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Evelyne Gebhardt
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Frage von Arne H. •

Frage an Evelyne Gebhardt von Arne H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Gebhardt,

ich denke die Bürger werden zunehmend von der Regulierungswut aus Brüssel gegängelt. Leider ist es so, dass die meisten EU-Abgeordneten hinsichtlich Ihrer Ausbildung keines- falls Techniker bzw. Ingenieure sind, dennoch mischt man sich zunehmend in technische Problematiken ein.

So ist als erstes zu nennen, dass die EU-Kommission gegen Deutschland vorgeht, dabei geht es um von Daimler verwendetes Kühlmittel, aus gutem Grund verwendet Daimler nach wie vor das Kühlmittel R134a. Allerdings will EU Parlament und EU Kommission die Hersteller dazu nötigen das zugegebenermaßen Umwelt freundlichere Kühlmittel R1234yf zu verwenden.

Als Ingenieur frage ich mich, welche Beweggründe und welcher Wissensstand zu dieser Entscheidung führte. Um die Komplexität zu verstehen, müssten sich die Personen, welche solche sinnfreien Entscheidungen treffen, einmal mit Technikern auseinander setzen. Das Kühlmittel R1234yf ist weitaus leichter brennbar, was viele Tests belegen. Zu diesem Ergebnis kommen nicht nur die Hersteller sondern auch das KBA (Kraftfahrtbundesamt). Was die verträglichkeit der Umwelt angeht, so kann und muss man bei der Verschrottung eines Kfz selbiges Kühlmittel ohnehin fachgerecht entsorgen.

Daher meine Frage an Sie, haben Sie sich je mit dieser Problematik auseinander gesetzt? und wie ist Ihre Haltung dazu?

Mich wundert allerdings nichts mehr, was EU Parlament und EU Kommission angeht. Immer führt sich die EU als Kralshüter der Demokratie auf, ohne dabei selbst darauf zu achten. Bestes Beispiel ist Herr Barroso! Dieser Herr wurde nie gewählt, besten Falls in irgend einem Hinterzimmer des Geldvernichtenden Molochs in Brüssel ausgeguckt....

Mit freundlichen Grüssen

Arne Harnecker

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SPD

Sehr geehrter Herr Harnecker,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Zunächst einmal muss ich Ihnen Recht geben: Ich bin weder Ingenieurin noch habe ich einen anderen technischen Beruf erlernt. Ihr Verständnis, dass lediglich Ingenieure dazu befähigt sind, gesetzliche Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen beschließen können, erschließt sich mir jedoch nicht.

Der Grund für die Verbannung von R134a als Kältemittel für Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen ist nicht eine von Ihnen angenommene Regulierungswut der EU, sondern schlichtweg das Ziel, Treibhausgasemissionen zu verringern. Die EU hat sich in der Umwelt- und Klimaschutzpolitik zu Recht ambitionierten Zielen verpflichtet. Der Schutz unseres Klimas und der Erdatmosphäre sowie der sorgsame Umgang mit unseren Ressourcen sind Jahrhundertaufgaben. Sie lassen sich nur mit einer ambitionierten und schlüssigen Gesetzgebung erfüllen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichtet. Die EU hat wegen des enormen Treibhauspotenzials des bisher als Kühlmittel in Klimaanlagen verwendeten R134a in der Richtlinie 2006/40/EG ein schrittweises Verbot dieses Stoffes als Kältemittel für Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen auf den Weg gebracht. R134a weist einen GWP-Wert von 1430 auf (bezogen auf hundert Jahre). Zum Vergleich: R744 hat einen GWP-Wert von 1, das wegen Sicherheitsbedenken in die Diskussion geratene R1234yf von gerade einmal 4.

Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass die EU in der entsprechenden Gesetzgebung explizit keine spezifischen Alternativen für Kältemittel oder Automobil-Klimasysteme vorgeschlagen hat. Die Richtlinie verbannt lediglich fluorierte Treibhausgase mit einem Treibhauspotenzial von über 150. Die Wahl geeigneter alternativer Kühlstoffe oder alternativer Kühlsysteme hat die EU explizit und sinnvollerweise den Herstellern überlassen. So wurde und wird beispielsweise seit Jahren R744 als mögliche Alternative beforscht, zum Teil in von der EU mitfinanzierten Forschungsprojekten. Über die Zeit hat sich allerdings innerhalb der Automobilindustrie R1234yf als Kühlmittel-Alternative herausgestellt. Nochmals, die EU hat keinen Hersteller dazu verpflichtet R1234yf als Kühlmittel zu verwenden. Wichtig ist auch, Folgendes zu erwähnen: Bereits im Gesetzgebungsprozess - also noch lange bevor die Richtlinie 2006/40/EG in Kraft getreten ist - wurden die relevanten Interessenvertreter durch öffentliche Konsultationen und Anhörungen an der Entscheidungsfindung beteiligt. Dies ist gängige Praxis im EU-Gesetzgebungsverfahren. Öffentliche Anhörungen unter Beteiligung der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft gewährleisten die Einbeziehung externer Expertise in den Entscheidungsprozess. Im Vorfeld der Verabschiedung der oben genannten Richtlinie waren demnach sowohl Vertreter und Vertreterinnen der Automobilindustrie, Umweltverbände, aber auch unabhängige Forschungseinrichtungen an der Meinungsfindung beteiligt.

Sie verweisen richtigerweise auf die Sicherheitsbedenken in Bezug auf die Verwendung von R1234yf, die die Daimler AG auf der Grundlage firmeninterner Tests geäußert hat. Die von der Daimler AG geäußerten Sicherheitsbedenken wurden prompt von der Europäischen Kommission aufgegriffen. Die Kommission hat in der Folge öffentlich alle relevanten Akteure zur Mitarbeit in einer Arbeitsgruppe zur Erörterung der Sicherheitsaspekte bei der Verwendung des Kältemittels R1234yf eingeladen (siehe http://ec.europa.eu/enterprise/newsroom/cf/itemdetail.cfm?item_id=7053&tpa=0&tk=&lang=de ). Das letzte von drei Treffen der Arbeitsgruppe fand vergangenen Freitag statt. An dem Treffen nahmen unter anderem auch Vertreter und Vertreterinnen der Daimler AG, des Kraftfahrbundesamtes und der Deutschen Umwelthilfe teil. Zusätzlich zu diesem Konsultationsprozess hat die Europäische Kommission das Joint Research Centre (JRC), ein kommissionsinternes Forschungsinstitut, damit beauftragt, bestehende Studien zu den Sicherheitsbedenken über die Verwendung von R1234yf als Kältemittel in Automobilen zu prüfen. Dabei werden explizit auch die Erkenntnisse der Daimler AG und des Kraftfahrbundesamtes (KBA) berücksichtigt. Der Abschlussbericht des JRC steht derzeit noch aus. Sie sehen also: Weder fehlt es innerhalb der europäischen Institutionen am nötigen Sachverstand noch sieht die EU einfach über Sicherheitsbedenken hinweg.

Erlauben Sie mir abschließend noch ein paar Worte zu Ihren Bemerkungen über die fehlende demokratische Legitimierung des Kommissionspräsidenten, Herrn Barroso, und den geldvernichtenden Moloch in Brüssel. Zu Ersterem: Seit vielen Jahren kämpfen wir im Europäischen Parlament bereits dafür, dass die Europäische Kommission und damit auch ihr Präsident von der europäischen Volksvertretung gewählt werden und ihr damit verantwortlich sein sollten. Leider scheiterte dies bisher am Widerstand der Regierungen in den Mitgliedsstaaten. Es wäre schön, wenn Frau Merkel in dieser Frage ihre Meinung ändern würde. Eine wichtige Änderung den Kommissionspräsidenten betreffend gab es durch den Lissabon-Vertrag dennoch. Künftig wird diejenige Parteienfamilie, die bei den Europawahlen die meisten Stimmen erlangt, auch den Kommissionspräsidenten stellen. Somit wird die nächste Europawahl am 25. Mai 2014 automatisch auch eine Abstimmung über den künftigen Kommissionspräsidenten bzw. die künftige Kommissionspräsidentin. Zum Stichwort "Geldvernichtung": Ich möchte Sie lediglich darauf hinweisen, dass der EU-Haushalt gerade einmal knapp 1 Prozent des europäischen Bruttoinlandsproduktes ausmacht. Wenn Sie nun überlegen, welche Initiativen, Projekte und Bereiche - der europäische Sozialfonds, die Strukturförderung, Förderung im Bereich der Kultur und des grenzüberschreitenden Austausches sind nur einige wenige Stichworte - damit europaweit gefördert werden, wird deutlich, dass es mit dem Vorurteil des geldvernichtenden Molochs vielleicht doch nicht weit her ist.

Nochmals danke ich Ihnen für Ihre Nachricht und grüße Sie freundlich.

Evelyne Gebhardt