Frage an Frank Heinrich von Rafael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Heinrich,
die Ausführungen unter https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/frank-heinrich/question/2019-04-04/312772 wären geradezu ein Paradebeispiel für die Folgen einer von strengsten gesetzlichen Vorgaben, sogenannten Freiheitsrechten, befreiten und entfesselten Transplantationsindustrie. Sie nimmt sich, was sie braucht.
Deutsche Bürger sind in medizinischer Hinsicht frei was Operationen betrifft. Das Mekka für Transplantationen dürften aber die USA sein.
Wer als Uigure in China mehr als zwei Messer hat, bekommt Besuch von der Polizei https://www.welt.de/reise/Fern/article189532947/Couchsurfing-in-China-Der-Hund-war-leider-schon-im-Wok.html. Was dann passiert?
Ob Personen gegen deren Willen Organe entnommen werden ist fraglich, denn China zählt neben den USA und Großbritannien zu den wichtigsten Handelspartnern Bayerns. https://www.sueddeutsche.de/bayern/minister-reist-nach-asien-milliardenmarkt-1.3945112
Björn Nashan engagierte sich in der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), bei der Organ-Verteilungsstelle Eurotransplant und in der Ständigen Kommission Organtransplantation bei der Bundesärztekammer. 2017 wurde er beauftragt, ein Transplantationszentrum in China aufzubauen.
Er sagt, Menschen, die sich sozial engagieren, erhalten Urkunden oder Verdienstkreuze. Organspender, also Mitbürger, die im Tod Leben gespendet haben, werden hingegen nicht geehrt. Er spricht sich auch für eine Senkung der Hürden für die Organentnahme aus, nämlich dem Herztodkriterium. Die chinesische Organspende war völlig unreguliert und basierte fast ausschließlich auf der Rekrutierung von Organen von Strafgefangenen nach Hinrichtungen, und diese Organe wurden dann auch Ausländern transplantiert.
Weiterhin sagt er, "Wir Deutschen könnten von China sogar lernen" https://www.welt.de/gesundheit/article179128736/Organspende-Was-China-bei-den-Transplantationen-besser-macht.html .
Teilen Sie die Bewertung von Herrn Nashan zur Organentnahme?
Sehr geehrter Herr S.,
ich danke Ihnen für Ihre konkrete Frage. Ich verfolge die Debatte von zwei Seiten: einerseits als Mitglied des Menschenrechtsausschusses und andererseits als Mitglied des Bundestags, das sich mit den gesetzlichen Änderungen und Neuerungen befasst. In der Kürze ist es für mich schwierig, Ihre Fragen in die Tiefe gehend zu beantworten.
Die Einschätzungen von Professor Nashan behandle ich persönlich mit Vorsicht. Ich bin mir nicht sicher, ob die Bundesrepublik in Sachen Organtransplantation tatsächlich von China lernen kann. Ich habe große Zweifel daran, dass das, was in China mittlerweile formelles Gesetz ist, auch in der Realität so umgesetzt wird. Des Weiteren gibt es meiner Ansicht nach gute Gründe dafür, dass das Kriterium des Herztods in Deutschland nicht für eine Organspende infrage kommt. Die Bundesärztekammer beispielsweise sieht im Herz- und Kreislaufstillstand kein sicheres Äquivalent zum Hirntod.
Ähnlich skeptisch stehe ich dem Vorschlag von Bundesgesundheitsminster Spahn nach einer Widerspruchslösung gegenüber. Als ehemaliger Pastor glaube ich, dass dies ethisch nicht vertretbar ist, weil aus meiner christlichen Sicht jeder Mensch ein Recht auf körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit hat. Dieser Anspruch auf körperliche Unversehrtheit überdauert in meinen Augen den Tod. Darum ist die Idee, dass jeder Mensch ein potentieller Organspender ist (es sei denn, er oder seine Angehörigen widersprechen) - gerade auch vor dem Hintergrund, dass eine solch emotionale Situation für die Angehörigen unglaublich belastend sein muss - aus seelsorgerlicher Perspektive für mich nicht vertretbar.
Ich denke, wir sollten vielmehr daran arbeiten, die Bevölkerung über ihre Möglichkeiten zur Spende von Organen und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Organempfänger aufzuklären, die Zivilgesellschaft aktiver mit einbeziehen und dazu motivieren, sich einen Organspendeausweis zuzulegen. Ich selbst besitze z. B. auch einen Organspendeausweis, da mir dieses Thema sehr wichtig ist.
Sollten Sie noch weiterführende Fragen haben, können Sie mir diese gern per Mail an frank.heinrich.wk@bundestag.de zusenden.
Freundliche Grüße
Frank Heinrich