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Frage von Stefan B. •

Frage an Franz Schindler von Stefan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schindler,

die Themen Transparenz und Bürgerbeteiligung haben in den letzten Jahren sehr stark an Bedeutung gewonnen. Wie auch die Erfolge der Piratenpartei bei den letzten Wahlen aber auch die Bürgerproteste gegen große Bauvorhaben wie Stuttgart 21 oder die 3.te Münchner Startbahn gezeigt haben, existiert in der Bevölkerung ein großes Interesse an Mitsprache und Partizipation in der Politik.

Im Rahmen des Petitionsverfahrens kann sich jeder Bürger mit einem Anliegen an den Bayerischen Landtag wenden. Unter anderem werden diese Eingaben auch im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz bearbeitet, dessen Vorsitzender Sie ja sind.

Obwohl die Ausschusssitzungen zum Großteil öffentlich sind, werden die Ergebnisse aber nicht veröffentlicht. Der Petent wird u.U. gar nicht einmal informiert, dass seine Angelegenheit behandelt wird. Die Zusendung eines Protokollauszugs ist nicht vorgesehen. Aus einem Antwortschreiben ist zudem nicht ersichtlich, wie welcher Abgeordnete oder welche Fraktion gestimmt hat.

Meine Frage an Sie ist, wie Sie zu einer Änderung des Petitionsrechts dahingehend stehen, dass soweit vom Petenten nicht abgelehnt, immer eine (anonymisierte) Veröffentlichung des jeweiligen Protokollauszugs mit genauem Abstimmungsergebnis auf der Webseite des Bayerischen Landtags erfolgt?

Dadurch würde die Arbeit der Ausschüsse für alle Bürger transparent dargestellt. Ähnliche Petitionen in gleicher Sache würden sich erübrigen, wenn bereits eine Entscheidung für jedermann online einsehbar ist.

Oder gibt es Ihrer Meinung nach einen Grund, weswegen die Allgemeinheit trotz ausdrücklichen Wunsches des Petenten das Ergebnis der Sitzung nicht erfahren sollte?

Wie stehen Sie weiterhin dazu, dass die Informierung des Petenten über die anstehende Sitzung seiner Angelegenheit als Pflicht festgeschrieben wird?

MfG

Stefan Bauer

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Sehr geehrter Herr Bauer,

für Ihre Anfrage zum Petitionsverfahren über „abgeordnetenwatch.de“ danke ich Ihnen.

Ihre Anfrage darf ich wie folgt beantworten:

Das Petitionsrecht gehört zu den ältesten und den am meisten ausgeformten Rechten der Bürgerbeteiligung in der parlamentarischen Demokratie. Dieses Recht wird vom Bayerischen Landtag auch sehr ernst genommen, was sich darin zeigt, dass die jährlich ca. 4.000 Petitionen, die den Landtag erreichen, nicht gesammelt in einem Petitionsausschuss, sondern in den dafür jeweils fachlichen Ausschüssen grundsätzlich in öffentlicher Sitzung beraten werden.

Eine Veröffentlichung der Beratung auf der Webseite des Landtags sieht die Geschäftsordnung in den Fällen vor, in denen sich mehr als 50 Bürgerinnen und Bürger mit einer gleichlautenden Petition an den Landtag gewandt haben. In allen anderen Fällen bleibt es bei einer einfachen schriftlichen Unterrichtung des Petenten durch das Landtagsamt über das Ergebnis der Beratung. Dieser Unterrichtung kann im Einzelfall auch durch die Übersendung eines Protokollauszugs ergänzt werden, der auch das Abstimmungsergebnis beinhaltet. Dies setzt jedoch einen Beschluss des Ausschusses voraus.

