Frage an Filippo Capezzone von Felix S. bezüglich Verkehr
Ich habe eine Frage an Landtagskandidaten in Stuttgart.
Wie stehen Sie im Jahr 2021 zu dem Projekt Stuttgart 21?
Wäre es für die Stadtentwicklung Stuttgarts nicht ein großer Vorteil, wenn der ganze Kopfbahnhof erhalten wird, damit bei einer echten Verkehrswende doppelt bis 3 mal so viele Züge wie heute nach Stuttgart fahren können?
Ist die Verbindung von Stuttgart mit dem Umland nicht wichtiger, als der Zubau dieser heutigen Bahnfläche mit Gebäuden?
Zeigt nicht auch die Corona-Pandemie, dass es sinnvoll ist, die Fahrgäste auf mehr Bahnsteige und Züge zu verteilen?
Wie bewerten Sie das Tragen der Masken in Bus und Bahn? In meinem Zug sitzt ein Fahrgast, der behauptet, dass die Verteilung der ausgeatmeten Luft im Raum durch die Maske viel gefährlicher sei, als bei ungehinderter Nasenatmung. Da Politik hier Beschlüsse fasst, haben Sie oder Ihre Partei sich sicher dazu sachkundig gemacht. Wie bewerten Sie diese Aussage? Kann ich der widersprechen oder sollte die Politik dies noch mal prüfen?
Ein Bekannter will wegen der Maskenpflicht sich ein Auto kaufen trotz optimaler Busverbindung. Corona scheint den ÖPNV so schwer zu schaden. Es nutzen wieder mehr Menschen das viel gefährlichere Auto und dem ÖPNV brechen die Fahrgeldeinahmen weg. Sollten auch die Steuereinnahmen dauerhaft geringer ausfallen, befürchte ich massive Einschränkungen im Angebot, statt der notwendigen Verkehrswende. Wie sieht ihre Strategie aus, die Corona-Pandemie zu überwinden und die Verkehrswende zu erreichen? Ist die Impfung die einzige Lösung oder gibt es andere Wege sich gegen Infektionen zu schützen?
Da wir jetzt wieder mehr Sonnenlicht haben frage ich mich, ob bei Abstand unter freien Himmel (u.a. Bahnsteige und Haltestellen) eine Maskenpflicht schädlich ist, weil diese verhindert, dass unter der Haut des verdeckten Gesichtsbereiches Vitamin D gebildet wird, ein Vitamin, von dem wir nur genug haben, wenn wir viel Haut der hoch stehenden Sonne ausetzen?
Mit bestem Gruß, Felix Staratschek
Sehr geehrter Herr S.,
Danke für Ihre Anfrage. DIE LINKE steht dem Projekt Stuttgart 21 seit jeher kritisch gegenüber.
Wir halten die Kapazität des unterirdischen Durchgangsbahnhofs für zu limitiert, um damit auch nur den Deutschland-Takt realisieren zu können. Interessant ist, dass der Grüne Verkehrsminister Herrmann ebendies 2019 nochmal zugegeben hat. Aber statt sinnvollerweise einen Erhalt des Kopfbahnhofs anzustoßen, spricht er von einem weiteren 4-gleistigen, unterirdischen Kopfbahnhof- also noch mehr Baustelle, Tunnel, Stahlbeton und damit CO2-Ausstoß.
Der Baufortschritt am Tiefbahnhof ist eine Tatsache die in Rechnung zu stellen ist. Doch wir halten den Erhalt des Kopfbahnhofs für zwingend erforderlich. Einerseits um ausreichend Kapazitäten für den Zugverkehr zu haben andererseits aber auch, weil wir die Bebauung des Gleisvorfeldes aus klimatologischen Gründen kritisch sehen (Frischluftschneise).
Zur Aerosolfrage. Grundsätzliche halte ich das Tragen von Masken aber für vertretbar und sinnvoll. Menschen, die von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen befreit sind, sollten die Maske auch im öffentlichen Nahverkehr nicht tragen müssen. Ich denke, dass bei der Verwendung von FFP2 Masken andere Reisende wiederum ausreichend geschützt sein dürften...
Ich sehe wie bei vielen Themen die Gefahr, dass die Corona- und Wirtschaftskrise wichtige Zukunftsprojekte unterminiert unter anderem die von ihnen genannte Mobilitätswende. Ein Grund ist auch, dass das Land sich eine besonders strenge Schuldenbremse auferlegt hat und extrem kurze Zeiträume zur Schuldentilgung, was Zukunftsinvestitionen im weg steht. Was wir brauchen sind längere Tilgungszeiträume, einen Investitionsfond für Zukunftsinvestitionen wie die Mobilitätswende, für den nochmal ca. 10 Mrd. Euro Kredite aufgenommen werden sollten. Gleichzeitig brauchen wir auch ein umsteuern bei den Steuern: wir setzen uns dafür ein, dass eine wichtige Landessteuer, die Vermögenssteuer endlich wieder eingeführt wird. Da das nicht in kurzer zeit zu machen sein wird, brauchen wir notgedrungen andere Finanzierungsquellen für ÖPNV und Mobilitätswende. Wir wollen im Landtag die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen, dass Kommunen eine Nahverkehrsabgabe erheben können. Diese soll aber nicht ein weiteres mal die Konsumenten belasten, sondern auch große Unternehmen und Immobilienbesitzer zur Finanzierung des ÖPNV-Ausbaus einbeziehen.
Herzliche Grüße
Filippo Capezzone