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Farid Müller
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Frage von thomas h. •

Frage an Farid Müller von thomas h. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Müller,

Nicht erst seit der aktuellen Debatte habe ich Befürchtungen was das Gelingen einer “multikulturellen” Gesellschaft angeht (ethnische Unruhen in LA, Paris usw.). Ich frage mich, inwieweit wir in Hamburg Integration so gestalten können, dass sie auch tatsächlich gelingt.

Wie wollen Sie das Entstehen von Ghettos in Hamburg durch Stadtplanung verhindern? Wie ich in einer Phoenix Diskussion zur Kölner Moschee gesehen habe, ist ein angeführtes Gegenargument, dass durch solche Großbauten gerade Ghettobildung mit gefördert wird.

In vielen Schulen haben wir einen Migrantenanteil von weit über 50%. Müsste man so etwas nicht gezielt verhindern? Herr Prof. Peter Struck (Erziehungswissenschaftler an Uni HH, nicht der SPD Bundestagsabgeordnete) hat dazu geschrieben, dass ein Migrantenanteil von unter 25% pro Klassenverband anzustreben sei, weil das ansonsten negative Auswirkungen haben könnte auf Integration, Gruppenbildung, Lernverhalten usw.

Ich würde von Ihnen auch gerne wissen, wie Sie zu der beschleunigten Abschiebung von ausländischen Intensivtätern (Jugendliche und Erwachsene) stehen? Bei denen liegt ja nun definitiv kein Integrationswille vor und auch kein Bekenntnis zur deutschen Gesellschaft mit ihren Werten, selbst wenn sie hier aufgewachsen sind.

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Sehr geehrter Herr Hertzsch,

vielen Dank für Ihre Frage, die einen sehr wichtigen Punkt berührt. Seit vierzig Jahren gibt es Zuwanderung nach Deutschland, aber erst die Rot-Grüne Bundesregierung hat sich der Frage angenommen, wie die Menschen, die bereits unter CDU-Kanzlern wie Erhard und Kiesinger nach Deutschland kamen, hier integriert werden können. Noch vor kurzem war das Wort Zuwanderung Tabu. Dieses feste Verschließen der Augen vor der Realität hatte zur Folge, dass Zuwanderung nicht gestaltet werden konnte. Wir holen also mit einer Integrationspolitik das nach, was andere verschlafen oder sogar bekämpft haben.

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

1. Wir haben jetzt schon Stadtteile, in denen viele Einwanderer und Einwanderinnen wohnen. Hier hat die Politik in den Siebziger, Achtziger und Neunziger Jahren nicht genug gesteuert. Ursache dafür ist, dass in bestimmten Stadtteilen überproportional Sozialwohnungen gebaut wurden und die stadteigenen Wohnungsbaugesellschaften dann Migrantenfamilien bevorzugt in bestimmte Stadtteile Wohnungen vergeben hat. In den sogenannten besseren Stadtteilen sind dagegen zuwenig Sozialwohnungen oder bezahlbare Wohnungen geschaffen worden, weil die dortigen Bewohnerinnen und Bewohner dies nicht wollten.

Für heute bedeutet das: Die Attraktivität der benachteiligten Stadtteile muss gesteigert werden. Wir wollen, dass dort wieder eine größere Vielfalt entsteht. Außerdem muss die Stadt zukünftig sozialen Wohnungsbau stärker auf die Stadtteile verteilen und nicht auf bestimmte, benachteiligte Stadtteile konzentrieren.

2. Uns allen ist klar, dass weder für die Menschen mit Migrationshintergrund noch für andere eine besondere Konzentration von Kindern mit Migrationshintergrund in einzelnen Klassen gut ist. Das Problem ist, dass in die Schulen ja vorrangig Kinder aus dem jeweiligen Stadtteil gehen. Wenn es sich um einen benachteiligten Stadtteil handelt, spiegelt sich das natürlich auch in den Klassen wieder. Wir Grüne haben deswegen im Mai letzten Jahres beschlossen, das Konzept der "Magnetschulen" vorzuschlagen. Das sind attraktive Schulen in benachteiligten Gebieten. Diese würden auch Kinder bzw. deren Eltern aus anderen Stadtteilen anziehen. Dadurch erreichen wir, dass die Magnetschulen eine größere Vielfalt aufweisen.

3. Straftaten, gleich ob von Menschen mit Migrationhintergrund oder ohne verübt, sind nicht hinzunehmen. Sie bedürfen einer Verfolgung innerhalb der geltenden Gesetze. Diese Gleichbehandlung bei der Verfolgung muss auch für straffällige Jugendliche mit Migrationshintergrund gelten. Deswegen halte ich nichts davon, ihre Taten besonders schwer, nämlich zusätzlich mit der Abschiebung, zu bestrafen. Wir dürfen nicht vergessen, dass bei der Strafzumessung auch die äußeren Ursachen zu berücksichtigen sind. Die höhere Delinquenz von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist unser Problem und muss auch hier gelöst werden. Es zu exportieren hieße nur, es zu verlagern, nicht aber, es zu lösen. Ich bin dafür, dass wir diesen Jugendlichen und jungen Erwachsenen klar sagen: Du hast hier Mist gebaut und hier musst Du dafür auch grade stehen.

Neben der Androhung von Strafe nach den geltenden Gesetzen und der notwendigen schnellen Strafverfolgung (das kann im CDU-Regierten Hamburg bis 6 Monate oder länger dauern) müssen wir uns aber fragen, welchen Beitrag die mangelhafte Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu der heute höheren Delinquenz von männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund hat. Der ganz überwiegende Teil der Expertinnen und Experten warnt seit Jahren davor, dass mangelhafte Ausbildung und geringe berufliche Chancen zu den heute zu beobachtenden Folgen führen. Im Interesse einer nachhaltigen Lösung und um zu verhindern, dass die Delinquenz weiter zunimmt, müssen wir deswegen für viel bessere Bildung sorgen.

Mit freundlichen Grüßen
Farid Müller

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