Frage an Florian Ritter von Jay S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ritter,
mit Bekanntwerden der NSU-Affäre hat sich leider bestätigt, dass der Teile der Sicherheitsbehörden und der Verfassungsschutzbehörden Probleme hatten einzuschätzen, ob jemand extreme Positionen bezieht. Rechtsextremisten wurden teilweise als solche nicht erkannt und Bürgerrechtler als Linksextremisten eingestuft.
Sind diese Probleme Ihrer Meinung nach behoben worden?
Wenn Sie an der Regierung wären, wie würden Sie auf die NSU-Affäre reagieren?
Würden Sie die Bürgerrechte wieder stärken und Überwachungsrechte abbauen?
In der Vergangenheit hat die SPD wie die CSU sich für Abbau von Bürgerrechte stark gemacht. Würden Sie das jetzt anders machen?
Mit freundlichen Grüßen
Scharff
Sehr geehrter Herr Scharff,
ich bitte die lange Bearbeitungsdauer ihrer Anfrage zu entschuldigen.
Probleme und Defizite bei Teilen der Sicherheitsbehörden, insbesondere des Inlandsgeheimdiensts, konnten bisher nicht behoben werden. Nach den Aussagen der Regierungsfraktionen von CSU und FDP sind diese auch nicht an grundlegenden Reformen und einem strukturellen Neuanfang interessiert. Im Untersuchungsausschuss NSU mussten wir feststellen, dass die ideologische Ausrichtung des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz - also des bayerischen Inlandsgeheimdienstes - maßgeblich dazu beigetragen hat, dass über Jahrzehnte hinweg die rechtsextreme Szene systematisch unterschätzt und verharmlost wurde. Ein Umdenken ist hier nicht beabsichtigt. Im Gegenteil: gerade das Innenministerium bekräftigt bei jeder Gelegenheit die angeblich erfolgreiche Grundausrichtung seiner Arbeit. Fehlentwicklungen werden damit festgeschrieben und nicht hinterfragt. Eine wirkliche Reform, die auch an die Wurzeln der Probleme geht, kann es deshalb nur mit einer Regierung jenseits der CSU geben. Bezüglich der konkreten Änderungen und Reformen die unseres Erachtens vorgenommen werden müssen, verweise ich Sie auf die Schlussfolgerungen und Konsequenzen im gemeinsamen Sondervotum von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Abschlussberichts des NSU-Untersuchungsausschusses. Es würde den hier zur Verfügung stehenden Raum wirklich sprengen. Den Bericht können Sie auf meiner Homepage herunterladen. ( http://florian-ritter.eu/meldungen/abschlussbericht-des-bayerischen-nsu-untersuchungsausschusses-liegt-vor/ )
Zu ihrer zweiten Frage: Selbstverständlich werde ich mich auch weiterhin für den Schutz der Bürgerrechte einsetzen, wie ich das bereits die letzten 10 Jahre - in vielen Fällen durchaus erfolgreich - getan habe. An diesem Punkt teile ich auch ihre pauschale Einschätzung bezüglich der Rolle der SPD nicht.speziell die BayernSPD setzt sich kontinuierlich für den Schutz der Bürgerrechte ein, wie z.B. bei der Liberalisierung des Versammlungsrechts, mit klarer Position gegen die Vorratsdatenspeicherung, einer Ablehnung ausufernder Videoüberwachung, der Online-Durchsuchung und der Quellen-TKÜ sowie Ablehnung der anlasslosen Überwachung von Post und Telekommunikation durch die Polizei. Eine ganze Reihe Eingriffe durch die Staatsregierung konnten auf Grund der Initiative der BayernSPD und einzelner Abgeordneter vor dem Verfassungsgericht abgewehrt werden.
Ich will nicht bestreiten, dass es bei einer ganzen Reihe von Sicherheitsgesetzen (nach den Anschlägen in New York) zu Konflikten innerhalb der SPD gekommen ist. Ich kann mich dabei auch nicht mit jeder Entscheidung identifizieren und engagiere mich deshalb auch weiterhin als Fürsprecher der Freiheits- und Bürgerrechte. Meiner Meinung nach müssen Einschränkungen der Bürgerrechte immer zeitlich beschränkt und ihre Wirkung evaluiert werden. Im Moment sind die Möglichkeiten der Überwacher allerdings überbordend. Die Debatten um Prism und Tempora belegen das. Gerade hier hat sich die gesamte SPD klar und eindeutig gegen diese Überwachungsmaßnahmen positioniert. Ich sehe meine Aufgabe darin, diese Position zu stützen und zu stärken.
Für weitergehende Fragen stehe ich ihnen auch sehr gerne per Email zur Verfügung. Diese finden sie auf meiner Homepage.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Ritter
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