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Frage von Helmut Z. •

Frage an Forusan Madjlessi von Helmut Z. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Madjlessi

dem Wahlprogramm der CDU habe ich entnommen,dass die CDU die EU-Richtlinien 1:1 uebernommen werden sollen.Meine konkrete Frage lautet :wann gedenkt die FDP diese Richtlinie zu uebernehmen
Die EU-Richtlinie 2000/78/EG
Mein Kommentar dazu :Die Parlamentarier des Landtages NRW haben dem fuer sich in Ihrem Versorgungswerk vorgegriffen,waehrend das gemeine Fussvolk im Dschungel der Bestimmungen stehengelassen wird.

Helmut Zimmermann Soest

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Zimmermann,

die FDP lehnt den Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition für ein Antidiskriminierungsgesetz ab und fordert eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der EU-Richtlinien. Nach Ansicht der Liberalen ist der Gesetzentwurf lediglich der Ausdruck rot-grüner Staatsgläubigkeit. Er atmet den Geist der Gutmenschen, die den widerspenstigen Bürger mit der Keule des Gesetzes Mores lehren wollten.

Die FDP tritt mit aller Entschiedenheit gegen Diskriminierung und Intoleranz ein. Benachteiligungen sollen beseitigt und die Rechte von Minderheiten gestärkt werden. Die Liberalen treten ein für gleiche Rechte – und auch die gleichen Chancen – für alle Menschen, und das unabhängig von ihrer Rasse, ihrer ethnischen Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität. Diesem Ziel fühlt sich die FDP in besonderer Weise verpflichtet.

Der Abbau von Diskriminierungen lässt sich aber nicht per Gesetz verordnen. Das ist Aufgabe der gesamten Bürgergesellschaft. Um dieses Ziel zu erreichen ist eine Veränderung des Bewusstseins nötig und keine Flut von Prozessen. Denn damit wäre niemandem, der diskriminiert wird, wirklich geholfen. Deshalb gilt es eine Kultur des Miteinanders entwickeln, in der Diskriminierung und Vorurteile geächtet und Vielfalt und Unterschiedlichkeit akzeptiert und toleriert werden.

Nach Ansicht der Liberalen kann der rot-grüne Gesetzentwurf aber genau das Gegenteil bewirken: Er unterstellt Arbeitgebern, Verkäufern und Vermietern eine Diskriminierungsabsicht, die durch die allgemeine Lebenserfahrung in der Regel nicht gerechtfertigt ist. Im ungünstigsten Fall wird dies als unangemessene staatliche Bevormundung empfunden, was zu Ressentiments gegen diejenigen beitragen kann, die das Gesetz eigentlich schützen will. Das ADG, wie es jetzt vorliegt, wird nur dazu führen, dass Minderheiten von der Vorstellungsgesprächen von vornherein ausgeschlossen werden, weil Arbeitgeber oder Vermieter bei der Ablehnung von Bewerbern Angst vor einer Klagewelle haben werden. Das Projekt von Rot-Grün wird deshalb zu mehr Diskriminierung von Minderheiten führen, nicht zu weniger.

Die FDP steht für EU-Vertragstreue. Daraus folgt, dass die geltenden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien in nationales Recht umzusetzen werden. Die EU verlangt zudem zu Recht - wie auch das deutsche Grundgesetz - dass alle Mitgliedsstaaten gegen Diskriminierung von Minderheiten vorgehen. Die Europäische Union verlangt jedoch nicht, was Rot-Grün an zusätzlicher Bürkokratie beschließen will.

Die FDP fordert, dass bei der Umsetzung sichergestellt wird, dass die mit den EU-Richtlinien verbundenen Zielsetzungen auch wirklich erreicht werden. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass bereits jetzt viele Vorschriften im deutschen Rechts dazu beitragen, Benachteiligung zu verhindern und Chancengleichheit zu befördern. Das müsse daher auch im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigt werden.

