Frage an Frank Brodehl von Elisabeth J. bezüglich Soziale Sicherung
Hallo,
Ich bin seit vielen Jahren eine examinierte Pflegekraft und möchte sie ALLE einmal über den üblen Zustand der Pflege aufklären.Wir sind in einem absoluten Pflegenotstand,wir arbeiten viel zu viel,bekommen dafür viel zu wenig Geld, und haben viel zu wenig Personal in der Pflege.Das bedeutet für unsere Patienten und Bewohner eine massiv schlechte Versorgung.Es bleibt kaum Zeit für die Körperpflege.In Krankenhäusern werden die Patienten kaum bis gar nicht gewaschen wenn sie es nicht mehr selbst machen können, das heißt auch die Intimpflege kommt bei Inkontinenz viel zu kurz.Toilettengänge fallen meist komplett flach :(dafür werden Urin Dauerkatheter gelegt,da man dann bei diesem Patient weniger Zeit aufbringen muss,die wir ja einfach nicht haben.Für die Nahrungsaufnahme und Flüssigkeitsaufnahme der kranken Person zu sorgen ist so gut wie unmöglich,weswegen i.v. Infusionen gelegt werden um diese Defizite auszugleichen. Da viele Kranke Immobil sind,also Bettlägerig müssen sie regelmäßig z.B.alle 2 Std.auf eine andere Seite gedreht werden,um kein Druckgeschwür(Dekubitus) zu bekommen.Aber auch dafür fehlt Personal.Das vorhandene Personal schafft wirklich nur die minimal Versorgung :( Ihnen ist bestimmt aufgefallen dass noch etwas fehlt, und zwar das Zwischenmenschliche. Keiner der Pflegekräfte hat Zeit mehr als 1-2 Minuten bei der Versorgung zu reden.Vielen Patienten geht es aber verständlicher weise sehr schlecht.Vielleicht haben sie gerade eine Krebsdiagnose erhalten,oder liegen im Sterben?Aber niemand ist da um zu reden, mal die Hand zu halten und zu trösten.Ich finde das so traurig.
Oft müssen sogar Angehörige in die Pflege miteinbezogen werden.
Ganze Stationen müssen gesperrt werden
In der Altenpflege sieht es nicht anders aus.
Und jetzt schafft man noch in jedem Bundesland eine Pflegeberufekammer an,die bis zu 238€ jährlich dem Pflegepersonal aus der Tasche ziehen wird.
Wir (fast 8000 Schleswig Holsteiner) wollen das gar nicht.
Sehr geehrte Frau Jacob,
für Ihre Zuschrift bedanke ich mich außerordentlich. Im Kern sprechen Sie 2 Themen an: Den Pflegenotstand und den leidigen Umstand „Pflegeberufekammer“.
Nach den Wahlen zum Bundestag 2017 wurden eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Pflegekräfte getroffen oder eingeleitet. Ob 13.000 neue Stellen, die Reform der Pflegeberufeausbildung, die Erhöhung der Ausbildungsplätze oder die volle Finanzierung von zusätzlichen Stellen aus der Krankenversicherung – all das setze ich bei Ihnen als bekannt voraus und möchte mich deshalb auf das Thema „Pflegeberufekammer“ konzentrieren.
Das Landesgesetz dazu stammt aus Juli 2015 und wurde von der damaligen Küstenkoalition aus SPD/GRUENEN und SSW erlassen; eine solche Kammer existiert tatsächlich nur in einigen Bundesländern. Die Kammer soll „...hoheitliche Aufgaben (also staatliche) wahrnehmen, die Interessen der Pflegeberufe vertreten, in der Politik mitreden und die Arbeitsbedingungen verbessern...“.
Gut gedacht – aber schlecht gemacht! Auf diese Formel läßt sich die Haltung unserer AfD-Landtagsfraktion dazu reduzieren. Damit reihen wir uns ein in den breiten Protest besonders gegen die staatlich per Dekret verordnete Zwangsmitgliedschaft in der Kammer, der Anfang Januar 2018 in eine durch Pflegekräfte selbst initiierte Petition „Auflösung der Pflegeberufekammer“ mündete. Seither haben über 10.000 Unterstützer diese Petition gezeichnet (bei 28.000 Pflegekräften in unserem Bundesland) und besonders mit „fremdbestimmter Mitgliedschaft“ begründet. Auch Arbeitgeberverbände und die Wohlfahrtsverbände in S-H sehen diese Art der Kammer als kritisch. Die AfD beurteilt jede Form von „staatlichem Zwang“ als undemokratisch und vertritt die Position, dass Berufsverbände freiwillige Zusammenschlüsse von Berufsangehörigen bleiben müssen. Auch auf diesem Weg können die o.g. Ziele verfolgt werden.
Deshalb werden wir als oppositionelle AfD-Fraktion das weitere Zusammenspiel zwischen der Landesregierung als Gesetzgeber und der Kammer sehr kritisch begleiten. Zählbare Erfolge aus der Arbeit der Kammer konnten wir jedenfalls bisher nicht erkennen.
Als mündige Bürgerin, engagierte Pflegekraft und Wählerin und können Sie sich aktiv in die Debatte um die Pflegeberufekammer einbringen. Falls noch nicht geschehen: Bewerten Sie doch einmal die genannte Petition aus Ihrer Sicht und entscheiden Sie dann darüber, ob Sie die Petition unterstützen möchten.
Und auch innerhalb der Kammer können Sie sich jederzeit kritisch mit Ihrer Stimme in den entsprechenden Gremien einbringen.
Aus meiner Erfahrung ist es zudem sehr hilfreich, wenn Sie Ihre Position an die Abgeordneten aus Land und Bund in Ihrem Heimatkreis herantragen, um Unterstützung werben und auch entsprechende Antworten der Abgeordneten erbitten.
Sollte die genannte Petition demnächst den Landtag erreichen, wird die AfD das Ziel der Auflösung der Kammer wegen der besonders kritisierten undemokratischen Zwangsmitgliedschaft im Petitionsausschuss unterstützen und zunächst eine Anhörung im zuständigen Fachausschuss fordern.
Nochmals bedanke ich mich bei Ihnen für Ihr Vertrauen und wünsche Ihnen Kraft und Erfolg in Ihrem weiteren Vorgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frank Brodehl