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Frank Kuschel
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Frage von Christiane S. •

Frage an Frank Kuschel von Christiane S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Kuschel,

1. Wo und wie setzen Sie sich für Tierschutz ein?
2. Was halten Sie davon, daß man im EU Parlament über die Wiedereinführung von Tiertötungsstationen diskutiert ? Wie positioniert sich hierzu die Linke ?

Mit freundlichen Grüßen
Christiane Schön

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Schön,

ich gestehe, dass ich mich bisher noch nicht sehr intensiv mit den Fragen des Tierschutzes beschäftigt habe. Ich bin also kein Fachmann auf diesem Gebiet. Ich will Ihnen trotzdem aus meiner Sicht antworten und bitte um Verständnis, wenn dabei bei mir Informations- und Wissenslücken erkennbar werden.

Tierschutz ist zwar seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert, jedoch ist die Verfassungswirklichkeit eben eine andere. Da werden Defizite erkennbar, auf die zurecht immer wieder hingewiesen wird.

Tierschutz muss aus meiner Sicht vergleichsweise so durch die Politik behandelt werden, wie es beim Umweltschutz der Fall ist.

So wie Umweltverbände ein Verbandsklagerecht in Raumordnungsfragen und Planfeststellungsverfahren sowie in vielen Verwaltungsverfahren haben, müssen auch Tierschutzverbände derartige Rechte erhalten. Hierfür möchte ich mich als Abgeordneter einsetzen. Ich betone dies, weil Sie mich ja konkret danach befragt haben, wo und wie ich mich persönlich für den Tierschutz einsetze. Solche Rechte müssen auf Bundesebene geschaffen werden. Auf Landesebene, wo ich als Abgeordneter Verantwortung trage, können aber ebenfalls Initiativen für die Erweiterung der Rechte der Tierschutzverbände und –organisationen ergriffen werden.

Tierschutz wird erst eine größere Bedeutung in der Gesellschaft erhalten, wenn eine Mehrheit zum Umdenken bereit ist. Solang Tiere als „Sache“ nach der Definition des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angesehen werden, wird es kaum ein anderes, aber notwendiges Verhältnis zwischen Mensch und Tier geben. Ich bin mir bewusst, dass es hier um ethisch-moralische Fragen geht. Hier muss und kann Politik unbestritten Impulse setzen. Diese Impulse ersetzen aber nicht das von mir beschriebene andere gesellschaftliche Verhältnis von Mensch und Tier.

Es gibt aus meiner Sicht kein Patentrezept für die Stärkung des Tierschutzes. Notwendig ist ein Bündel von Maßnahmen.

So muss über ein generelles Verbot von Tierversuchen offen und sachlich diskutiert werden.

Tiere sind und werden auch künftig als Ernährungsquelle für den Menschen angesehen. Was aber in diesem Zusammenhang notwendig ist ist, dass durch ein anderes ethisch-moralisches Verhältnis zu Tieren die Tierhaltung und Schlachtung artengerecht und nach humanen Gesichtspunkten erfolgt. Die technologischen Möglichkeiten gibt es hierfür unbestritten. Erste Ansätze sind im Bereich der ökologischen Landwirtschaft vorhanden.

Hier kann und muss Politik auch handeln. Die Tierhaltung, Schlachtung und Verarbeitung muss transparent gemacht werden. Mit Gütesiegeln oder Zertifikaten müssen alle Fleischprodukte gekennzeichnet werden, so dass die Verbraucher und die Öffentlichkeit umfassend über die Herkunft, die Haltung, die Schlachtung und die Verarbeitung informiert werden.

Besonders kritikwürdig sind für mich die Tiertransporte, die mit artengerechtem Umgang von Tieren nichts zu tun haben. Durch die Regionalisierung von Tierhaltungs- und –verarbeitungsprozessen könnten Tiertransporte erheblich reduziert werden. Hier wird die Wirtschaft nicht selbst handeln (Selbstverpflichtungen bewirken kaum was), sondern die Politik muss klare gesetzliche Regelungen, die Verbote einschließen, bestimmen.

Der artengerechte und ethisch-moralische Umgang mit Tieren ist aus meiner Sicht im Rahmen der industriellen Tierhaltung nicht realisierbar. Deshalb muss über den Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung intensiv nachgedacht werden. Es gibt Alternativen. Diese sind arbeits- und damit auch kostenintensiver. Doch hier könnte als eine Art Neueneffekt ein arbeitsmarktpolitischer Impuls gesetzt werden.