Die FDP fordert, dass alle geltenden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien umgesetzt werden, also nicht nur diejenigen, deren Umsetzungsfrist bereits abgelaufen ist, sondern auch die, bei denen sie noch läuft. Es macht keinen Sinn, jetzt nur das Überfällige zu erledigen und dann in ein oder zwei Jahren erneut ein Gesetzesvorhaben auf den Weg zu bringen.

Der Gesetzentwurf erklärt Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung von "Massengeschäften" oder vergleichbaren Vertragsverbindungen für unzulässig (§ 20 Abs. 1 ADG-E). Damit gilt er unter anderem beim täglichen Lebensmitteleinkauf, im Gasthaus, der Badeanstalt, dem Fitnessclub, bei allen privaten Versicherungsverträgen und der Vermietung von Wohnungen in größerem Umfang ein Diskriminierungsverbot.

Der Gesetzentwurf gefährdet im übrigen auch spezifische Angebote für Minderheiten selbst. Frauencafes ohne Männer, Schwulenbars ohne Frauen, Wohnprojekte nur für Migranten – all diese Projekte können aus Sicht der FDP nun im Streit vor Gericht enden. Zudem gefährden die weitgehenden Regelungen im ADG-Entwurf Strategien von Wohnungsbaugesellschaften zur Vermeidung von monosozialen Strukturen in großen Städte.

Vor allem droht eine wahre Prozessflut bei Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen, Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen (§ 22 ADG-E). Hier geht Rot-Grün weit über den Regelungsgehalt der EU-Richtlinien hinaus und greift schwerwiegend in die grundrechtlich geschützte Vertrags- und allgemeine Handlungsfreiheit ein. Bereiche, die bisher der freien und selbstverantwortlichen Gestaltung der Vertragsparteien überlassen waren, würden künftig der Kontrolle durch die Gerichte unterworfen.

"Dieses Antidiskriminierungsgesetz, wie es jetzt von Rot-Grün vorliegt, wird nur dazu führen, dass Minderheiten von Vorstellungsgesprächen von vornherein ausgeschlossen werden, weil Arbeitgeber oder Vermieter bei der Ablehnung von Bewerbern Angst vor einer Klagewelle haben werden". (Guido Westerwelle, 07.03.2005)

Ein entsprechendes Benachteiligungsverbot soll auch für Beschäftigte gelten (§ 7 ADG-E). Das fordert im Grundsatz auch die entsprechende EU-Richtlinie. Die FDP stimmt dem prinzipiell zu. Angesichts ihrer existenziellen Bedeutung sind Arbeitsverträge anders zu behandeln als Kaufverträge oder der Zugang zu Diskotheken.

Aber auch in diesem Bereich schießt der rot-grüne Entwurf über sinnvolle Regelungen, wie wir sie seit zwei Jahrzehnten im Blick auf die Gleichstellung von Frau und Mann im Arbeitsleben haben, weit hinaus. Um sich nicht dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen, werden sich Arbeitgeber in Zukunft bei Einstellungen entweder noch mehr als bisher zurückhalten oder stärker an formalen, klar überprüfbaren Kriterien, wie Zeugnisnoten, orientieren. Jeder, der weniger durch gute Zensuren und vielmehr durch soziale Kompetenzen überzeugt, hat dann schlechte Karten.

Nach dem Gesetzentwurf ist einem Arbeitgeber auch dann ein Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz vorzuwerfen, wenn er einen Arbeitnehmer wegen eines bestimmten Merkmals (z. B. der Religion) diskriminiert, das dieser tatsächlich gar nicht aufweist. (§ 7 Abs. 1 Satz 2 ADG-E). Im Zusammenhang mit der geplanten Beweislastumkehr (§ 23 ADG-E) öffnet diese Regelung dem Mißbrauch durch den Arbeitnehmer Tür und Tor: Er kann behaupten, als Angehöriger einer Minderheit diskriminiert worden zu sein. Der beweispflichtige Arbeitgeber müsste den Nachweis erbringen, keinen Diskriminierungsversuch unternommen zu haben. Dieser Beweis wird in der Regel schwer zu erbringen sein. Schadensersatzzahlungen für den Arbeitgeber wären die Folge.

