Frage an Ewa Klamt von Renate M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Klamt,
in der "Allgemeine Zeitung" (Uelzen) vom 2.6.09 war zur Opel-Pleite zu lesen, dass der Magna-Vorstand zuversichtlich ist, Lösungen zu finden, um viele Arbeitsplätze zu sichern. Konkrete Zahlen nannte er aber nicht. Jetzt weiter (zitiert): "Erst später wurde klar, dass das Rettungskonzept keine verbindlichen Absprachen zu den Arbeitsplätzen beinhaltet. Aus Regierungskreisen hieß es, eine entsprechende Vereinbarung habe nicht geschlossen werden können, da sie gegen EU-Recht verstoßen hätte." Erklären Sie mir bitte, was das bedeutet. Verbietet (!) die EU, verbindliche Zusagen zu Arbeitsplätzen zu machen? Wenn das so ist, warum sollte ein europäischer abhängig Beschäftigter sich mit der EU identifizieren?
Mit freundlichen Grüßen
Renate Meyer-Wandtke
Sehr geehrte Frau Meyer-Wandtke,
gern möchte ich Ihre Frage zum Fall Opel beantworten und in diesem Zusammenhang auch auf die einschlägigen europäischen Rechtsvorschriften Bezug nehmen.Das staatliche Rettungspaket für Opel besteht aus einem Überbrückungskredit von insgesamt 1,5 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat federführend für alle Opel-Standorte in Deutschland die Verhandlungen mit dem amerikanischen Mutterunternehmen General Motors und dem amerikanischen Staat aufgenommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ausgeführt, dass es sich bei dem Rettungskonzept nicht um eine staatliche Beteiligung am Unternehmen Opel handelt, sondern diesem im Rahmen einer Treuhandlösung - vereinbart wurde die Abtrennung Opels von General Motors - Bürgschaften gewährt werden.
Die Opel gewährten Überbrückungskredite stellen staatliche Beihilfen dar, die damit auch eine europäische Dimension haben, da sie Auswirkungen auf die anderen 26 EU-Mitgliedstaaten haben. Jeder staatliche Eingriff in das Marktgeschehen stellt eine Beeinflussung des Wettbewerbs dar. Der EG-Vertrag sieht in Artikel 87ff. grundsätzlich ein Verbot staatlicher Beihilfen vor. Staatliche Beihilfen sind in Ausnahmefällen mit dem gemeinsamen europäischen Binnenmarkt vereinbar, wenn sie den Wettbewerb nicht verhindern oder verfälschen. Zu den Beihilfen zählen beispielsweise auch Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik (beispielsweise Arbeitsplatzgarantien). Die Wettbewerbsaufsicht und die Überprüfung der Zulässigkeit von Beihilften fällt in die Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Alle Beihilfevorhaben müssen vor ihrer Auszahlung bei ihr angemeldet werden, so genannte "Notifizierung".
Der Vorstand des Investors Magna hat angekündigt, dass er alle vier deutschen Opel-Standorte erhalten möchte. Eine verbindliche Absprache über den Erhalt von Arbeitsplätzen stellt jedoch eine nationale Entscheidung bzw. einen nationalen Eingriff dar, der zu Wettbewerbsverzerrungen im Automobilsektor zwischen den anderen EU-Mitgliedstaaten führen und damit gegen das europäische Beihilferecht verstoßen würde.
Die Europäische Kommssion will die Opel-Beihilfen auf ihre Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht überprüfen. Auf einem Sondertreffen in Brüssel haben sich die Europäische Kommission und Vertreter von 18 EU-Mitgliedstaaten bereits darauf verständigt, dass die europäischen Beihilferegelungen im Fall Opel vollständig berücksichtigt werden müssen und dass nationale Maßnahmen nicht ohne vorherige Information und Koordination mit anderen betroffenen EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission getroffen werden dürfen. Alle Teilnehmer des Sondergipfels haben sich ebenfalls darauf geeinigt, dass jegliche finanzielle Unterstützung eines oder mehrerer EU-Mitgliedstaaten auf strengen objektiven und ökonomischen Kriterien basieren muss.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Europäische Union im Rahmen der europäischen Beschäftigungs- und Wettbewerbspolitik den Erhalt und die Sicherung von Arbeitsplätzen fördert und unterstützt. Jedoch dürfen einzelstaatliche Zusagen und Absprachen wie im Fall Opel nicht zu einer Beeinträchtigung des europäischen Binnenmarkts (bzw. einer Benachteiligung anderer deutscher bzw. europäischer Autohersteller) führen. Letztendlich ist damit auch sichergestellt, dass durch Entscheidungen in anderen EU-Mitgliedstaaten deutsche Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage damit beantworten konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Ewa Klamt, MdEP