürzlich 10 Jahre alt geworden- ein hervorragendes Instrument entwickelt, das zwischenzeitlich von über 40 Ländern weltweit übernommen wurde. Lag der Anteil der regenerativen Energien an der Stromerzeugung im Jahr 1998 noch bei lediglich 4,3% so waren es Ende vergangenen Jahres dank der mit diesem Gesetz verbundenen Anreize rund 16,1%. Bis zum Jahr 2020 geht die Leitstudie des Bundesumweltministeriums davon aus, dass dieser Anteil auf rund 35% ausgebaut werden kann. Der Bundesverband Erneuerbarer Energien ist mir einem anvisierten Ausbauziel von rund 47% noch wesentlich optimistischer.
Einher ging der Ausbau der Wind- Biomasse- und Solarenergienutzung mit dem rasanten Aufbau einer neuen Branche. Ihre anhaltende Entwicklung zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor stellten die erneuerbaren Energien auch im Jahr der Wirtschaftskrise 2009 eindrucksvoll unter Beweis. Trotz eines wirtschaftlich äußerst problematischen Umfeldes sind die Investitionen in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien gegenüber dem Vorjahr um rund 20 Prozent auf 17,7 Milliarden Euro angestiegen. Zusammen mit den Erlösen aus dem Betrieb der Anlagen erwirtschafteten die erneuerbaren Energien 2009 einen Gesamtumsatz von mehr als 33,4 Milliarden Euro. Aktuell hat die Branche über 300.000 Beschäftigte, was gegenüber dem Vorjahr (rund 278.000) ein Plus von rund acht Prozent bedeutet.
Der wachsende Anteil an erneuerbaren Energien geht einher mit einer Verringerung der dem Energiesektor zuzurechnenden CO2-Emissionen und trägt damit erheblich zur Einhaltung der von der EU vorgegebenen Minderungsziele für die Treibhausgase bei. Betrachtet man alle Energieanwendungsbereichen (Strom, Wärme, Kraftstoffe) resultiert aus dem Einsatz der Erneuerbaren Energien im Jahr 2009 eine Vermeidung von rund 109 Millionen Tonnen Treibhausgasen.
All dies gibt’s logischerweise auch für die Verbraucherinnen und Verbrauch nicht umsonst. Für einen 4-Personen-Durchschnittshaushalt mit einem Jahresstromverbrauch von rund 3500 kWh belaufen sich die Kosten aus der EEG-Umlage gegenwärtig auf rund 6 € im Monat. Ich halte dies angesichts der oben dargestellten Folgewirkungen aber für vertretbar und gut investiert.
Um den wachsenden Anteil so genannter fluktuierender Einspeisung aus erneuerbaren Energien bei gleichzeitigem Rückgang klassischer Grundlastkraftwerke in unsere Energieversorgung einzubinden bedarf es in den kommenden Jahren sowohl eines Ausbaus unserer Netze als auch dem Ausbau von großen Speicherkapazitäten. Dass nun jeder einzelne Solaranlagenbetreiber diese tun sollte, wie von Ihnen vorgeschlagen, davon halte ich wenig. Die notwendigen Speicherkapazitäten resultieren vor allem aus dem in den kommenden Jahren zu erwartenden weiteren Ausbau der Windenergie sowohl onshore (z.B. Ingersheim) wie offshore (25.000 MW bis 2030).
Einig bin ich mit ihnen, dass - Stichwort Cadmium - Solarmodule schadstofffrei sein sollten und wir uns auch heute schon Gedanken über Rücknahme und Recyclingstrategien nicht mehr verwendeter Module machen müssen.
Zum Thema Gewinne aus einer Laufzeitverlängerung: Seriöse Berechnungen gehen davon aus, dass eine Laufzeitverlängerung von 8 Jahren bei den derzeit an der Strombörse in Leipzig gegebenen Preisen für die vier großen Stromkonzerne Mehrerträge von über 60 Mrd Euro mit sich bringen würde. Letztlich würden diese Mittel mit dazu beitragen die Marktmacht von Eon, RWE EnBW und Co weiter zu festigen. Die Erhebung einer Brennelementsteuer halte ich seit langem für gerechtfertigt - hat aber mit einer Laufzeitverlängerung nichts zu tun!. Im Kern muß es gelingen, die Atomwirtschaft an der Sanierung ihrer milliardenschweren Altlasten (z.B. Morsleben, Asse, ehemaliges Kernforschungszentrum Karlsruhe) adäquat zu beteiligen.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Untersteller