Frage an Frank Schira von Felix S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hamburg bekommt überraschend vorgezogene Neuwahlen. Das ist für sonstige Parteien eine Hürde, weil die Zeit für die Wahlzulassung verkürzt wird und in den Winter fällt. Aber das BVG sagt:
„Das institutionalisierte politische System, das auf politische Parteien und effektiven Wettbewerb zwischen ihnen setzt, braucht die Mitwirkung neuer Konkurrenten, aber auch der bestehenden kleinen Parteien. Der Wettbewerb zwischen den Parteien kann auf Dauer nur wirken, wenn er nicht auf die Konkurrenz zwischen den bereits existierenden und erfolgreichen beschränkt bleibt, sondern durch das Hinzutreten neuer Wettbewerber und die anhaltende Herausforderung durch die kleinen Parteien erweitert, intensiviert und gefördert wird.
Kleine Parteien können die Lernfähigkeit des politischen Systems eher stärken, wenn sie eine realistische Chance haben, selbst politische Erfolge zu erzielen. Für das Mehrparteiensystem politisch bedeutsam und für den Wettbewerb förderlich erweisen sich vor allem auch die Resonanzen bei den Parlamentsparteien, die im Hinblick auf Wahlerfolge der kleinen Konkurrenten 158 häufig gezwungen werden, sich mit den von diesen Parteien in den Mittelpunkt gestellten Themen auseinanderzusetzen.
Aber auch schon die potentielle Konkurrenz, also die Chance neuer und kleiner Wettbewerber, für überzeugende Lösungskonzepte bei Wahlen belohnt zu werden, zwingt die etablierten Parteien zu einer Rückkopplung mit dem Volk, um dem Aufkommen neuer Konkurrenten und einem Erfolg kleiner Wettbewerber nach Möglichkeit entgegenzutreten.“
(ÖDP- Klage, Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. Oktober 2004 - 2 BvE 1/02 und 2 BvE 2/02)
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Hürden für die Wahlzulassung entsprechend der gekürzten Zulassungszeit reduziert werden, damit alle Parteien, die zum normalen Wahltermin antreten könnten auch im Februar die Wahlzulassung schaffen?
Ansonsten droht nämlich faktisch ein undemokratischer Ausschluss eines Großteils der Sonstigen von der Wahl.
Sehr geehrter Herr Staratschek,
das Bundesverfassungsgericht hat zu Recht auf die Bedeutung kleiner Parteien für den politischen Prozess und die politische Landschaft hingewiesen. Um den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken halte ich es jedoch für sinnvoll, dass der Gesetzgeber durch ein Unterschriftenquorum einer Zersplitterung der Stimmen entgegenwirkt. um Neuwahlen zu ermöglichen, muss der Senat von der Ermächtigung Gebrauch machen, Fristen und Termine durch Rechtsverordnung abzukürzen. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit wird durch diesen Schritt jedoch nicht beeinträchtigt. Denn es steht ein ausreichender Zeitraum zur Wahlvorbereitung zur Verfügung: Das Landeswahlamt wird mehr als elf Wochen vor der möglichen Neuwahl einen detaillierten Zeitplan veröffentlichen, so dass auch junge und kleine Parteien ohne Weiteres in der Lage sind, die erforderlichen Unterschriften für die Teilnahme an der Wahl zu sammeln.
Das vom Volk beschlossene - sehr komplizierte - Hamburger Wahlrecht erfordert Vorbereitungen durch das Landeswahlamt, die in noch weiter verkürzten Fristen nicht zu leisten wären. Dazu gehören beispielsweise der Druck des Abstimmungsheftes und der rechtzeitige Versand der Wahlunterlagen an alle Bürger, die einen Briefwahlantrag stellen. Fristverkürzungen sind unter den jetzigen Bedingungen in Hamburg nicht umsetzbar.
Ich bin also überzeugt davon, dass die Abkürzung der Fristen und Termine das Entstehen neuer Parteien und deren Zutritt zum politischen Wettbewerb nicht über Gebühr erschweren und die Betätigung kleiner Parteien nicht unangemessen beeinträchtigen wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Frank Schira