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Evelyne Gebhardt
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Frage von Marian S. •

Frage an Evelyne Gebhardt von Marian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Gebhardt,

Ich habe mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass am Montag über ein Telekommunikations-Gesetzespaket abgestimmt werden soll.

Dieses Gesetzespaket ist meiner Meinung nach ein weiterer großer Schritt bei der Aushöhlung der Bürgerrechte. Im Folgenden möchte ich kurz die Punkte nennen, die ich für die gravierendsten halte:

Eine vollständige, verdachtslose Überwachung und Filterung der gesamten Internetkommunikation der gesamten Bevölkerung wird ermöglicht. Ich bezweifle, dass ein solch schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger gerechtfertigt werden kann.

Diese Überwachung darf sogar auf den Computern der Menschen selbst geschehen, was zum Beispiel dazu führen könnte, dass nur staatlich lizenzierte Software für den Zugriff auf das Internet benutzt werden dürfte. Als Nutzer freier Software bin ich dadurch besonders stark betroffen, da freie Software veränderbar ist und dadurch eine solche Lizenzierung nicht erhalten kann. Freie Software ermöglicht mir, mich von kommerziellen Alternativen unabhängig zu machen und mir Software so anzupassen, dass sie meinen Wünschen entspricht. Kann die Möglichkeit, dadurch Straftaten aufzuklären, gewichtiger sein als diese meine Freiheitsrechte?

Außerdem darf Bürgern wegen Urheberrechtsverstößen der Internetanschluss stillgelegt werden. Ist das verhältnismäßig? Ist es nicht eher mit einem Gesetz zu vergleichen, nach dem einem Menschen, nachdem er drei Mal in einem Geschäft etwas geklaut hat, der Zutritt zur gesamten Innenstadt verboten werden muss?

Das Internet darf nicht zu einem staatlich kontrollierten und zensierten Medium werden, sondern es muss frei zugänglich und nicht zensiert sein. Die Möglichkeit, sich unabhängig zu informieren, ist von elementarer Bedeutung für unsere Demokratie. Ich hätte zum Beispiel nicht von diesen Plänen erfahren.

Ich würde mich freuen, wenn Sie gegen das Gesetzespaket stimmen würden. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Marian Sigler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sigler,

die Größe des Gesetzespakets, missverständliche Formulierungen in einigen Änderungsanträgen sowie einige durchaus kritisch zu sehende Änderungsanträge haben leider in den letzen Tagen zu dem Eindruck geführt, dass das Europäische Parlament tiefe Eingriffe in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger plant. Dem ist nicht so.

Der am 7. Juli im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments nach langen Verhandlungen verabschiedete Beschluss zum Bereich Universaldienste sieht keine verdachtsunabhängige Überwachung von Internetnutzern vor. Hingegen werden Internetnutzer bei Vertragsabschluss über ihre Rechte und Pflichten bei der Internetnutzung informiert. Es werden aber nicht - wie teilweise befürchtet wurde - individuelle "Droh-Emails" der Internetprovider an ihre Kunden geben. Entgegen der vielfach in den letzten Tagen geäußerten Sorge werden die Internetprovider auch nicht dazu gezwungen, bei Verstößen gegen Urheberrechte durch einen Nutzer dessen Internetzugang stillzulegen, wie von französischer Seite gefordert wurde.
Das "Telekom-Paket" wird aufgrund seiner inhaltlichen Breite gleichzeitig in mehreren Ausschüssen des Europäischen Parlaments behandelt. Im Innenausschuss fand sich eine Mehrheit für einen Änderungsantrag, der eine Verarbeitung von Verbindungsdaten der Internetnutzer aus Sicherheitsgründen erlaubt. Meine Fraktion, die SPE, hatte dagegen gestimmt. Leider hat sich im Ausschuss die liberalkonservaative Mehrheit durchgesetzt. Damit ist im Europäischen Parlament aber noch nicht das letzte Wort gesprochen. Wir werden weiterhin darauf hinwirken, dass das Prinzip der Netzneutralität gewahrt bleibt. Dies ist noch möglich, da erst im September das Plenum über diesen Gesetzesentwurf abgestimmt werden wird. Seien Sie versichert, dass wir SPE-Abgeordneten mit dem Telekom-Paket Verbraucherschutz, nicht Verbraucherüberwachung, anstreben.
Abgesehen von den Copyright- und Sicherheitsfragen haben wir uns dafür eingesetzt - und werden dies bis zur Abstimmung im Plenum weiter tun - dass das Telekompaket zu einer Ausweitung des Universaldienstes (d.h. der verpflichtenden Grundversorgung der Bevölkerung mit Telekommunikationsleistungen) auf Breitband und Mobilfunk führt. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass die Anbieter dazu verpflichtet werden, Verträge mit einer Laufzeit von 12 Monaten anzubieten (neben den bisher vorherrschenden 24-Monats-Verträgen), um dadurch die Möglichkeit eines Anbieterwechsels für die Verbraucher zu stärken. Gleichzeitig wird der Zugang für Behinderte zu Kommunikationsdienstleistungen im Allgemeinen und zu Notrufnummern im Besonderen verbessert.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihre Evelyne Gebhardt