Umso unverständlicher ist mir, dass weiterhin industrielle Tierhaltungsanlagen, wie z. B. Schweinemastanlagen oder Schweinezuchtanlagen genehmigt werden. Ein aktuelles Beispiel ist dabei die Schweinezuchtanlage in Alkersleben (Ilm-Kreis). Hier habe ich als Landtagsabgeordneter gemeinsam mit meiner Kollegin Sabine Berninger die örtliche Bürgerinitiative bei ihren Protesten unterstützt. Ich will nicht verschweigen, dass diese Proteste bisher keinen Erfolg hatten. Der Bau der Anlage konnte bisher nicht verhindert werden. Der Protest muss also weiter gehen und ich werde ihn auch weiterhin unterstützen.

Wie inkonsequent Politik agiert, zeigt der so genannte Ausstieg aus der Käfighaltung von Hühnern. Während solche Länder wie die Schweiz bereits vor Jahren diese unwürdige Tierhalterform verboten haben, hat Deutschland erst 2008 ein solches Verbot verhängt, jetzt aber wieder bis 2009 gelockert. Hier wird sichtbar, wie bestimmte Lobbyisten auf die Politik einwirken. Dieser Lobbyisteneinfluss muss ein Ende haben.

Nach meiner Überzeugung wird das Verbraucherverhalten der Menschen mitentscheiden, welchen Stellenwert der Tierschutz künftig haben wird. Ich versuche persönlich, mein Verbrauchsverhalten auch an den Grundsätzen des Tierschutzes auszurichten. Dabei bin ich aber bestimmt noch nicht konsequent genug. Deshalb ist es wichtig, dass Tierschützer immer wieder in der Öffentlichkeit auf unzumutbare Zustände aufmerksam machen.

Immer wieder nehme auch ich Informationen zu Missständen bei der privaten oder gewerblichen Tierhaltung zur Kenntnis. Hier gebe es einen Lösungsansatz, den so genannten „Tierhalterpass“ (ein Arbeitstitel, der von mir gewählt wurde), der auch von mir unterstützt wird. Demnach muss jeder Tierhalter gegenüber einer Behörde nachweisen, dass er die notwendigen persönlichen, finanziellen, fachlichen und sächlichen Voraussetzungen für eine artgerechte Tierhaltung verfügt. Diese Voraussetzungen müssen selbstverständlich periodisch überprüft werden. Dabei entsteht natürlich für die Tierhalter und die öffentliche Hand ein bestimmter zusätzlicher Aufwand. Doch dieser zusätzliche Aufwand ist im Interesse des Tierschutzes gerechtfertigt.

Eine anerkennenswerte Arbeit leisten gegenwärtig die Tierheime und deren Trägervereine. Hier wird viel ehrenamtliche Arbeit geleistet. Ich persönlich habe in der Vergangenheit mehrere Tierheime unterstützt, so in Gotha und Arnstadt. Aktuell unterstütze ich das Tierheim des Wartburgkreises in Springen.

Soweit einige Aspekte. Sicherlich habe ich nicht auf alle möglichen Punkte verwiesen, ist doch Ihre Frage auch sehr allgemein formuliert, und damit eventuell auch Ihrer Erwartungshaltung nicht entsprochen. Deshalb biete ich Ihnen an, zu konkreten Sachverhalten Nachfragen zu stellen.

Zu der von Ihnen nachgefragten Positionen der Partei DIE LINKE zu der geplanten Wiedereinführung von Tiertötungsstationen durch die EU muss ich Ihnen mitteilen, dass sich meine Partei zu dieser Problematik noch nicht offiziell erklärt hat. In der linken Fraktion des EU-Parlaments und in einem Arbeitskreis der Bundestagsfraktion der LINKEN wird das Problem gegenwärtig diskutiert. Als Zwischenstand der laufenden Diskussionen kann ich mitteilen, dass DIE LINKE die Wiedereinführung von Tiertötungsstationen ablehnt. Ich teile persönlich diese grundsätzliche Auffassung. Solche Einrichtungen sind mit unserem Verständnis zur Tierhaltung, das den gesamten Lebenszyklus von Tieren einschließt, nicht vereinbar. Es ist aus unserer Sicht die Aufgabe der Veterinärmedizin, bei Notwendigkeit das Leben von Tieren auf eine möglichst stress- und schmerzfreie Art zu beenden. Diese Aufgabe darf nur von Tierärzten oder Personen wahrgenommen werden. Dieser vorgenannte Grundsatz wird in Tiertötungsstationen nicht eingehalten.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung. Ich unterstelle einmal, dass Sie sich sehr stark für den Tierschutz engagieren und hier auch konkrete Forderungen an die Politik haben. Sehr gern würde ich mich deshalb mit Ihnen zu diesem Problemkreis verständigen und Ihre Anregungen entgegennehmen. Sollten Sie an einem solchen Dialog interessiert sein, teilen Sie mir das bitte mit. Es wird sich dann ein Weg zum Gedankenaustausch finden und ich bin überzeugt, dass ich dabei auch noch viel lernen kann.

Schöne Grüße, Frank Kuschel