Ferner muß der Arbeitgeber gegebenenfalls auch dann haften, wenn nicht er selbst, sondern Dritte, beispielsweise Kunden oder Lieferanten, einen Mitarbeiter seines Betriebs diskriminieren (§ 16 Ziff. 2 ADG-E). Dabei hat er hinsichtlich des Verhaltens von außerhalb seines Unternehmens tätigen Personen keinerlei Kontrollmöglichkeiten.

Zu allem Überfluß werden durch den Entwurf den Gewerkschaften neue Rechte im Betrieb zugewiesen (§ 18 ADG-E). Sie sollen als quasi arbeitsrechtlicher Antidiskriminierungsverband – auch ohne den Willen oder die Zustimmung des Benachteiligten – tätig werden und seine Rechte vor Gericht geltend machen können. Das mag als ein Stärkungsmittel für die an Mitgliederschwund leidenden Gewerkschaften gedacht sein. Es ist aber weder erforderlich noch sachgerecht!

Damit trägt der Entwurf des Antidiskriminierungsgesetz nicht zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei. Ganz im Gegenteil, es werden die bisherigen zaghaften Bemühungen, Unternehmen von überflüssiger Bürokratie zu entlasten, noch konterkariert. Die Frage, welche Kostenbelastungen durch neue Dokumentationsnotwendigkeiten auf die Betriebe zukommen, wurde in der Folgenabschätzung des Gesetzentwurfs völlig ausgeblendet.

Die Idee einer Antidiskriminierungsstelle als eigener Behörde mit umfassendem bürokratischem Apparat (§§ 26 ff. ADG-E) ist wohl der grüne Beitrag zum Gesetzentwurf. Hier wird erneut und ziemlich hemmungslos grüne Klientel bedient. Durch die EU-Richtlinien wird eine solche Bürokratie nicht gefordert.

Sinnvoll ist nach Auffassung der FDP stattdessen die inhaltliche Stärkung der bisher schon vorhandenen Beauftragten. Eventuell auftretende Lücken hinsichtlich der nach EU-Recht notwendigen Kompetenzen und Zielgruppen können durch eine Stelle im Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend geschlossen werden. Die Einrichtung einer neuen Antidiskriminierungsbehörde lehnt die FDP entschieden ab.

Sehr geehrter Herr Zimmermann,

inwieweit das Antidikriminierungsgesetz in Zusammenhang mit der Abgeordnetenentschädigung in NRW steht, erschließt sich mir nicht.

Die Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung schafft nach vierjähriger
Beratung Privilegien ab und stellt die Abgeordneten des Landtages mit
normalen Steuerzahlern gleich.
Nordrhein-Westfalen hat damit einen wirklichen Systemwechsel vorgenommen, der wichtig ist für die zeitgemäße Fortentwicklung unseres parlamentarischen Systems. Statt steuerfreier Pauschalen, steuerpflichtiger Grunddiät und staatlicher Versorgung im Alter, die zu Recht in der öffentlichen Kritik standen, wird es künftig nur noch eine Bruttobezahlung für Abgeordnete in Höhe von 9.500 Euro geben.

Aus diesem neuen Bruttogehalt müssen sämtliche mandatsbedingten Kosten, die heute durch die steuerfreien Pauschalen abgegolten werden, sowie die Altersvorsorge gezahlt werden. Für die Altervorsorge müssen Landtagsabgeordnete künftig 1.500 Euro pro Monat in ein Versorgungswerk zahlen. Statt Pauschalen werden mandatsbedingte Kosten künftig wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten steuerlich geltend gemacht.

Mit freundlichen Grüßen
Forusan Madjlessi