Frage an Fabio De Masi von Marco H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr de Masi,
mit Bedauern habe ich erfahren, dass das Finanzministerium im Zuge des "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" Informationsrechte der Bürger auf Auskunft einschränken wird.
Anbei der Link: https://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2517/251757.html
Durch die Hintertür (wie so oft) erschwert der Gesetzgeber dem Bürger das Recht auf Informationen und Auskünfte zu seiner Arbeit. Er entledigt sich mit dem o.g. Gesetz seiner Transparenzpflichten - hier wäre z.B. das Informationsfreiheitsgesetz zu nennen.
In dem o.g. Gesetz werden Gesetzesänderungen vorgenommen - u.a. der Absatz § 21a Finanzverwaltungsgesetz, in dem Sitzungen und Angelegenheiten zwischen Bundes- und Landesfinanzbehörden geregelt werden.
Das Finanzministerium hat darin zwei neue Sätze eingefügt: „Die Vertraulichkeit der Sitzungen ist zu wahren, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde. Für Beratungen im schriftlichen Verfahren gilt entsprechendes.“
Was unscheinbar daher kommt, hat konkrete Auswirkungen: Die neue Regelung führt dazu, dass das Finanzverwaltungsgesetz als Spezialgesetz zum Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gilt. Im Klartext: Es gibt künftig eine Bereichsausnahme für Beratungen von Finanzbehörden. Sie sind vom IFG ausgenommen, Dokumente aus den Sitzungen können nicht mehr angefragt werden.
Damit kann das Finanzministerium künftig etwa Besprechungen der Länderfinanzbehörden zu Milliarden-Skandalen wie Cum-Ex geheimhalten.
Aus meiner Sicht wird hier ein weiterer Vertrauensverlust in unsere Politik und Demokratie (bewusst) in Kauf genommen!
Sie sind auch Mitglied des Finanzausschusses, welcher in dieser Angelegenheit als federführend zu bezeichnen ist.
Wie stehen Sie und Ihre Partei zu diesem Gesetz? Tragen Sie die Entscheidung vollumfänglich mit? Haben Sie sich im Bundestag oder öffentlich bereits positioniert?
Für Ihre Rückmeldung bedanke ich mich vorab
Sehr geehrter Herr H.,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift in dieser wichtigen Angelegenheit.
Als Fraktion DIE LINKE. halten wir die Verschärfung der Vertraulichkeitsbestimmungen bzgl. der Sitzungen der Finanzverwaltung für falsch. Ich habe mich dazu bereits geäußert.
Die Verwaltung braucht bei laufenden Gesetzgebungsverfahren zwar geschützte Räume für Verhandlungen, diese sind aber durch das Informationsfreiheitsgesetz ohnehin gewährt. Im Umkehrschluss trägt Transparenz über Verwaltungsentscheidungen maßgeblich zur Aufklärung der politischen Verantwortung von Steuerskandalen wie Cum/Ex bei und darf daher nicht eingeschränkt werden.
Wir werden am Donnerstag dieser Woche (12. Dezember) einen Antrag in den Bundestag einbringen, um die betreffende Passage zu streichen. Wir haben überdies eine ausführliche Begutachtung der Konsequenzen einer Verschärfung der Vertraulichkeit beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags erbeten, da es unterschiedliche Bewertungen der Passage im Gesetz gab.
Leider ist uns die Befürchtung, dass mit der Passage eine Beschränkung der Informationsfreiheit einher gehen könnte, erst nach der Behandlung des Gesetzes im Finanzausschuss bekannt geworden.
Die Befürworter der Passage argumentieren die Gesetzesänderung schreibe nur die geltende Rechtslage fest. Dies erscheint uns jedoch überflüssig.
Eine Bewertung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages liegt uns noch nicht vor. Wir stehen dazu auch mit Herr Semsrott im Austausch, der die Problematik auf dem Portal netzpolitik.org thematisiert hat.
Mit freundlichen Grüßen
Fabio De Masi