Frage an Frank Junge von Adelheid R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Junge,
meine Frage (ist schon ein paar Wochen her), wie Sie zu Ceta stehen, haben Sie nie einer Antwort gewürdigt.
Können Sie mir jetzt einen Grund nennen, die SPD zu wählen? Die "Superdiskussion" am Sonntag abend hat doch gezeigt, die meisten Zuschauer konnten keinen Unterschied zwischen Merkel und Schulz erkennen. Also nochmal: warum SPD?
Viele Grüße
A. R.
Sehr geehrte Frau R.,
es freut mich, dass Sie sich an mich gewandt haben, weshalb ich Ihnen gerne, über meine folgende Antwort hinaus, auch das persönliche Gespräch anbieten möchte.
Freihandelsabkommen dienen der Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Staaten oder Wirtschaftsräumen indem der Marktzugang verbessert wird. Sie ermöglichen eine Erschließung neuer Märkte und damit neue Wachstumschancen für die europäische Wirtschaft, sowie neue Möglichkeiten für Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Förderung des Handels ist für Deutschland als Exportnation von besonderem Interesse. Maßstab hierbei sollten allerdings fortschrittliche Regelungen sein.
Das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) ermöglicht eine Erleichterung des Handels zwischen Deutschland und Kanada. Damit werden Regeln und Standards für nachhaltiges Wirtschaften festgelegt. CETA bietet die Möglichkeit, diese Regeln aktiv mitzugestalten und sie damit fair auszurichten.
Das Europäische Parlament stimmte im Februar 2017 dem umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada zu. Es folgt eine Phase der nationalen Ratifizierungen, die mehrere Jahre dauern kann. Erst wenn neben Kanada auch alle 28 EU-Mitgliedsstaaten CETA ratifiziert haben, kann es vollständig in Kraft treten. Wenn ein nationales Parlament das Freihandelsabkommen ablehnt, kann dieses nicht in Kraft treten. In Deutschland setzt das die Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates voraus. Während der parlamentarischen Befassung werden noch mal alle Aspekte des Abkommens einer sorgfältigen Prüfung unterzogen.
Auf einem Parteikonvent im Herbst 2016 hatte sich die SPD hat sich unter bestimmten Voraussetzungen mehrheitlich für das EU-Kanada-Freihandelsabkommen ausgesprochen. Die kritischen Punkte wurden schließlich aufgegriffen und nach unserem Betreiben und dem der neuen kanadischen Regierung deutlich verbessert. Private Schiedsgerichte wurden durch einen internationalen Handelsgerichtshof mit öffentlich bestellten Richtern ersetzt. Die Standards der Arbeiternehmer- und Verbraucherrechte sowie beim Umweltschutz wurden angehoben. Darüber hinaus sind nun wichtige Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge, etwa die kommunale Wasserversorgung weiterhin geschützt.
Die Regelungen, die bei dem CETA – Abkommen festgelegt werden, sind maßgebend für weitere Freihandelsabkommen der EU. In vielen Bereichen ist es bei CETA gelungen, fortschrittlichere Regeln und Standards festzulegen, als es bei vielen anderen Handelsabkommen der Fall war. Wir als SPD streben stets faire und nachhaltige Handelsregeln mit globaler Wirkung an.
Wir fordern ebenso ein Ende der bisherigen Praktiken der Intransparenz in Bereich der Handelspolitik der Europäischen Union. Deshalb hat sich die SPD für eine frühzeitliche Beratung des Bundestages zu CETA sowie eine spätere Ratifizierung des Abkommens durch Bundestag sowie Bundesrat in Deutschland eingesetzt.
Wir konnten weitreichende Änderungen im Investitionsschutz erreichen, obwohl der Vertragstext bereits unter der schwarz-gelben Bundesregierung ausgehandelt war.
Ein Dumping-Wettbewerb wird im CETA-Abkommen abgelehnt und der Schutz von Arbeitnehmerrechten und hohen Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards versichert. Die SPD vertritt die Ansicht, dass eben jene Rechte und Standards durch Freihandelsabkommen nicht gefährdet werden dürfen. Ebenso beim Thema Dumping-Wettbewerb stimmen die Ansprüche der SPD mit der Umsetzung im Vertragswerk von CETA überein. Handelsziele dürfen nicht dazu dienen, Schutzstandards für Arbeit und Umwelt auszuhebeln.
Ein dialogorientiertes Verfahren unter Einbindung der Zivilgesellschaft einschließlich der Gewerkschaften und der Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist eine Verpflichtung der Vertragsparteien zur wirkungsvollen Durchsetzung der im Nachhaltigkeitskapitel verankerten Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards. Dieses Verfahren sieht bislang keine Sanktionsmöglichkeiten vor. An dieser Stelle besteht eine Revisionsklausel, die als eine Gelegenheit genutzt werden sollte, einen ergänzenden verbindlichen Sanktionsmechanismus zu entwickeln. Dieser Punkt muss in weiteren parlamentarischen Beratungsprozessen bearbeitet werden.
Wir haben ebenso festgelegt, dass dieses Freihandelsabkommen in Fragen der Standardsetzung und Regulierung den politischen Gestaltungsraum von Parlamenten und Regierungen nicht einschränken darf. Die regulatorische Kooperation erfolgt auf freiwilliger Basis und ohne bindende Wirkung auf parlamentarische Entscheidungen.
Eine zentrale Anforderung unsererseits ist der umfassende Schutz der Daseinsvorsorge. Wir werden weiterhin bis zum endgültigen Ratifizierungsprozess für diesen Schutz eintreten.
Für weitere Informationen finden Sie eine ausführliche Gegenüberstellung der SPD-Kriterien und der Inhalte des CETA-Vertrages im beigefügten Link:
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Sonstiges__Papiere_et_al_/Synopse_CETA_Lange.pdf
Sie fragten mich ebenfalls, warum Sie die SPD wählen sollten. Deshalb habe ich zehn Punkte aufgelistet, die gute Gründe für eine Entscheidung für die SPD sind.
1. Arbeit: Wir wollen gute Löhne und keine willkürliche Befristung. Das Chancenkonto gibt allen ein Recht auf Weiterbildung.
2. Bildung: Wir erneuern unsere Schulen und wir schaffen ein Recht auf Ganztagsplätze an Grundschulen.
3. Familie: Mit dem Familiengeld haben berufstätige Eltern mehr Zeit für ihre Kinder. Kita- Gebühren schaffen wir ab.
4. Rente: Beiträge und Rentenniveau bleiben stabil. Mit uns gibt es kein höheres Renteneintrittsalter.
5. Lohngerechtigkeit: Wir sorgen für gleiche Bezahlung von Frauen und Männern.
6. Investitionen: Wir investieren massiv in schnelles Internet, Mobilität und bezahlbare Wohnungen. So sichern wir Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land-
7. Steuern: Wir schaffen den Soli ab und entlasten kleinere und mittlere Einkommen. Sehr Reiche und Vermögende leisten einen größeren Beitrag.
8. Gesundheit: Wir sorgen für gleiche Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Mit der Bürgerversicherung schaffen wir die Zweiklassenmedizin ab.
9. Europa: Wir machen Europa solidarischer und stärker. So sichern wir Frieden und Wohlstand.
10. Sicherheit: Mit uns gibt es 15.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei.
Weiterführend füge ich an dieser Stelle gern einen Link unseres Regierungsprogramm ein:
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Regierungsprogramm/SPD_Regierungsprogramm_BTW_2017_A5_RZ_WEB.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Frank Junge