Frage an Felix Strüning von David H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Strüning,
Sie wollen sich für mehr Volksabstimmungen einsetzen. Besteht dabei nicht die Gefahr, dass es niemanden gibt, den man für Fehlentscheidungen verantwortlich machen kann?
Sehr geehrter Herr Hildenbrand,
bitte entschuldigen Sie zunächst die späte Antwort. Abgeordnetenwatch hat mir die Frage erst heute (15.9.2011), also 41 Tage zu spät zugestellt. Ich erwarte von Abgeordnetenwatch in einem Kommentar unter meiner Antwort einen triftigen Grund für diese wettbewerbsverzerrende Praxis. Leider kommen solche Fälle im Zusammenhang mit unseren Kandidaten der Bürgerrechtspartei DIE FREIHEIT gehäuft vor.
Nun zu Ihrer Frage: Es verhält sich genau andersherum, als von Ihnen impliziert. In der jetzigen Form der repräsentativen Demokratie müssen die politischen Entscheidungsträger nicht für ihr Verhalten und ihre (Fehl-)Entscheidungen haften. Das Schlimmste, was man ihnen antun kann, ist sie nicht mehr zu wählen. Aber das passiert in den seltensten Fällen, da die Bürger leider sehr schnell vergessen. Und selbst dann winkt ein lukrativer Aufsichtsratsposten für die meisten.
In der direkten Demokratie verhält es sich anders: Wenn ein Volk als Ganzes oder eben die Wahlberechtigten eines bestimmten Gebietes über politische Sachfragen abstimmen, dann haften ja bereits alle, die abstimmen. Denn sie sind es auch, die die Folgen tragen müssen. Die Politiker der etablierten Parteien sind hingegen meist nicht von den Problemen betroffen, die sie verursachen. Nicht einmal die Grünen oder die Linken schicken ihre Kinder auf die von ihnen so geforderten Gesamtschulen, stattdessen auf die katholische Privatschule.
Der Clou an der direkten Demokratie ist, dass wirklich alle Macht vom Volke ausgeht, so wie es das Grundgesetz vorschreibt. Und dann sind auch alle mitverantwortlich für das, was entschieden wird. Keiner kann die Verantwortung auf andere schieben, auch nicht auf "die da oben". Nur wenn wir selbst entscheiden, selbst Verantwortung übernehmen, dann leben wir in Freiheit.
In der von uns angestrebten Mischform, der sogenannten halbdirekten Demokratie, wie sie in der Schweiz praktiziert wird, kommen zahlreiche Möglichkeiten hinzu, politisches Fehlverhalten zu sanktionieren. So wird eine Regierung sich hüten, Gesetze, die Volksverrat sind, wie etwa der gerade angestrebte Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), abzusegnen, da sie sofort vom Volk in einem (obligatorischen oder fakultativen) Referendum gekippt würden. Diese indirekten Folgen der direkten Demokratie bewirken, dass die Berufspolitiker und das Volk wieder in einen echten Wettstreit um die besseren politischen Ideen treten.
Eine weitere denkbare Möglichkeit ist z.B., die Bezüge der Abgeordneten an die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Länder zu koppeln. Dann würden sich die meisten mal wieder richtig ins Zeug legen.
Ich hoffe, Ihnen die politische Selbstverantwortung eines Volkes durch die direkte Demokratie etwas schmackhafter gemacht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Felix Struening