Von einer grundsätzlichen Übersendung des Protokolls wurde bislang abgesehen. In den Sitzungen der Ausschüsse werden grundsätzlich keine Wortprotokolle, sondern lediglich knappe analytische Protokolle gefertigt, die den Inhalt der Redebeiträge knapp zusammenfassen. Der Wortlaut ist von den teilnehmenden Abgeordneten nicht autorisiert. Nach meiner langjährigen Erfahrung u.a. als Vorsitzender der Ausschüsse für Eingaben und Beschwerden und für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz kann ich sagen, dass eine Übersendung des Protokolls an den Petenten immer dann beschlossen wird, wenn zu erwarten ist, dass der Inhalt für den Eingabesteller zusätzliche Informationen bereit hält. Die Stenographen, die das Protokoll anfertigen, sind mit der Praxis vertraut und achten darauf, dass in diesen Fällen die Redebeiträge möglichst ausführlich wiedergegeben werden. Bei der Vielzahl der Petitionen, die jährlich zu behandeln sind, halte ich es aber nicht für sinnvoll, grundsätzlich zu jeder Eingabe einen Protokollauszug zu übersenden.

Soweit die Petenten nicht allein am Ergebnis der Beratungen, sondern auch am Abstimmungsverhalten interessiert sind, so kann dies in den allermeisten Fällen durch eine einfache Rückfrage bei den mit den Angelegenheiten befassten Abgeordneten oder den Fraktionen geklärt werden. Dabei darf ich aber darauf hinweisen, dass mehr als 90% aller Entscheidungen in Petitionsangelegenheiten einstimmig erfolgen.

Als einziges Parlament in der Bundesrepublik Deutschland werden Eingaben an den Bayerischen Landtag in öffentlicher Sitzung behandelt. Eine Ausnahme erfährt dies nur dann, wenn die Petenten den Ausschluss der Öffentlichkeit wünschen oder wenn Rechte Dritter dies notwendig machen.

In der Eingangsbestätigung werden die Petenten darauf hingewiesen, dass das Landtagsamt sie über den voraussichtlichen Termin der Behandlung ihrer Eingabe unterrichten wird, sofern sie einen entsprechenden Wunsch äußern.

Eine Terminsmitteilung unabhängig vom geäußerten Wunsch der Petenten hielte ich für problematisch: Nach dem Wortlaut des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung handelt es sich beim Petitionsverfahren um ein schriftliches Verfahren. Da die Ausschusssitzungen des Bayerischen Landtags öffentlich sind, können Petenten natürlich als Zuhörer teilnehmen. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Behandlung von Eingaben zu einem „gerichtsähnlichen“ Verfahren wird, in denen die Erfolgsaussichten einer Eingabe vom Plädoyer der Petenten abhängig wird. Jeder Petent hat einen Anspruch darauf, dass seine Petition korrekt und umfassend bearbeitet wird - unabhängig davon, ob er an der Sitzung als Zuhörer teilnimmt oder nicht. Eine grundsätzliche Terminsmitteilung würde bei vielen Eingabestellern den Eindruck erwecken, sie wären vom Landtag vorgeladen oder der Ausschuss würde zumindest ihre Anwesenheit erwarten. Dies ist vom Inhalt des Petitionsrecht nicht gedeckt.

Die bisherige Praxis des Bayerischen Landtags zur Behandlung von Eingaben und Beschwerden hat sich über die Jahrzehnte in meinen Augen durchaus bewährt, dies schließt aber nicht aus, dass das Procedere in den einen oder anderen Punkten der gewandelten Realität und nicht zuletzt auch an die gewandelten Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger angepasst wird. Dies ist in der Vergangenheit bereits mehrfach geschehen und weitere Fortentwicklungen halte ich für durchaus möglich.

Zuletzt darf ich darauf hinweisen, dass das Petitionsrecht nicht nur ein Grundrecht der Bürger sondern auch ein Recht des Parlamentes ist, sich mit einzelnen Anliegen zu befassen. Dieses Recht haben sich die Parlamente in der Frühzeit der demokratischen Entwicklung erkämpfen müssen. Schon aus diesem Grund hat auch der Bayerische Landtag selbst ein großes Interesse daran, dieses Recht so effektiv und bürgerfreundlich wie möglich zu erhalten.

Ich danke Ihnen für Ihre Vorschläge, die wir bei der Weiterentwicklung des Petitionsrechts gerne näher prüfen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Schindler, MdL